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Premierenkritik

In der Strafkolonie, Kammeroper

von Philip Glass (nach Kafka)

am Theater Altenburg Gera

Bewertung:    



Der Schweizer Schriftsteller Max Pulver 1952 über eine öffentliche Lesung von In der Strafkolonie 1916 in München:


"Ein dumpfer Fall, Verwirrung im Saal, man trug eine ohnmächtige Dame hinaus. Die Schilderung (Anm. Lesung) ging inzwischen weiter. Zweimal noch streckten seine Worte (Anm. Franz Kafka) Ohnmächtige nieder." (Aus: Detlev Arens: Franz Kafka; dtv Portrait, 2001, S. 88)

*

Philip Glass liebt düstere Plots. Ende der 1990er stieß er auf eine der gruseligsten Vorlagen von Kafka: In der Strafkolonie. Seine Kammeroper feierte in Seattle in 2000 ihre Uraufführung

Auch Thüringen mag Philip Glass.

2005 erlebte dessen Waiting fortt he Barbarians in der thüringischen Landeshauptstadt ihre Uraufführung. Glass' In der Strafkolonie hatte gestern Abend in Gera (in der dortigen Bühne am Park) Premiere. Dieses Werk wird nächste Woche auch in einer Eigeninszenierung durch die Oper Erfurt nachgespielt...

Ein Verurteilter soll getötet werden. Der ausführende Offizier stellt die unter dem alten Kommandanten jahrelang praktizierte und optimierte Hinrichtungspraxis nicht infrage. Der Offizier liebt die technischen Details, alle moralisch-ethischen Aspekte hat er ausgeschaltet. Bassbariton Kai Wefer spielt mit Wollust das Grauen. Maschinenhaft bewegt er sich auf der Bühne. Böse lächelnd wischt er alle Fragen beiseite und ist zunehmend irritiert davon, dass der Besucher, was er hört, in Frage stellt. Und der Besucher kann in Gera auch was sehen. Angelika Zacek hat eine dritte Person eingefügt. Der Verurteilte bewegt und tanzt in einer riesigen Box, welche mit zuckenden Video-Projektionen beschossen wird. Artem Pshenychnykov simuliert das Leiden und das Sterben parallel zu den Schilderungen der Funktionsweise des Hinrichtungsapparats. Idee, Konstruktion und die Methode werden minutiös erläutert. Die Methode ist grausam und inhuman. Aber der Offizier ist überzeugt davon, dass die Maschine den Verurteilten verwandelt und die Verwerflichkeit seines Vergehens - er hat einen lächerlichen Befehl missachtet - einsieht. Der Besucher, gesungen von Tenor Florian Neubauer, krümmt sich unter den Schilderungen des Grauens. Philip Glass´ Musik, nach seinen Worten ein „Klangwetter, dass sich dreht, umkehrt, umhüllt, entwickelt“ bohrt sich repetierend in die Ohren der Zuschauer. Yury Ilinov treibt sein Streichquintett gnadenlos voran. Im Zusammenwirken mit dem Setting der Inszenierung entsteht eine gruselige Spannung. Vom Stuhl fällt in Gera zum Glück niemand, aber fasziniert auf der Stuhlkante sitzend verfolgen die ca. 200 Premierengäste das Stück.

Die enorme Deutungsvielfalt und das damit verbundene Regiepotential dieses Stückes hinsichtlich historischer, biografischer, literarischer, juristischer, philosophischer und religiöser Aspekte wird in der Geraer Inszenierung leider nicht genutzt. Eine solide Inszenierung mit den wunderbar spielenden und gestikulierenden Sängern Kai Wefer und Florian Neubauer.




In der Strafkolonie von Philip Glass am Theater Altenburg Gera | Foto (C) Ronny Ristok

Steffen Kühn - 9. März 2020
ID 12065
IN DER STRAFKOLONIE (Bühne am Park, 08.03.2020)
Musikalische Leitung: Yury Ilinov
Inszenierung: Angelika Zacek
Bühne und Kostüme: Peter Lehmann
Video: René Grüner
Dramaturgie: Jannike Schulte
Besetzung:
Offizier ... Kai Wefer
Reisender ... Florian Neubauer
Verurteilter ... Artem Pshenychnykov
Premiere am Theater Altenburg Gera: 8. März 2020
Weitere Termine: 14.03. / 02., 15.04. / 23.05.2020


Weitere Infos siehe auch: https://theater-altenburg-gera.de/


Post an Steffen Kühn

https://www.hofklang.de

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