Filme, Kino & TV
Kunst, Fotografie & Neue Medien
Literatur
Musik
Theater
 
Redaktion, Impressum, Kontakt
Spenden, Spendenaufruf
Mediadaten, Werbung
 
Kulturtermine
 

Bitte spenden Sie!

Unsere Anthologie:
nachDRUCK # 5

KULTURA-EXTRA durchsuchen...

CD-Kritik

Chick Corea

allein





Bewertung:    



Das hat Chick Corea mit Keith Jarrett gemeinsam: Er ist kein Dogmatiker. Jazz und „Klassik“ schließen einander ebenso wenig aus wie Improvisation und Komposition. Jetzt legt der inzwischen 79jährige eine Doppel-CD mit dem ebenso schlichten wie doppeldeutigen Titel Chick Corea Plays vor, aufgenommen 2018 bei mehreren Konzerten in Florida, Paris und Berlin, auf der Mozart neben Gershwin steht und Chopin neben Antônio Carlos Jobim. Was immer er sich jedoch vornimmt: es ist immer ein Schuss Corea dabei. So unüberhörbar bei seiner exzentrischen Version von Jobims Desafinado oder bei seiner Transformation von Stevie Wonders Pastime Paradise zum Rhumba. Er improvisiert über Scarlatti, als wäre der ein Zeitgenosse von Paul McCartney, und ein Prélude von Chopin präludiert er, als wäre es von Cole Porter. Die zweite Disc enthält nach Stevie Wonder ausschließlich Erfindungen von Chick Corea. Da improvisiert er musikalische Porträts von Leuten aus dem Publikum. Da lädt er Zuhörer ein, mit ihm in einen vierhändigen Dialog einzutreten, und er hat unüberhörbar seinen Spaß daran. Der lange Applaus danach ist begründet. Den Abschluss bilden acht von seinen zwanzig Children‘s Songs aus den siebziger Jahren, veröffentlicht nach den Jahren mit der All-Star-Band Return to Forever, von denen einige kürzer als zwei Minuten dauern. In ihnen ist Chick Corea am weitesten vom Jazz entfernt. Stattdessen verrät er, wie manche Jazzpianisten, den Einfluss der aphoristischen Miniaturen von Béla Bartók. Mit dem fast acht Minuten langen Stück, das er ans Ende platziert, sprengt Chick Corea das Format. Und bekennt sich dann doch zum Jazz.

Dass Corea Anhänger der Scientology ist, haben ihm manche übel genommen. Auch auf der Plattenhülle des neuen Albums dankt er L. Ron Hubbard. Seiner Musik hört man das ebenso wenig an wie die dezente Werbung für Yamaha. Genau besehen ist Chick Corea viel zu vital, viel zu „südländisch“, um meditativ oder esoterisch zu klingen. Da wird er mühelos von einem Keith Jarrett oder gar von einem Arvo Pärt überholt.

Auch dies hat er mit dem nur vier Jahre jüngeren Keith Jarrett gemeinsam: Er lässt das Klavier singen. Anschlag und Tempoverschiebungen verleihen dem Instrument eine vokale Qualität, die mit dem perkussiven Element verschmilzt. Und er weiß natürlich, wo er, wenn er nicht über eigene Themen improvisiert, das beste Material findet. Drei Titel von Thelonious Monk, dessen hundertstem Geburtstags im Jahr 2017 er gedenkt, in Folge sind keine Sekunde zu viel, und man spürt den Respekt des Jüngeren vor diesem Genie des Jazz. Er nimmt sich ihm und seinem einzigartigen Stil gegenüber weniger Freiheiten als beispielsweise gegenüber dem russischen Komponisten Skrjabin.

Bald 80? Nichts auf diesem Album weist darauf hin.



Thomas Rothschild – 31. August 2020
ID 12427
Label-Link zu Chick Corea Plays


Post an Dr. Thomas Rothschild

CD

ROTHSCHILDS KOLUMNEN



Hat Ihnen der Beitrag gefallen?

Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!



Vielen Dank.



  Anzeigen:





MUSIK Inhalt:

Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN

Rothschilds Kolumnen

BAYREUTHER FESTSPIELE

CASTORFOPERN

CD / DVD

INTERVIEWS

KONZERTKRITIKEN

LEUTE MIT MUSIK

LIVE-STREAMS |
ONLINE

NEUE MUSIK

PREMIERENKRITIKEN

ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski



Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal




Home     Datenschutz     Impressum     FILM     KUNST     LITERATUR     MUSIK     THEATER     Archiv     Termine

Rechtshinweis
Für alle von dieser Homepage auf andere Internetseiten gesetzten Links gilt, dass wir keinerlei Einfluss auf deren Gestaltung und Inhalte haben!!

© 1999-2024 KULTURA-EXTRA (Alle Beiträge unterliegen dem Copyright der jeweiligen Autoren, Künstler und Institutionen. Widerrechtliche Weiterverbreitung ist strafbar!)