Violine solo
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Wer ein Konzert besucht, an dem ein Cello-Solist beteiligt ist, kann darauf wetten, was er als Zugabe spielen wird. Wenn er auf eine der Suiten für Violoncello solo von Johann Sebastian Bach setzt, hat er eine gute Chance, die Wette zu gewinnen. Das kommt: die Literatur für Cello solo ist sehr begrenzt. Für die Solovioline existiert eine größere Auswahl, aber sie bleibt, jedenfalls im Vergleich zum Angebot für Harmonieinstrumente wie das Klavier oder auch die Gitarre, überschaubar.
Wie beim Violoncello, so ist auch bei der Violine Johann Sebastian Bach der Favorit. Seine sechs Sonaten und Partiten für Violine solo (BWV 1001–1006) müssen nicht erst entdeckt werden. So eröffnet die Geigerin Liv Migdal ihre Solo-CD [Refuge] mit Bachs dritter Sonate.
Den vordergründigen Kontrast liefert sie mit Béla Bartóks ein Jahr vor seinem Tod entstandenem letzten Werk, der Solosonate für Violine Sz 117. Die Kombination hat ihre Logik. Bartók nimmt mit dem für Yehudi Menuhin geschriebenen späten Stück unmittelbar Bezug auf Bachs Sonate III in C-Dur.
Zwischen Bach und Bartók liegen 200 Jahre. Die zeitliche Distanz ist so groß wie zwischen Gryphius und Mörike. Als Verbindungsstück zwischen Bach und Bartók enthält die CD die eigentliche Entdeckung. Es ist der israelische Komponist Paul Ben-Haim, der gerade 16 Jahre nach Bartók als Paul Frankenburger in München geboren wurde. Ben-Haims Violinsonate in G entstand nur sieben Jahre nach der Sonate seines ungarischen Kollegen. Auch diese Komposition entstand im Auftrag von Yehudi Menuhin. An Bartók mag man denken, wenn Ben-Haim sich in seiner Sonate unüberhörbar von Folklore inspirieren lässt.
Liv Migdal überzeugt mit einem kräftigen Strich, einem fast vibratofreien Spiel. Schon die technische Beherrschung verdiente Bewunderung. Was Menuhin zunächst als unspielbar galt, bewältigt sie scheinbar mühelos. Ihre musikalische Gestaltung steigert den Respekt vor der Technik. Was man doch aus einer Violine herausholen kann! Wenn man kann.
Thomas Rothschild – 2. April 2020 ID 12133
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Liv Migdal
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