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Chick Corea am Klavier, also ohne Elektronik (daher der Titel und der Name der Akoustic Band, die, wenngleich mit dem im Englischen unüblichen k statt c – irgendetwas muss ja auffallen –, in dieser Formation seit 1987 existierte), John Patitucci am Kontrabass und Dave Weckl am Schlagzeug sowie Chicks Ehefrau Gayle Moran Corea als singender Gast auf You’re Everything 2018, drei Jahre vor seinem plötzlichen Krebs-Tod, live in St. Petersburg, Florida, mit halbe halbe Standards und Eigenkompositionen des – jedenfalls als Musiker, und wen gehen schon seine Beziehungen zur Scientology etwas an – unangefochtenen Jazz-Giganten.

Ihm fällt immer etwas ein. Aber es kommt daher wie das Selbstverständlichste in der Welt. Originalitätssucht kann man Chick Corea nicht vorwerfen. Er ist in erster Linie ein Jazzer der soliden Art, wenngleich ein erfindungsreicher und technisch ohnedies ohne Fehl und Tadel. Aus Duke Ellingtons tausendfach interpretiertem In a Sentimental Mood, von dem man denken möchte, dass es einen nicht mehr überraschen könne, macht er ein kleines Drama, und Patitucci stimmt kongenial ein. You and the Night and the Music von Arthur Schwartz und Howard Dietz wird in der Version des Trios zu einem kammermusikalischen Schmuckstück mit geradezu klassischer Struktur und bleibt doch in Drive und Phrasierung zunehmend Jazz. Corea übt nicht Verrat an bewährten Themen, erweitert sie aber harmonisch und mit Verzierungen und rhythmischen Verrückungen. Bei ihm lässt sich lernen, was das Wesen des Jazz ausmacht. Ein Abenteuer für sich sind schon die Farbtupfer, die Chick Corea zu den Soli seiner zwei Partner beisteuert.

Es ist keine Übertreibung, wenn man Chick Corea als König des (oder der) Rhumba (oder Rumba) in seiner Generation bezeichnet. Immer wieder kehrte er zu diesem kubanischen Tanz zurück. Auf dem vorliegenden Album mit seinem Rhumba Flamenco, dem Dave Weckl mit einem grandiosen Solo die Würze verleiht.

Heuer im Juni wäre Chick Corea 80 geworden. Das vorliegende Doppelalbum belegt, mit k oder c, einmal mehr, was wir an ihm verloren haben. Kein Hologramm kann ihn ersetzen. Das funktioniert nur bei Musikern, die nie viel mehr waren als Hologramme, oder, wie im Circus Roncalli, mit Pferden.

*

Zugabe: Chick Corea kommt an die Himmelstür. Petrus bittet ihn einzutreten. Chick Corea sagt: „Nur wenn Keith Jarrett nicht hier ist.“ „Der ist nicht hier“, beruhigt ihn Petrus. Chick Corea geht ein paar Schritte ins Paradies, da hört er von ferne wunderbare Klänge. „Du hast mich belogen“, sagt er zu Petrus, „das ist doch Keith Jarrett.“ „Nein“, erwidert Petrus, „das ist Gott. Er spielt Klavier und bildet sich ein, er wäre Keith Jarrett.“


Thomas Rothschild – 12. September 2021
ID 13139
Link zu Akoustic Band


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