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               | | Inszeniertes Z-Wort
DER "ZIGEUNER"BARON an der Komischen Oper Berlin | 
 | Bewertung:   
 
 
 Tobias Kratzer (Der Zwerg, DOB 2019 oder Tannhäuser, Bayreuth 2019), dessentwegen ich in "seinem" "Zigeuner"baron (richtig gelesen: "Zigeuner" steht hier, sicherlich auch wegen all der sattsam bekannten Unwort-Gründe, in Gänsefüßchen) saß - es war dann übrigens die erste Premiere nach 8 (acht!) Monaten coronabedingter Zwangspause im Hause in der Behrenstraße, was an sich dann schon ein Anlass gewesen wäre - , bemerkt hierzu:
 
 
 "Libretto und Titel der Operette Der 'Zigeuner'baron von Johann Strauß Sohn aus dem Jahr 1885 verwendet den Begriff 'Zigeuner' in zeittypischer Manier teils als Selbstbezeichnung einer Volksgruppe, teils abwertend, teils als wertneutrale Deskription. Die Textfassung der Komischen Oper Berlin ist aus diesem Originalmaterial montiert, perspektiviert die Geschehnisse aber aus der Warte des k.u.k.-Offiziers und Grafen Homonay, einer Figur, über deren Weltsicht die Zeit inzwischen - glücklicherweise! - genauso hinweggegangen ist wie über die Begrifflichkeit des Librettos." (Quelle: Programmheft KOB)
 
 
 Somit hätten wir die Sache mit dem Gänsefüßchen-Sprech aus der Regiesicht grundsätzlich geklärt, trotz dass das Z-Wort - und ob mit oder ob ohne eingehende Kenntnis jener Vorbemerkung [s.o.] - unzähligemale fiel. Ja und das war dann auch schon Kratzers eigentliche Inszenierungsleistung, denn ansonsten wusste ich bis Stückschluss nicht, worum es eigentlich in diesem Schmarrn von Ignaz Schnitz (Libretto) ging; aber egal, bei Operetten tat  ich mich schon immer etwas schwer.
 
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 Der aus der Bismarckstraße für die Titelrolle "importierte" belgische Tenor Thomas Blondelle singt gut und schön und wirbelt jede Menge Sympathiekonfetti, das er auf sich selbst herniederflimmern lässt, empor; ja, seine (oder Kratzers) Strategie geht prima auf.
 
 Der Megastar des Abends ist natürlich, ohne jede Frage, Mirka Wagner (als "Zigeuner"mädchen Saffi). Ihre ohrenbetäubende Phonstärke und ihr gigantischer Stimmenumfang nähren den Verdacht, dass sie für Lauteres und Höheres bestimmt sein könnte als in Operetten aufzutreten; ich bin außerordentlich gespannt, wo ich sie da in Zukunft wiederfinden werde.
 
 Philipp Meierhöfer (als Schweinezüchter Kálmán Barinkay) darf sich in dem von Manuel Braun vorproduzierten Bewerber-Video als ein riesenbockwurstvertilgender Metzger-Imperialist weltweit empfehlen; das ist wohl der eigentliche Mega-Kracher dieser meistens irgendwie wie auf der Stelle tretenden Aufführung.
 
 Alma Sadé (als Kálmáns Töchterchen Arsena) gefällt mir in der kleinen aber schönen Zwitscherrolle, die sie singt und spielt.
 
 Desweiteren sollen Helene Schneidermann (als Arsena-Erzieherin) und Julian Habermann (als deren Sohn) sowie Katharina von Bülow (als Czipra) freundliche Erwähnung finden.
 
 Und der gute Dominik Köninger (als Graf Peter Homonay) muss in der undankbarste Rolle dieser Inszenierung als besonders eingefleischter also Z-hassender k.-u.-k.Rassist sehr tapfer seinen Mann stehen -  wie ein Husar!
 
 Die Chorsolisten der Komischen Oper Berlin (Einstudierung: David Cavelius) agieren - coronabedingt - noch aus dem Hintergrund; das machen sie umso perfekter.
 
 Altmeister Stefan Soltesz dirigiert das auf der Hinterbühne positionierte Orchester; man musiziert eine - wiederum coronabedingt - etwas entschlacktere Fassung als üblich.
 
 Ausstatter Rainer Sellmaier hat unter anderem sechs marktübliche Kuppelzelte (wahrscheinlich als "Zigeuner"lager) ab der Operettenmitte aufgestellt, ansonsten wiederholt er ein Balkon-und-Stuckmotiv aus dem Zuschauersaal als Trennwand zwischen Vor- und Hinterbühne. Sieht dann alles etwas sparsam aus und sollte  höchstwahrscheinlich auch so sein.
 
 Und irgendwie, alles in allem, und auch wegen dieses überstrapazierten Fingerzeigs, ziemlich entnervend und enttäuschend.
 
 
 
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 |   Der "Zigeuner"baron an der Komischen Oper Berlin | Foto: Monika Rittershaus
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 Andre Sokolowski - 7. Juni 2021
 ID 12958
 DER "ZIGEUNER"BARON (Komische Oper Berlin, 06.06.2021)
 Musikalische Leitung: Stefan Soltesz
 Inszenierung: Tobias Kratzer
 Bühnenbild und Kostüme: Rainer Sellmaier
 Videodesign: Manuel Braun
 Dramaturgie: Ulrich Lenz
 Chöre: David Cavelius
 Licht: Bernd Purkrabek
 Besetzung:
 Graf Peter Homonay ... Dominik Köninger
 Sándor Barinkay ... Thomas Blondelle
 Kálmán Zsupán, ein reicher Schweinezüchter ... Philipp Meierhöfer
 Arsena, seine Tochter ... Alma Sadé
 Mirabella, ihre Erzieherin ... Helene Schneiderman
 Ottokar, ihr Sohn ... Julian Habermann
 Saffi ... Mirka Wagner
 Czipra ... Katharina von Bülow
 Chorsolisten und Orchester der Komischen Oper Berlin
 Premiere war am 6. Juni 2021.
 Weitere Termine: 26., 28.06. / 01.07.2021
 
 Weitere Infos siehe auch: https://www.komische-oper-berlin.de/
 
 
         http://www.andre-sokolowski.de
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