Kristjan Järvi debütierte bei/mit den Berliner Philharmonikern
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Der in Tallinn geborene und in den USA aufgewachsene Kristjan Järvi - ein Mitglied der estnischen "Järvi-Dirigenten-Dynastie" (Sohn von Neeme J. / Bruder von Paavo J.) - hatte jetzt erstmals die Berliner Philharmoniker geleitet. In der Hauptstadt ist er ja seit Jahr und Tag ein immer wieder gern gesehner Gast, also was das betrifft - für das Berliner Publikum kein Unbekannter. Die Verpflichtung für die drei inzwischen schon verklungenen Konzerte kam für ihn mehr überraschend, denn der eigentlich für diese Serie angekündigte Myung-Whun Chung wäre, wie es im Programmheft hieß, 'aus familiären Gründen' verhindert gewesen...
Kristjan Järvi hat das ungefähre Aussehen vom jungen John Travolta (als der noch ein junger hübscher Bursche war). Und überhaupt strahlt dieser Heißsporn reichlich Sympathie nach vorn, zu allen Seiten und nach hinten aus. Sein Dirigierstil - wie gesagt, wir haben ihn desöfteren schon am Pult anderer Orchester in Berlin erlebt - kann frohgemut als hemdsärmlig und leichthändig bezeichnet sein. Dennoch ist seine Zeichnung auf den Punkt genau. Die impulsiven Sprünge, um nicht gar zu sagen Hopser, die ihm ab und an beim "durchgehenden" Dirigieren widerfahren, sind sehr putzig anzusehen; und sein forscher Impetus steckt wärmend an!
Auch zwischen ihm und den Berliner Philharmonikern hatte es jetzt - unmissverständlich - stark gefunkt. Er dirigierte einmal Nielsen (= En Fantasirejse til Færøerne) sowie Tschaikowsky (= Vierte Sinfonie) auswändig. Zwischen beiden Werken stellte er die Messiaen'sche sogenannte Himmelsleiter (= L'Ascension). Alle Stücke, wie es schien, waren dem Kristjan irgendwie wohl auf den Leib geschrieben; aber höchstwahrscheinlich müsste man das sowieso zu Allem, was er jemals dirigiert und dirigieren wird, behaupten wollen...
Schärfer konnte beispielsweise der Kontrast nicht sein: Die beiden jeweiligen Schlusssätze Messiaens sowie Tschaikowskys - bei dem ersten (einem reinen Streichersatz) legte er sich wie in ein für ihn exklusiv gemachtes Himmelbett und seufzte schön und ungehemmt, dass man am Ende eine sorgende Befürchtung um sein reines Seelenheil bekam; beim zweiten gingen alle Pferde mit ihm durch, derart verjahrmarktet und also durchgepeitscht hatte ich dieses variierte Feld-und-Birken-Lied noch nie zuvor gehört gehabt.
Und Dirigent sowie Orchester, insbesondere nach Schluss dieser Tschaikowski-Sinfonie, waren gar ausgepowert, fix und fertig; und die Brühe lief und lief...
Tolldreist zu nennen dieser hyperimpulsive Abend.
a. so. - 21. Oktober 2012 ID 6281
BERLINER PHILHARMONIKER (Philharmonie, 20.10.2012)
Carl Nielsen: En Fantasirejse til Færøerne
Olivier Messiaen: L'Ascension (Die Himmelfahrt)
Peter Tschaikowsky: Symphonie Nr. 4 f-Moll op. 36
Berliner Philharmoniker
Dirigent: Kristjan Järvi
Siehe auch:
http://www.berliner-philharmoniker.de
http://www.andre-sokolowski.de
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