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nachDRUCK # 5

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Konzertbericht

Nachdenkliche

Leichtigkeit



Jasmin Tabatabai (vorne) und Bassist Davide Petrocca während des Konzertes in der Kölner Philharmonie | Foto © Ansgar Skoda

Bewertung:    



Jasmin Tabatabai verblüffte vor etwa 20 Jahren mit selbstkomponierten, melancholischen Pop-Perlen wie "Another Sad Song" oder "After You Killed Me", die sie auf Was sagt man zu den Menschen wenn man traurig ist? (2016) mit einer intimen Instrumentalbegleitung und im reduzierten Jazzgewand stimmungsvoll covert. Die deutsch-iranische Schauspielerin (Fremde Haut 2005; Bandits 1997), Sängerin und Autorin erhielt 2012 für Eine Frau den Jazz-ECHO. Auch auf ihrem zweiten Jazzalbum wurde sie vom Schweizer Saxofonist und Arrangeur David Klein begleitet, mit dem sie bei der Tucholsky-Verfilmung Gripsholm (2000) erstmals zusammenarbeitete. "Anna Luise" und "Tamerlan", die damals entstandenen lasziv-sinnlichen Filmsongs mit Texten Kurt Tucholskys, wurden neu arrangiert. Das melancholisch-tiefgründige Jazz-Potpourri alter Songs präsentierte sie am vergangenen Mittwochabend zusammen mit dem David Klein Quartett in der Kölner Philharmonie.

*

Die 52jährige betritt die Bühne nach ihrer Band im engen orangefarbenen Kleid auf hohen Absätzen mit sparsamen und eleganten Bewegungen. Mit Georg Kreislers poetischem "Was sagt man zu den Menschen wenn man traurig ist?" eröffnet Tabatabai ihr melancholisch-tiefgründiges Jazz-Potpourri. In deutscher, englischer, französischer und persischer Sprache haucht sie ausgewählten Hits vergangener Tage neues Leben ein. Sie ist von Anfang an stets im lebendigen Kontakt mit Band und Publikum: „Ich habe vorhin meine besten Witze im Programmheft gelesen. Ach, wissen Sie. Ich erzähle Sie ihnen trotzdem.“ Sie kokettiert selbstironisch: „Ich arbeite täglich daran, eine Diva zu sein.“ Bei Reinhard Meys witzigem "Aller guten Dinge sind drei" über die Herausforderungen mit drei Kindern geht der wandlungsfähige Gesang der dreifachen Mutter Tabatabai beinahe temporeich in Rap über. Ihre drei Kinder seien jetzt 6, 10 und 16 Jahre alt, und das abendliche Konzert sei ihr Urlaub. Reinhard Mey sei ein Genie, wenn er die alltäglichen elterlichen Herausforderungen beschreibe, so Tabatabai. Die Schweizer Jazzsängerin Miriam Klein, Mutter ihres Bühnenpartners David Klein, habe ihr jedoch eines voraus – sie habe vier Kinder geboren, lacht Tabatabai. Auch für die teils feministischen Lyrics, die Klein für Tabatabai etwa in Eine Frau schrieb, sei sie der Mutter dankbar.

Während die Gripsholm-Coversongs sehr an die Originale aus dem Soundtrack erinnern, sind die auf dem neuen Album enthaltene Jazz-Cover der Bandits-Hits "Catch me" und "Puppet on a string" instrumental deutlich zurückgenommener und auch stimmlich reduzierter. Ein Höhepunkt des Konzertabends ist das langsame und gefühlvolles Cover von "Wenn ein Mensch lebt" der Ost-Band Puhdy. Ein weiterer Song, der eine große Intensität entfaltet, ist Tabatabais Version des persischen Volkslieds "Gole Sangam". Ihr aus dem Iran stammender Vater habe immer beim Hören des Liedes geweint, meint Tabatabai: „Die deutschen Männer weinen ja nur beim Fußball.“ Auch ein intimes Cover von Kurt Weills "Youkali" und eine Interpretation des sehnsuchtsvollen Chansons "Je vole" von Michel Sardou werden mit begeistertem Applaus bedacht. Bei dem Cole Porter-Cover "Nur das und nicht mehr" haucht Tabatabai leider etwas zu sehr, was Kleins reizvolles Saxophon-Solo wieder wettmacht.

In Gesangspausen lehnt sich Tabatabai entspannt zurück und dreht sich seitlich zum Publikum. Dann überlässt sie es ihrer großartigen Band zu glänzen und streift ihr Schuhe auch schon einmal ab. David Klein spielt sich mit zahlreichen virtuos-lebendigen Saxophon-Solos in den Vordergrund. Er schafft zusammen mit Davide Petrocca (Bass), Olaf Polziehn (Piano) und Hans Dekker (Drums) einen angenehm unaufgeregten und technisch raffiniert aufeinander abgestimmten Jazz-Sound. Tabatabai vermag inmitten dieser intim-entspannten Orchestrierung gesanglich zu schillern, auch mit herzzerreißend leisen Tönen. Die melancholisch-poetischen Kompositionen werden unterstützt durch atmosphärisch stimmungsvolle Bühnenbeleuchtung. Als Zugabe singt Tabatabai dann noch „Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben“ und verabschiedet sich ganz charmant mit einem wohlig in Reime übergehenden Nachtlied.



Jasmin Tabatabai und das David Klein Quartett in der Kölner Philharmonie | Foto (C) Ansgar Skoda

Ansgar Skoda - 19. September 2019
ID 11689
JASMIN TABATABAI & DAVID KLEIN QUARTETT (18.09.2019, Kölner Philharmonie)
Jasmin Tabatabai, Gesang
David Klein Quartett:
David Klein, Tenorsaxophon
Olaf Polziehn, Klavier
Davide Petrocca, Bass
Hans Dekker, Schlagzeug


Weitere Infos siehe auch: http://jasmin-tabatabai.com/


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