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Premierenkritik

AIDS statt

Aida



Angels in America von Péter Eötvös am Salzburger Landestheater | Foto (C) Anna-Maria Löffelberger

Bewertung:    



Homosexualität, männliche und erst recht weibliche, war noch vor gar nicht so langer Zeit auf der Bühne und im Film, wenn überhaupt, nur verschlüsselt oder, später, sentimentalisiert ein Thema. Das Verdienst von Tony Kushner war es, mit seinem viel beachteten Stück Angels in America 1993 Homosexualität und AIDS am Beispiel verschiedener locker mit einander verbundener individueller Schicksale und frei von Rührseligkeit mit zentralen (amerikanischen) Motiven des 20. Jahrhunderts (zwei Weltkriege ausgenommen) verknüpft zu haben. Rassismus und Korruption, Drogenabhängigkeit und McCarthyismus sind in seiner „Gay Fantasia on National Themes“ eng mit einander verflochten.

Mit seiner Thematik und seiner offenen Form bietet sich Angels in America nicht gerade als Vorlage für eine Oper an. Dem ungarischen Komponisten Péter Eötvös ist just diese Gattungstransformation im Jahr 2004, sieben Jahre nach seiner überaus erfolgreichen Adaption von Tschechows Drei Schwestern, gelungen, wobei die Opernfassung nur etwa halb so lang ist wie die Sprechtheaterfassung, also auf große Teile des Dialogs verzichtet.

Moderne Komponisten haben mehrfach reale Personen der jüngeren Geschichte als Opernfiguren auf die Bühne gebracht: So etwa John Adams Richard Nixon und Robert Oppenheimer oder Philip Glass Mahatma Ghandi. Auch in Angels in America treten Figuren der Realgeschichte auf, namentlich, mit zahlreichen dokumentierten biographischen Details, Roy Cohn, der als fanatischer Kommunistenjäger und späterer Berater von Ronald Reagan entscheidend zum Justizmord an Ethel und Julius Rosenberg beigetragen hat, und der Geist von Ethel Rosenberg als dessen Gegenspielerin.

*

Das SALZBURGER LANDESTHEATER zeigt nun eine Koproduktion dieses Werks mit der New York City Opera. Übernommen wurden Regie (Sam Helfrich), Bühnenbild (John Farrell) und Kostüme (Kaye Voyce). Der Dirigent Leslie Suganandarajah und die Sänger*innen, unterstützt von ein paar Gästen, kommen aus dem vergleichsweise kleinen Ensemble am Haus, das man nicht an den bekannteren Salzburger Festspielen messen darf. Das unorthodox besetzte und mit Elektronik verstärkte Mozarteumorchester spielt auf der Hinterbühne, der Dirigent ist auf mehreren Bildschirmen im Orchestergraben und an der Balustrade des Balkons zu sehen.

Wie in Kushners Vorlage spielen die meisten Mitwirkenden, unabhängig von Geschlecht und Stimmlage, mehrere Rollen. Ein unsichtbares Vokaltrio wiederholt als Miniaturchor einzelne Phrasen. Ethel Rosenberg wiederum singt das jiddische Volkslied Tumbalalaika a cappella. Schon zuvor unterbrachen lange Pausen an zwei dramatischen Stellen den Fluss der Musik. Sie charakterisiert die Figuren, ohne in Tonmalerei zu verfallen. Bei einer direkten Begegnung von Roy Cohn mit der Vision von Ethel Rosenberg spricht Cohn, während seine Kontrahentin singt.
Mit Angels in America wächst das Salzburger Landestheater über sich selbst hinaus. Das ist zeitgenössisches Musiktheater, politisch, ohne einem kurzatmigen Aktualitätszwang zu unterliegen. Stück und Inszenierung sowie die sängerischen Leistungen würden auch manchem größeren Haus zur Ehre gereichen. Leichte Kost ist das nicht. Aber wer sagt, dass man dem Wunsch nach leichter Kost nachgeben muss?



Angels in America von Péter Eötvös am Salzburger Landestheater | Foto (C) Anna-Maria Löffelberger

Thomas Rothschild - 11. April 2022
ID 13571
ANGELS IN AMERICA (Landestheater Salzburg, 10.04.2022)
Musikalische Leitung: Leslie Suganandarajah
Inszenierung: Sam Helfrich
Bühne: John Farrell
Kostüme: Kaye Voyce
Mozarteumorchester Salzburg
Premiere war am 10. April 2022.
Weitere Termine: 20., 22., 24.04. / 04.05.2022


Weitere Infos siehe auch: https://www.salzburger-landestheater.at/


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