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Premierenkritik

Köstlinger,

Cervik,

Krisch



Ritter, Dene, Voss von Thomas Bernhard am Theater in der Josefstadt | Foto (C) Moritz Schell

Bewertung:    



Ein Theaterstück, das, wie Thomas Bernhards Minetti oder Ritter, Dene, Voss, nach realen Schauspielern benannt ist und bei der Uraufführung auch mit diesen besetzt wurde, trägt eine Bürde. Jede Nachfolgerin, jeder Nachfolger wird notgedrungen an den Namensgebern gemessen. Fiktion und Wirklichkeit sind eine unauflösliche Verbindung eingegangen. Deshalb wurde Ritter, Dene, Voss in den 36 Jahren seit der Uraufführung zwar in Deutschland und auch in Österreich außerhalb Wiens nachgespielt, in Wien selbst hat man aber bislang gezögert. Jetzt hat das THEATER IN DER JOSEFSTADT die Enthaltsamkeit beendet – vielleicht, weil es in dem ehemaligen Burgschauspieler Johannes Krisch über ein Ensemblemitglied verfügt, das es an Beliebtheit beim Publikum mit Gert Voss aufnehmen kann. Er spielt, klar, die Rolle des Voss, den Ludwig, für den Ludwig Wittgenstein und dessen jüngerer Verwandter Paul, mit dem Thomas Bernhard befreundet war, das Modell lieferten, Maria Köstlinger übernimmt die Rolle der Ilse Ritter und Sandra Cervik jene der Kirsten Dene. Sie sind in der Konstruktion Ludwigs Schwestern, die den aus der Psychiatrischen Klinik am Steinhof entlassenen Bruder erwarten und dann empfangen.

Die Inszenierung von Peter Wittenberg stellt sich der Unentrinnbarkeit des Vergleichs mit dem Vorbild. An den Wänden hängen, riesig und dominierend, Porträts von Ritter, Dene und Voss. Mehr noch: wenn Maria Köstlinger den Mund öffnet, dringt daraus Ilse Ritters blecherne Diskantstimme. Die Josefstädter imitieren Ritter, Dene und Voss nicht, versuchen aber auch nicht, alles um jeden Preis anders zu tun. Ganz am Anfang, noch ehe das eigentliche Stück beginnt, und dann wieder ganz zum Schluss sitzt ein Wärter im Hintergrund unter einem EXIT-Notlicht, das es in keiner Privatwohnung gibt. Eine Reminiszenz an Bernhards Alte Meister? Alles nur Museum? Es könnte sich aber auch um einen Krankenhauswärter aus Steinhof handeln.

Es wird viel Porzellan zerschlagen auf der Josefstädter Bühne – wörtlich und bildlich. Ritter, Dene, Voss, in seiner Vielschichtigkeit unter anderem ein Schlüsselstück über „Wittgensteins Neffe“, ist keine klinische Studie, sondern Anlass für ein Sprachritual. Thomas Bernhard ist Dramatiker, nicht Psychiater. Die schlechte Laune des erst spät auftretenden Mannes zwischen zwei konkurrierenden und begehrlichen Schwestern, seine unaufhörlichen Motzereien, seine Suada gegen die zeitgenössische Malerei im letzten Akt sind eine Spielart der komischen Kunst aus der gleichen Kategorie wie Wolfgang Menges Ein Herz und eine Seele mit dem Ekel Alfred.

Zum Glück widersteht Wittenberg der Versuchung zur hyperbolischen Karikatur. Das Stück hat zwar komische Momente, aber sie kommen gerade in der Sachlichkeit des Spiels und Sprechens zur vollen Geltung.

Köstlinger, Cervik, Krisch blicken immer wieder hoch zu den Porträts von Ritter, Dene, Voss. Das lässt sich nicht vermeiden. Aber sie haben die Probe aufs Exempel mit Bravour bestanden.




Ritter, Dene, Voss von Thomas Bernhard am Theater in der Josefstadt | Foto (C) Moritz Schell

Thomas Rothschild - 18. November 2022
ID 13917
RITTER, DENE, VOSS (Theater in der Josefstadt, 17.11.2022)
Regie: Peter Wittenberg
Bühnenbild: Florian Parbs
Kostüme: Alexandra Pitz
Dramaturgie: Silke Ofner
Licht: Manfred Grohs
Besetzung:
Voss ist Ludwig ... Johannes Krisch
Dene seine ältere Schwester ... Sandra Cervik
Ritter seine jüngere Schwester ... Maria Köstlinger
UA bei den Salzburger Festspielen: 18. August 1986
Premiere der Neuinszenierung am Theater in der Josefstadt: 17. November 2022
Weitere Termine: 18.12., 12.-14.12.2022// 02., 07., 08., 25.-27.01./ 03., 16., 17., 20.-22.02./ 16., 24.03./ 05., 06., 29., 30.04./ 01., 26.05./ 03., 04., 17., 18.06.2023


Weitere Infos siehe auch: https://www.josefstadt.org/


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