Knarzige
Lebenslust
|
Marla Glen im Bonner Pantheon | Foto (C) Ansgar Skoda
|
Bewertung:
Nichts vermag scheinbar die Power dieser androgyn wirkenden Frau zu erschüttern. Auf Krücken und mit Schiene am linken Bein betritt sie nach ihrer siebenköpfigen Band die Bühne. „You know, I broke my leg. I fell out of a train“, lacht sie verschmitzt und bahnt sich noch etwas wackelig ihren Weg. Ich schmunzele, sitze ich doch selbst ebenfalls mit gebrochenen linken Fuß, Krücken und Schiene im Publikum. Eine Kollegin am Pressetisch nickt mir anerkennend zu. Trotz der sichtlichen Einschränkungen performt die 57jährige lebendig und stimmlich ausdrucksstark. Sie lässt es sich auch nicht nehmen, wiederholt trotz ihrer Verletzung aufzustehen und ihre Hüften mal während eines Songs ganz unfeminin kreiseln zu lassen. Mit volltönend dunkler, rauchiger Stimme sorgt die quirlige Sängerin aus Chicago/Illinois, die seit 1998 in Deutschland lebt, für mehrmalige Standing Ovations.
Die offen lesbische Sängerin trägt einen Herrenanzug mit Hut und Krawatte. Die männlichen Outfits der Ausnahmekünstlerin wurden zu ihrem Markenzeichen. Glen feierte ihren Durchbruch mit ihrem Albumdebüt This is Marla Glen (1993). Seither bewegt sie sich mit ihren Kompositionen facettenreich zwischen Jazz, Blues, Funk über Soul und R’n’B bis hin zu afrikanischer Ethno-Musik. In ihren Songs thematisiert sie allgemeinmenschliche Themen wie Liebe, Begegnungen oder Glaubensfragen. Im ersten Teil des Abends performt Marla Glen mit ihrer Band eine kurzweilige Setlist mit den Songs „Travel“, „I told them (Snitch Thief)“, „City love“, „Child“ sowie dem Rolling Stones-Cover „Ruby Tuesday“. Im Bonner Pantheon, das seit Herbst 2016 in der ehemaligen Halle Beuel des Bonner Theaters seinen neuen Standort hat, wird es einem bei sommerlichen Temperaturen auf den Sitzen schnell warm. Rhythmen in Songs wie „The cost of freedom“ aus Glens Debüt reißen einzelne Zuschauer von ihren Stühlen. Ein Besucher geht gen Bühne und ruft mehrfach „I want you“. „You can have my guitar, not me“, lacht Glen und schüttelt ihm und anderen Besuchern in den vorderen Reihen die Hände.
Sanft vibriert die sonore, warme und raue Stimme der farbigen Sängerin, die mit ihren überwiegend selbstkomponierten, kraftvollen Songs wohliges Gänsehaut-Feeling auslöst. Auch die gut besetzte Band der Künstlerin sorgt für ausgelassene Stimmung. Catrin Groth setzte mit gekonnten Solos am Saxophon und an der Flöte wirkungsvoll Akzente. Die Backing Vocals von Claudine Abusu und Eden Tesfai heizen dem Publikum ein oder antworten sanft auf Glens prägnanten Gesang. Zur dichten Instrumentierung tragen weiterhin Katrin Ebbert am Bass, Drazen Zalac an der Gitarre, Gereon Basso am Schlagzeug und Bruno Seletkovic an den Keyboards bei. Glen schließlich spielt selbst noch Mundharmonika oder begleitet sich später auch an der Gitarre und den Bongos. Die exzentrisch-aufgedrehte Sängerin zieht wiederholt neckische Grimassen. Nach einer kurzen Pause performt Glen das einfühlsam-melancholische „There is a new song in my heart“ aus ihrem Livealbum Here I am (2016). Darauf folgen „UFO“, „Repertoire“, „Run & Hide“, “Forever and ever”, “Naturally” und “Feet on the ground”. Auf frenetischen Applaus spielen die acht Künstler noch das versöhnliche „We need each other“. Als letzte Zugabe singt Glen ihren größten Hit „Believer“ aus ihrem Albumdebüt. Der Song behandelt den Glauben an das Gute im Menschen. Abschließend bleibt es noch der Leidensgenossin Marla Glen, die sich wahrlich wacker auf der Bühne schlägt, auch weiterhin eine gute Gesundung zu wünschen.
|
Marla Glen im Bonner Pantheon | Foto (C) Ansgar Skoda
|
Ansgar Skoda - 30. Mai 2017 ID 10055
MARLA GLEN & BAND (Pantheon Bonn, 27.05.2017)
Vocals … Claudine Abusu, Eden Tesfai
Sax, Flute … Catrin Groth
Bass … Katrin Ebbert
Guitar … Drazen Zalac
Drums … Gereon Basso
Keys … Bruno Seletkovic
Nächste Konzerttermine:
9.6. | Neustadt an der Weinstrasse
30.6. | Weingut Weyell, Dexheim
5.8. | Klosterhof, Füssen
2.9. | kulturWERK, Wissen
9.12. | Chollerhalle , Zug, CH
13.1.2018 | Mühle Hunziken, Rubigen, CH
3.2.2018 | Chesselhuus, Pfäffikon ZH, CH
ab Sa. 22. – 29.9.2018 | Rock & Blues Cruise auf dem Mittelmeer
Weitere Infos siehe auch: http://www.marlaglen.net/
Post an Ansgar Skoda
skoda-webservice.de
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!
Vielen Dank.
|
|
|
Anzeigen:
Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN
Rothschilds Kolumnen
BALLETT | PERFORMANCE | TANZTHEATER
CASTORFOPERN
CD / DVD
INTERVIEWS
KONZERTKRITIKEN
MUSIKFEST BERLIN
NEUE MUSIK
PREMIERENKRITIKEN
ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski
RUHRTRIENNALE
= nicht zu toppen
= schon gut
= geht so
= na ja
= katastrophal
|