Filme, Kino & TV
Kunst, Fotografie & Neue Medien
Literatur
Musik
Theater
 
Redaktion, Impressum, Kontakt
Spenden, Spendenaufruf
Mediadaten, Werbung
 
Kulturtermine
 

Bitte spenden Sie!

Unsere Anthologie:
nachDRUCK # 6

KULTURA-EXTRA durchsuchen...

Premierenkritik

Nie wieder

Schweine-

fleisch



PIGS am Schauspiel Stuttgart | Foto (C) Björn Klein

Bewertung:    



Kosminskis ökologisches Weltverbesserungstheater, das mit Andres Veiels und Jutta Dobersteins Ökozid eingeläutet wurde und so wirkungsvoll ist wie der Slogan „Nie wieder Kreg!“ oder eine Versicherung, etwas „könne nicht sein“, obwohl es unübersehbar ist, macht nun bei den PIGS Halt, weil die Anhänger der neuesten Moden das Wort „Schweine“ offenbar nicht verstehen. Nichts, aber rein gar nichts an diesem Abend verweist auf die Notwendigkeit der englischen Vokabel. Wenn im Laufe der Vorstellung nach Tieren gefragt wird, deren Namen als Schimpfwörter verwendet werden, sei darauf hingewiesen, dass sich die „pigs“ im englischsprachigen Raum nicht schlechter bewährt haben als die „Schweine“ in unseren Gefilden.

Mehr noch: nichts rechtfertigt hier den Begriff Theater. Und so nennt sich, was man da sieht und hört, Eine interaktive Installation. Auch das ist nur Wortgeklingel. Wenn etwas bei diesen PIGS interaktiv ist – wir kommen darauf zurück –, dann ist es das Publikum, nicht die Installation, was immer das sein mag. (Bei uns zu Hause hat der Installateur das verstopfte Klo repariert.) Was fast 90 Minuten währt, ist Belehrung statt Rollenspiel. Oder auch ein szenischer Vortrag, der mit Theater so viel zu tun hat wie eine konzertante Aufführung mit Oper. Es läuft darauf hinaus, dass wir kein Fleisch mehr essen sollen. Auch das entspricht dem Zeitgeist und wird mit Gelassenheit selbst von jenen hingenommen, die dem Appell nicht zu entsprechen beabsichtigen.

Abgezählte 30 Zuschauer*innen – das sorgt für eindrucksvolle Auslastungszahlen – sitzen, wo normalerweise die Bühne des Kammertheaters ist, auf Drehstühlen im Kreis innerhalb einer kühlen, aber nicht unaufwendigen Konstruktion vor kleinen Bildschirmen, denen sie sich zuwenden können. Tun sie das, weil sie dazu ermahnt werden, geraten sie in eine intime Begegnung mit vorweg gefilmten Menschen, deren Bekanntschaft sie nicht gesucht haben und die pausenlos auf sie einreden. Dazwischen sieht man eher einfallslose Clownsszenen der beiden Darsteller Fabian Raabe und Hardy Punzel, der für die erkrankte Teresa Annina Korfmacher eingesprungen ist, und hört ein Duett im Broadway-Stil. Passt zu „Pigs“, für „Schweine“ würde sich eher Der Zigeunerbaron eignen.

Das Publikum wird von Bildschirm zu Bildschirm gejagt, mal per Du, mal per Sie angesprochen und aufgefordert, vorformulierte Fragen aus einer Menükarte an ein Gegenüber der Wahl zu stellen. Was also ist interaktiv an dem Nicht-Stück von Miriam Tscholl? Die Befolgung von Anweisungen und Befehlen? Die Aufforderung zum Gehorchen ("Wollt ihr das totale Geschwätz?") bei dem Widerspruch nicht zum Kalkül gehört? Die Frage, ob sich die Klimakatastrophe durch individuellen Verzicht auf Fleisch, Eier oder Garnelen in den Griff kriegen lässt, oder ob es nicht sinnvoller wäre, zum Boykott aller Politiker aufzurufen, die die Autoindustrie fördern, ist im vorliegenden Katalog nicht vorgesehen.

Was uns da aus Hildesheim hereinweht ist Pseudokommunikation der schlichten Art. Verglichen mit dem „Dialog“ mit „Fachleuten“, die inzwischen daheim – bei der Bratwurst? – sitzen und die man nicht unterbrechen kann, weil sie nur Abbilder sind, kommuniziert die Schauspielerin, der Schauspieler auf der Bühne im „normalen“ Theater weit mehr mit dem Publikum. Wie die Dinge liegen, werden wir den interaktiven Installationsschachsinn jedoch noch eine Weile ertragen müssen. Es hört uns ja niemand.



PIGS am Schauspiel Stuttgart | Foto (C) Björn Klein

Thomas Rothschild – 24. Juni 2022
ID 13686
PIGS (Kammerspiele, 23.06.2022)
Ein interaktives Rollenspiel von Miriam Tscholl

Inszenierung: Miriam Tscholl
Ausstattung: Bernhard Siegl
Musik: Polina Lapkovskaja,
Licht: Stefan Maria Schmidt
Dramaturgie: Christina Schlögl
Mit: Hardy Punzel und Fabian Raabe
Premiere am Schauspiel Stuttgart: 23. Juni 2022
Weitere Termine: 24., 25., 28., 29.06.2022
Schulvorstellungen: 27.-30.06. / 01.07.2022, je 10 h
Eine Koproduktion der Münchner Kammerspiele und der Schauburg München, dem Düsseldorfer Schauspielhaus/Junges Schauspiel, dem Nationaltheater Mannheim/Schauspiel mit der Bundesgartenschau Mannheim 2023, dem Schauspiel Hannover, dem Schauspiel Stuttgart und dem Theater an der Parkaue Berlin


Weitere Infos siehe auch: https://www.schauspiel-stuttgart.de


Post an Dr. Thomas Rothschild

Neue Stücke

Premieren

ROTHSCHILDS KOLUMNEN



Hat Ihnen der Beitrag gefallen?

Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!



Vielen Dank.



  Anzeigen:



THEATER Inhalt:

Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN

Rothschilds Kolumnen

BALLETT |
PERFORMANCE |
TANZTHEATER

CASTORFOPERN

DEBATTEN
& PERSONEN

FREIE SZENE

INTERVIEWS

PREMIEREN-
KRITIKEN

ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski

THEATERTREFFEN

URAUFFÜHRUNGEN


Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal


Home     Datenschutz     Impressum     FILM     KUNST     LITERATUR     MUSIK     THEATER     Archiv     Termine

Rechtshinweis
Für alle von dieser Homepage auf andere Internetseiten gesetzten Links gilt, dass wir keinerlei Einfluss auf deren Gestaltung und Inhalte haben!!

© 1999-2024 KULTURA-EXTRA (Alle Beiträge unterliegen dem Copyright der jeweiligen Autoren, Künstler und Institutionen. Widerrechtliche Weiterverbreitung ist strafbar!)