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Über die Endlichkeit

des Lebens

Schostakowitschs 8. Sinfonie mit den Berliner Philharmonikern (Dirigent: Kirill Petrenko)

Bewertung:    



Auch an den Besten der Besten ging und geht mal wieder der Corona-Lockdown nicht vorbei, und niemand weiß, ob es der letzte sein würde, bevor es (wie brutal das klingt:) "Herdenimmunität" zu konstatieren gäbe, was wahrscheinlich eine der vorzüglichsten Voraussetzungen dafür wäre, keine solche Lockdowns mehr von Amts wegen verhängt gekriegt zu bekommen...

Die Berliner Philharmoniker nagen natürlich nicht am Hungertuch; wahrscheinlich laufen ihre Gagen, wenn vielleicht auch mit paar Abzügen mehr als sie mögen, weiter, ja und ihre Stiftung wird womöglich auch nicht pleite gehen, dafür waren/ sind sie viel zu clever. Gern würde man beispielsweise wissen wollen, wieviel Euro da für jeden jedesmal herausspringen, nachdem sie ihre zahlreichen Konzerte über ihre DIGITAL CONCERT HALL in die weite Welt hinausposaunten. Sie sind also nicht allein nur, was ihr hochgeniales Musizieren anbelangt, die Besten der Besten; auch vom Wirtschaftlichen her zählen sie sicherlich mit zu der Königsklasse!

Selbstverständlich muss ein neuerlicher Monat mit Konzert- und Gastspielausfällen als Schlag ins Kontor gelten; diesen Monat wollte das Orchester Nordamerika bereisen, außerdem waren Kurztrips nach Frankfurt, Köln und Baden-Baden oder Hamburg angezeigt. Und was vor allem schmerzt: Die elfteilige Reihe mit Kammermusik von Beethoven fiel/ fällt dem aktuellen "Aufführungsverbot" genauso hart zum Opfer.

Aber immerhin:

Zwei aktuelle Live-Streams (im Bezahl-Modus!) gab/ gibt es über DIGITAL CONCERT HALL jetzt und bald - über den ersten [s. Screenshot] lasst uns gleich im Anschluss resümieren; und der zweite wird am 28. November (hoffentlich zwei Tage vor dem Ende dieses widerlichen Lockdowns jeglicher Kultur & Kunst) vonstatten gehen; Daniel Barenboim will dann die Berlioz'sche Symphonie fantastique dirigieren.



Kirill Petrenko und die Berliner Philharmoniker mit Schostakowitschs 8. Sinfonie | Screenshot des Livestreams auf DIGITAL CONCERT HALL am 13.11.2020


*

Noah Bendix-Balgley, der 1. Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, hat ein werkeinführendes Gespräch mit Kirill Petrenko zu Schostakowitschs Opus 65 geführt. Der Dirigent erklärte und beschrieb die Komplexität dieser unfassbarsten also persönlichsten, vielleicht auch stärksten seiner fünfzehn Sinfonien. Sie sei episch, wäre wie eine Erzählung und hätte daher auch "etwas von Bruckner". Sie ist die mittlere der drei sog. Kriegssinfonien, in denen der Komponist den Großen Vaterländischen Krieg zu verarbeiten meinte; und die stalinistischen Behörden, die mit ihr (im Gegensatz zur Leningrader, der weitaus berühmteren bzw. populäreren 7. Sinfonie) nichts anzufangen wussten, verpassten ihr in ihrer Unbeholfen- und Verzweifeltheit den Titel "Stalingrad-Sinfonie", was freilich vollkommen absurd gewesen war - der Komponist verarbeitete nämlich in der Achten zwar dann (auch) die andauernden Kriegsgeschehen, mehr jedoch beschäftigte er sich in ihr mit sich und seinen eigenen inneren Kriegen, aber ausgerechnet das verstanden wohl die Apparatschiks damals nicht, zum Glück nicht, muss man heute sagen, denn sonst wäre Schostakowitsch noch mehr in Gefahr gewesen als er ohnehin schon ständig war.

Petrenko schien sich jetzt besonders intensiv mit dieser Achten auseinandergesetzt zu haben; er verwies dann auch in dem vorangegangenen Gespräch, dass er und das Orchester reichlich Zeit gehabt hätten, gründlich in dieses Werk hineinzuschauen. Immer, wenn wir Livestream-Zuschauer dann sein Gesicht in Nahaufnahme vor uns hatten, fand man seinen ausnahmsvollen Anspruch emotional beglaubigt.

Dieses Riesen-Opus hat de facto eine Dreiteilung, und nach dem ersten Satz (Adagio - Allegro non troppo) sowie dem zweiten (Allegretto) gab es jeweils eine langanhaltende Zäsur, bevor dann schließlich die drei letzten Sätze (Allegro non troppo/ Largo/ Allegretto), quasi attacca, aufeinander folgten.

Auffällig: Petrenkos schalkhaft-überdrehte Interpretation des zweiten Satzes, den er als "satirischen Huldigungsmarsch" bezeichnete; eine in einem wahren Affenzahn und ins Groteskeste vorangetriebene Binnen-Erzählung.

Ganz im Gegensatz zu jenem flirrenden Finale mit dem wundervollen dreitönigen Schlussmotiv (Petrenko: "eine offene Frage, die vielleicht mit einem Ja beantwortet ist")...

Grandioses Stück über die Endlichkeit des Lebens.

Grandios begriffen und gespielt.


Andre Sokolowski - 14. November 2020
ID 12597
BERLINER PHILHARMONIKER (Philharmonie Berlin, 13.11.2020)
Dmitri Schostakowitsch: Symphonie Nr. 8 c-Moll op. 65
Berliner Philharmoniker
Dirigent: Kirill Petrenko
Live-Stream auf der Digital Concert Hall vom 13. November 2020


Weitere Infos siehe auch: https://www.digitalconcerthall.com/


http://www.andre-sokolowski.de

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