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Premierenkritik

Aufgenötigtes

Betroffenheits-

theater



BABY DOLL. Eine Flucht mit Beethovens 7. Sinfonie an der Deutschen Oper Berlin | Foto (C) Noémie Gillot

Bewertung:    



Gleich im Voraus:

Die buchstäbliche Sichtbarmachung einer Flut an protokollarisch verkürzten Todes- und Vermisstenfällen, die sich seit der größten Flüchtlingswelle nach dem Zweiten Weltkrieg vor und in Europa ereigneten und immer noch ereignen, und/ oder das untertitelige Mitzulesende an Zeugenaussagen und Tatberichten zu den einen oder andern Gräueln, die den Fluchtweg der Geflüchteten in Wässern und auf Land markierten, mag global eines der größten und womöglich unlösbarsten Weltprobleme (buchstäblich also zum Mitlesen) veranschaulichen - für ein künstlerisch beabsichtigtes Publikumsemotionalisieren taugt die Sache nicht.

Zumeist sind es die einzelnen, nicht unoft sogar außenseiterischen Schicksale oder auch nur Geschichten, die sich "wahre Könner" zu den Gegenständen ihrer Kunst erkiesen, und zumeist erreichen sie mit ihnen unsre Herzen, unseren Verstand; wir können uns (als Leser, Zuschauer und Zuhörer) mit ihnen in Vergleiche bringen, uns mit ihnen oder ihren Widersachern identifizieren oder halt dann nicht, auf jeden Fall entstünde in uns ein Direktbezug, und letztlich kriegten wir ganz individuell so ein Gefühl für das, was uns die Künstler mit oder anstelle ihrer Einzelhelden letztlich sagen wollten...

So was funktioniert natürlich schwer oder (nach meiner Meinung:) nicht, wenn man versucht ist, das Real-Tatsächliche in irgendwelche (Pyseudo-) Kunst zu nötigen. Dokumentartheater hat, nach meiner Kunstauffassung, nichts mit Kunst zu tun.

Ich gebe zu, dass mich das gestern Abend an der DOB uraufgeführte "Misch-Projekt" unter der wenig oder nichts vorstellbaren Betitelung BABY DOLL. Eine Flucht mit Beethovens 7. Sinfonie (Konzeption, Texte, Inszenierung, Bühne und Video: Marie-Ève Signeyrole) so zwanghaft unberührt gelassen hat, wie mir das selten je zuvor passierte.



"Entstanden [war] ein szenisches Konzert über die Begegnung unterschiedlicher Kulturkreise:

Beethovens 7. Sinfonie – eines der zentralen Werke der europäischen Musikgeschichte – wird konfrontiert mit den realen Geschichten geflüchteter Frauen in der aktuellen Migrationskrise. Ihre Schicksale finden über Texte und den tänzerischen Ausdruck zweier Performerinnen den Weg auf die Bühne: Die Frauen berichten von Gewalterfahrungen auf ihrer Flucht nach Europa und den verzweifelten Versuchen, diesen zu entgehen, etwa indem sie Schwangerschaft oder Mutterschaft vortäuschten mit Hilfe von Babypuppen. Auch musikalisch kreuzt BABY DOLL Kulturen: Beethovens sinfonische Apotheose des Tanzes, so der inoffizielle Untertitel der 7. Sinfonie, trifft auf die Klezmer-Kompositionen des französischen Klarinettisten Yom, der in seinen Arbeiten immer wieder die Begegnung und Konfrontation mit anderen Genres sucht."


(Quelle: deutscheoperberlin.de)


*

Wenigstens hat Donald Runnicles mit dem Orchester der Deutschen Oper Berlin der Siebten von Beethoven eine bemerkenswert leicht-luftige Durchatmung vergönnt.

Und auch der Klezmermusiker Yom legte sich in fast schon selbstvergess'ner Exzessivität in die von ihm auf seiner Klarinette vorgespielten und selbst komponierten resp. arrangierten Zwischenspiele in das Zeug.

Die drei PerformerInnen Stencia Yambogaza, Tarek Aït Meddour und Annie Hanauer (in der Reihenfolge ihres Auftretens) zitierten diverse Liebes-, Lebens- und Leidgeschichten, welche sich das Publikum - wie oben schon erwähnt - durch jene gleichsam mitlaufenden Untertitel auf den beiden LED-Bildschirmen über ihnen peu à peu zusammenreimen konnte oder musste.

BABY DOLL scheiterte erstrangig, weil's in ihm keine strukturierte Mitte zu erkennen gab und ihm sodurch eine gewisse Erdanziehungskraft völlig abhanden kam.

Viel Lärm um nichts.




BABY DOLL. Eine Flucht mit Beethovens 7. Sinfonie an der Deutschen Oper Berlin | Foto (C) Thomas Aurin

Andre Sokolowski - 5. September 2020
ID 12437
BABY DOLL (Deutsche Oper Berlin, 04.09.2020)
Eine Flucht mit Beethovens 7. Sinfonie

Musikalische Leitung: Donald Runnicles
Konzeption, Texte, Inszenierung, Bühne und Video: Marie-Ève Signeyrole
Komposition der musikalischen Zwischenspiele: Yom
Choreografische Mitarbeit: Johanna Faye
Assistenz Video: Laurent La Rosa
Licht: David Garniel
Video: Yann Philippe und Claire Willemann
Dramaturgie / DOB: Dorothea Hartmann
Mit: Yom (Klarinette), Léo Jassef (Klavier), Régis Huby (Violine und Klangeffekte) und Maxime Zampieri (Pauke und Schlagzeug) vom Yom Quartett sowie den PerformerInnen Annie Hanauer, Stencia Yambogaza und Tarek Aït Meddour als auch der Sprecherin Kamara Leyla Bamousso
Orchester der Deutschen Oper Berlin
Premiere war am 4. September 2020.
Weitere Termine: 06. + 07.09.2020


Weitere Infos siehe auch: https://www.deutscheoperberlin.de/


http://www.andre-sokolowski.de

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