Filme, Kino & TV
Kunst, Fotografie & Neue Medien
Literatur
Musik
Theater
 
Redaktion, Impressum, Kontakt
Spenden, Spendenaufruf
Mediadaten, Werbung
 
Kulturtermine
 

Bitte spenden Sie!

Unsere Anthologie:
nachDRUCK # 6

KULTURA-EXTRA durchsuchen...

Freie Szene

Verniedlichung



Titus Andronicus in der Vaganten Bühne in Berlin | Foto (C) Stella Schimmele

Bewertung:    



In den Königs- und den anderen historischen Shakespearedramen wird gemeuchelt und gemetzelt, dass es nur so splittert, splatzt und spritzt. Besonders auffällig und (für Theatergänger) u.U. auch ziemlich unterhaltsam wird so etwas im Titus Andronicus vollführt - vorausgesetzt natürlich, dass die Macher solche Splatter ganz besonders mögen wollen würden.

Meinen letzten Shakespeare-Titus sah ich in 2009. Die Witwe Heiner Müllers stellte damals in der AdK Berlin ihr Filmprojekt zur Diskussion, welches sie Anatomie Titus Fall of Rome betitelte (so hieß dann auch der Shakespeare-Kommentar des viel zu früh Verstorbenen; und heute würde man ihn schlicht als "Überschreibung" einordnen und in die Reihe von zig andern "Überschreibungen" stellen, die das Regietheater aktuell so anbietet, nur mit dem abgrenzbaren Unterschied, dass Heiner Müllers "Überschreibung" einer hohen Dichtkunst und nicht etwa diesen modisch anmutenden Möchtegernereien zuzuordnen wäre). Brigitte Maria Mayer tat selbstredend auch, was ihre künstlerische Titus-Variante anbelangte, "überschreiben", aber halt auf ihre künstlerische Art; das Beste hieran war dann allerdings, dass sie ihr damals 16jähriges Töchterchen Anna Müller mit ins Spiel brachte und es von Filmikone Jeanne Moreau und vielen schönen Tänzern bildlich eingerahmt wurde, und eigentlich war das zu Sehende ganz unvergesslich, doch.

Gestern nun war ich wieder mal in einem Titus - außer Mozarts gleichlautender Oper, die dann auch nicht allzu oft gegeben wird, findet sich Shakespeares Stück wahrlich sehr selten auf den deutschen Bühnen - , und ich fand ihn angemessen kurzweilig und kurzatmig zugleich. Der im texanischen Lubbock geborene Brian Bell führte Regie, und die VAGANTEN BÜHNE spielte eine Fassung von Lars Georg Vogel und dem Regisseur, und beide griffen hierfür auf die deutsche Shakespeare-Titus-Übersetzung von Frank Günther zurück.


*

"Im Stück kehrt Titus Andronicus nach einem Feldzug gegen die Goten zwar siegreich nach Rom zurück, hat im Kampf allerdings einen Großteil seiner Söhne verloren. In Rom angekommen wird er mit dem Machtkampf um die kaiserliche Krone konfrontiert und verhilft dem Kaisersohn Saturninus auf den Thron, der zum Dank Titus’ Tochter Lavinia heiraten möchte. Nachdem Saturninus' Bruder allerdings Anspruch auf sie erhebt, lässt Saturninus seine Absicht fallen und heiratet stattdessen Tamora, die Königin der Goten. Sie kam als Kriegsgefangene nach Rom und schwört nun bittere Rache an Titus Andronicus, da er ihren ältesten Sohn hinrichten ließ. Ein gewaltvolles und blutiges Rachespiel nimmt seinen Lauf, an dessen Ende etliche Tote stehen.

In der Fassung von Brian Bell und Lars Georg Vogel ist das gewaltige Treiben auf drei Personen verdichtet: Saturninus, Tamora und Titus, die ihre Taten in einem therapeutischen Setting erneut durchspielen müssen, um zur Läuterung zu gelangen. Wobei sich immer wieder die Frage stellt: Gibt es einen Ausweg aus den bestehenden Gewaltspiralen und ist der Mensch fähig, aus seinen Fehlern zu lernen und nach besserem Wissen zu handeln?"


(Quelle: Vaganten Bühne)



Stella Denis-Winkler, Urs Fabian Winiger und Urs Stämpfli (v.l.n.r.) in Titus Andronicus an der Vaganten Bühne Berlin | (C) Stella Schimmele

* *

Stella Denis-Winkler, Urs Stämpfli und Urs Fabian Winiger spielten ihre Rollen und/ oder verteilten Rollen gut gelaunt und voller Sinnenlust - es machte Freude ihnen dabei zuzuschauen.

Ausstatterin Clara Wanke stellte sieben weiße Spanholzquader, die zum Teil dann auch als Aufbewahrungstruhen sowie Projektionsflächen für Stella Schimmeles Behandlungszimmervideos dienten, die den Psychotherapeutdarstellenden Sebastian Wirnitzer herzeigten, auf die Bühne; und zum Schluss, quasi beim Niedermetzelungsfinale, trug das Trio durchsichtige Regencapes und Kochschürze, damit es sich womöglich nicht mit dem Theaterblut, was leider so nicht floss, benässte.

Unterhaltsam, wie gesagt, das allemal.


Andre Sokolowski - 8. September 2022
ID 13794
TITUS ANDRONICUS (Vaganten Bühne, 07.09.2022)
Regie: Brian Bell
Fassung: Brian Bell & Lars Georg Vogel
Dramaturgie: Fabienne Dür
Bühne & Kostüme: Clara Wanke
Videprojektionen: Stella Schimmele
Regieassistenz & Abendspielleitung: Merle Wurl
Technische Leitung & Licht: Malte Hurtig
Bühnentechnik: Henry Mampe
Mit: Stella Denis-Winkler, Urs Stämpfli und Urs Fabian Winiger sowie Sebastian Wirnitzer (in Videoprojektionen)
Premiere war am 7. September 2022.
Weitere Termine: 08.-10., 18.-20.09.2022


Weitere Infos siehe auch: https://www.vaganten.de/


https://www.andre-sokolowski.de

Freie Szene

Neue Stücke

Premieren (an Staats- und Stadttheatern)



Hat Ihnen der Beitrag gefallen?

Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!



Vielen Dank.



  Anzeigen:





THEATER Inhalt:

Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN

Rothschilds Kolumnen

BALLETT |
PERFORMANCE |
TANZTHEATER

CASTORFOPERN

DEBATTEN
& PERSONEN

FREIE SZENE

INTERVIEWS

PREMIEREN-
KRITIKEN

ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski

URAUFFÜHRUNGEN


Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal


Home     Datenschutz     Impressum     FILM     KUNST     LITERATUR     MUSIK     THEATER     Archiv     Termine

Rechtshinweis
Für alle von dieser Homepage auf andere Internetseiten gesetzten Links gilt, dass wir keinerlei Einfluss auf deren Gestaltung und Inhalte haben!!

© 1999-2024 KULTURA-EXTRA (Alle Beiträge unterliegen dem Copyright der jeweiligen Autoren, Künstler und Institutionen. Widerrechtliche Weiterverbreitung ist strafbar!)