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Die Virtuosität der Lippensynchronität



Der Zauberberg am Burgtheater Wien | Foto (C) Marcella Ruiz Cruz

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Am Burgtheater hat man offenbar die Pause abgeschafft. Die Betreiber des Büffets gehen leer aus, und keine Vorstellung, egal wie dick die Textvorlage, dauert mehr als zwei einhalb Stunden. Oft wird nicht einmal das Zweistunden-Limit erreicht. Ein Segen für alle, die Theater ohnedies als lästig empfinden und nur als standesgemäßes Pflichtprogramm absolvieren.

Thomas Mann ist nicht gerade für Verknappung bekannt. Bastian Kraft hat, ehe er demnächst in München die Buddenbrooks für die Bühne erobert, an der Burg den Zauberberg dramatisiert. Laufzeit: etwas mehr als zwei Stunden. Und dann ab von den Lungenkranken zur Völlerei. Was ich vor vierzig Jahren vorhergesagt habe, dass die Verhackstückung der Wirklichkeit, die Produktion eines Ćevapčići-Bewusstseins durch die Medien die Konzentrationsfähigkeit zerstören werde, ist mittlerweile eingetreten. Auch im Theater.

Bastian Kraft benötigt für seinen Zauberberg gerade zwei Schauspielerinnen und zwei Schauspieler: Tilman Tuppy (anstelle von Felix Kammerer in der vergangenen Spielzeit), Dagna Litzenberger Vinet, Markus Meyer und Sylvie Rohrer. Sie klettern zu Beginn auf die Bühne und verharren dort, wenn es das Licht zulässt: weiß bis beige, bis zum Ende. Zugleich werden sie als Talking Heads, bis zur Unkenntlichkeit maskiert, auf die stilisierten Felsklippen – es könnten auch die Trümmer eines Bunkers sein – projiziert. Die leibhaftig präsenten Darsteller sprechen den Text, unabhängig vom Geschlecht, lippensynchron zu den vorproduzierten Bildern. Die Dialoge zwischen Settembrini und Naphta werden bis zu deren Duell und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs atemlos von der phänomenalen Sylvie Rohrer gesprochen. Manchmal deuten die Sprecher parallel zu den projizierten Bildern Handbewegungen und mimische Finessen an.

An einer Stelle hält der Sprachstrom, diese Aneinanderreihung von Sentenzen Thomas Manns, an und die leidenden Vier messen sieben Minuten lang Fieber.

Ein gewagtes Unternehmen. Und doch auch eine Enzyklopädie der gerade am Theater gängigen Verfahren: der exzessiven Verwendung von Video, der Ablösung der Stimme vom Körper, des Austauschs der Geschlechter, also die Auseinanderdividierung von Figur und Darsteller. Nichts davon ist neu. Nicht die Technik fordert Bewunderung, sondern deren Durchführung. Damit haben Bastian Kraft und sein Ensemble gepunktet.



Der Zauberberg am Burgtheater Wien | Foto (C) Marcella Ruiz Cruz

Thomas Rothschild - 14. Oktober 2023
ID 14432
DER ZAUBERBERG (Burgtheater Wien, 12.10.2023)
nach dem Roman von Thomas Mann

Regie: Bastian Kraft
Bühne: Peter Baur
Kostüme: Jelena Miletic
Musik: Björn SC Deigner
Video: Sophie Lux
Licht: Michael Hofer
Maske Video: Lena Damm
Dramaturgie: Sebastian Huber
Mit: Tilman Tuppy, Dagna Litzenberger, Markus Meyer und Sylvie Rohrer
Premiere war am 28. Januar 2023.
Weitere Termine: 21.10./ 05., 12., 28.11.2023


Weitere Infos siehe auch: https://www.burgtheater.at/


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