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Was heißt

hier Liebe!



Così fan tutte am Staatstheater am Gärtnerplatz | Foto (C) Christian POGO Zach

Bewertung:    



E. T. A. Hoffmann mochte das Werk wegen seines Witzes und Sarkasmus, Ludwig van Beethoven und Richard Wagner fragten sich, wieso Mozart sich dazu hergeben konnte, seine göttliche Musik an einen solchen „Blödsinn“ zu verschwenden:

Così fan tutte – so machen es alle.

Diese komische Mozart-Oper über Liebe und Treue hat ganz unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Im Gärtnerplatztheater gelang eine federleichte, spritzige Fassung voller Spielfreude und Ironie.

*

Der Vorhang geht auf, und es erscheinen riesige Fotoporträts der beiden neapolitanischen Schwestern Fiordiligi (Jennifer O'Loughlin) und Dorabella (Anna-Katharina Tonauer). Ihre Schultern sind nackt, und ganz offenbar hat eine Windmaschine ihre Lockenpracht aufgeblasen, als machten die beiden Werbung für einen Friseursalon. Zum Verwechseln ähnlich sehen sich auch die beiden feschen Verlobten. Sie paradieren in identischer schwarz-weißer Soldatenuniform vor diesen weiblichen Idealbildern - und diskutieren. Ihr väterlicher Freund, der zynische Don Alfonso (Levente Páll), zweifelt an der Treue der Mädchen und überredet ihre beiden Liebhaber (Christoph Filler als Guilelmo und Gyula Rab als Ferrando) zum Realitäts-Test. Die Männer werden angeblich ins Feld beordert und kommen noch am selben Tag verkleidet wieder, um die Dame des jeweils anderen zu verführen. Wird es ihnen gelingen? Selbstverständlich.

Regisseur Olivier Tambosi hat eine kühle, abstrakte Versuchsanordnung aufgebaut: Die Bühne von Bengt Gomér – ein riesiger gekachelter Raum, schwarz – weiß wie die (von Carla Caminati kreierten) Kostüme der Männer. Fliesenquadrate wie aus dem Rechenheft, wohin man blickt. Darin losgelassen die zwei „heißen“ Mädels und in knallrot, symmetrisch inszeniert. Jede verhält sich genau wie die andere als tanzten sie ein Ballett von Parallelen: Einstudierte Phrasen, geübte Geziertheit, gespreizte Quirligkeit. Dazu stecken sie in den gleichen Klamotten: mal im kniekurzen Rokoko-Rock (es reicht halt für die bürgerliche Damen nicht zur Eleganz des Adels), mal im modernen Hosenanzug mit Hut, mal im roten Badetuch, mal im kitschigen Prinzessinnen-Ballkleid mit Strass und Tüll.

Despina (Elaine Ortiz Arandes), ihr vifes Dienstmädchen, standesgemäß frei von „bürgerlichen“ Skrupeln, hilft Don Alfonso als überlegene Strippenzieherin, eine kabarettreife Glanzrolle für jede Sängerin. Als die fremden Verehrer einen Selbstmordversuch vortäuschen, um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen, wird aus der mausgrauen Magd ein grotesker Doktor in grellgelbem Lack und mit schwarzer Pestnase. Der zieht einen phallusförmigen Magneten aus der grotesken Arzttasche. Klar, worum es geht! Deshalb haben die fremden Verehrer auch Fotoapparate mit riesigen Teleobjektiven um den Hals – und lassen sie sehr weit unten baumeln. Bloß ein ironischer Karnevalsspaß?

Nicht nur: verhandelt wird die „Natur der Sache“, nämlich das instinktive, ja „tierische“ Paarungsverhalten des Menschen. Weibliche Reize und männliche Schnurbärte wirken auf die Hormone. Ganz gleich bei wem. Darum kommt es auf die Partner so genau nicht an. Kennen lernt man sie sowieso erst hinterher, sagt die Wissenschaft heute - und Mozart und da Ponte wussten es auch schon. Zur Zeit der Uraufführung 1790, in Zeiten der Französischen Revolution, allerdings ein Angriff auf die Ordnung: die postulierte Sittlichkeit des Bürgertums, das darauf angewiesen war. Denn: pater semper incertus.

Und die Moral von der Geschicht´? Sie hat Don Alfonso: „Glücklich sei der Mensch, der jede Sache von der guten Seite sieht, und sich in den Wechselfällen des Lebens von der Vernunft führen lässt!“

Ein musikalisch wunderbar präziser Abend (Dirigent: Harish Shankar) - leicht und anmutig. Das Sängerensemble homogen und hochkarätig, auch körperlich jedem Ohnmachtsanfall gewachsen. Dazu der Klasse-Chor des Staatstheaters am Gärtnerplatz. Schön, dass man dieses Werk wieder ins Repertoire aufgenommen hat.



Così fan tutte am Staatstheater am Gärtnerplatz | Foto (C) Christian POGO Zach

Petra Herrmann - 1. März 2019
ID 11253
COSÌ FAN TUTTE (Gärtnerplatztheater, 27.02.2019)
Musikalische Leitung: Harish Shankar
Regie: Olivier Tambosi
Bühne: Bengt Gomér
Kostüme: Carla Caminati
Licht: Michael Heidinger
Choreinstudierung: Felix Meybier
Dramaturgie: Michael Alexander Rinz
Besetzung:
Fiordiligi ... Jennifer O'Loughlin
Dorabella ... Anna-Katharina Tonauer
Guilelmo ... Christoph Filler
Ferrando ... Gyula Rab
Despina ... Elaine Ortiz Arandes
Don Alfonso ... Levente Páll
Chor und Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Premiere im Cuvilliéstheater war am 13. Juni 2015.
Weitere Termine: 02., 15., 24.03. / 05.04.2019


Weitere Infos siehe auch: https://www.gaertnerplatztheater.de


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