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dich dein

virtueller

Vater



Roderick Williams als Vater in Upload an der Oper Köln | Foto © Bernd Uhlig

Bewertung:    



Tochter, schau! Mein virtuelles Ich wird immer für dich da sein. In der Multimedia-Oper Upload von Michel van der Aa geht es um einen Vatergeist als Klon in Digitalien. In dem kurzweiligen Zweipersonen-Musikdrama mit vielen Leinwandbildern geht es um Abgründe und Konsequenzen eines Uploads hin zur Unsterblichkeit. Heute lässt sich die digitale Realität oft kaum noch von der analogen separieren. Doch was wäre, wenn man das Gehirn – also Erinnerungen, Gedanken und Erfahrungen unseres Bewusstseins – gezielt an eine künstliche Intelligenz als Upload übertragen könnte? Wie könnte eine Tochter auf die virtuelle Auferstehung und digitale Kopie ihres Vaters reagieren? Upload verhandelt humanistische und ethische Fragen einer verführerischen Vision, über die in der interdisziplinären KI-Forschung tatsächlich lebendig spekuliert wird.

Der holländische multidisziplinäre Künstler und Komponist Michel van der Aa bezeichnet sich selbst als Wissenschafts- und Technik-Nerd. Er sorgt als Film- und Bühnenregisseur, Autor, Librettist und Komponist für ein kreatives und stimmungsvolles Zusammenspiel unterschiedlicher Disziplinen auf der Bühne.

Ein depressiver, namenlos bleibender Vater (Roderick Williams) leidet darunter, dass er früh seine Frau verloren hat. Er entscheidet sich, auch aus Liebe zu seiner Tochter, seinen physischen Körper sterben und seinen Geist um traumatischen Schmerz und negative Gefühle bereinigt hochladen zu lassen. Vor dem verlassen seines Körpers, wählt er Erinnerungen aus. Sein neues digitales Ich überrascht seine Tochter (Julia Bullock). Er möchte, dass sie ihn niemals verliert. Sie ist überrumpelt, geschockt, versucht aber seine Entscheidung zu verstehen. Das auch durch Datenströme optimierte Abbild ihres Vaters flimmert vor ihren Augen. Doch sie vermisst seinen physischen Körper, der sie als Kind gestreichelt oder getragen hat. Wie erhält man Beziehungen ohne physischen Kontakt? Während beide miteinander streiten, bemerkt die Projektion des Vaters, dass sie die Depression auch als Hochgeladener nicht loswurde. Auch begreift sie, dass sie dereinst alleine zurückbleiben wird, wenn sich seine Tochter selbst nicht uploaden lässt. Und welche Rechte hat eigentlich der Mind-Upload noch nach dem transhumanistischen Experiment?

Die beiden Solisten und das Ensemble Musikfabrik (Orchesterleitung: Otto Tausk) agieren effektvoll vor verschiebbaren Videoscreens. Bariton Roderick Williams trägt einen unscheinbaren Motion Capture-Anzug und ist seitlich etwas abseits platziert. Seine Bewegungen werden gefilmt und live wie bei einem 3D-Avatar auf eine Leinwand übertragen (Motion Capture und Echtzeitgrafik: Darien Brito). Die Vorführung verwebt Film- und Bühnengeschehen miteinander. Zwischen den Begegnungen von Vater und Tochter beschreiben filmische Rückblenden quasi-dokumentarisch den Prozess des Uploading. Im Stile einer filmischen Dokumentation werden ein Institut und verschiedene andere Patienten vorgestellt. Ein CEO (Ashley Zukerman), eine Psychiaterin (Katja Herbers), eine Wissenschaftlerin (Esther Mugambi) und auch verschiedene Freunde des Vaters kommen in erhellenden, oft auch komischen Kurzinterviews zu Wort.

Konkrete Raum- und Zeitperspektiven werden auch unbestimmt, wenn sphärische, animierte Bildlandschaften die Videoleinwände dominieren und es um diffuse Träume der zentralen Protagonisten geht.

Das zehnköpfige Ensemble Musikfabrik spielt dicht, leidenschaftlich, perkussiv und spannungsvoll. Dominante Tonfolgen wiederholen sich, es gibt Harmoniewechsel und feine Farbabstufungen. Die dramatische, aufgeregte und packende Instrumentierung kontrastiert mitunter mit dem leisen, zarten, sich wiederholenden, emotional nuancierten Gesang der amerikanischen Sopranistin Julia Bullock und des englischen Bariton Roderick Williams. Auch gesangliche und orchestrale Sphären werden mitunter technisch verstärkt oder gemixt, durch elektronische Verfremdungen und Zuspielungen.

Ein effektvolles, musikalisch eindrückliches und kurzweiliges multimediales Musiktheater. Das gelungene zeitgenössische Stück setzt sich effektvoll mit Fragen möglicher technischer Innovationen auseinander.



Upload an der Oper Köln | Foto © Bernd Uhlig

Ansgar Skoda - 23. April 2022
ID 13587
UPLOAD (Staatenhaus Saal 3, 22.04.2022)
Musikalische Leitung: Otto Tausk
Komposition/ Inszenierung/ Libretto/ Filmskript: Michel van der Aa
Ausstattung / Licht: Theun Mosk
Kostüme: Elske van Buuren
Sounddesign: Paul Jeukendrup
Bildregie: Rietdijk Joost
Motion Capture/ Echtzeitgrafik: Brito Darien
VFX Supervisor/ Fractal Artist: Horsthuis Julius
Dramaturgie: Madelon Kooijman und Niels Nuijten
Besetzung:
Tochter … Julia Bullock
Vater … Roderick Williams
Psychiaterin (Film) … Katja Herbers
CEO (Film) … Ashley Zukerman
Wissenschaftler (Film) … Esther Mugambi
Schwager (Film) … Samuel West
Kindheitsfreund (Film) … Claron McFadden
Freund 1 (Film) … David Eeles
Freund 2 (Film) … Tessa Stephenson
Ensemble Musikfabrik
Uraufführung war am 29. Juli 2021 bei den Bregenzer Festspielen.
DEA an der Oper Köln war am 18. April 2022.


Weitere Infos siehe auch: https://www.oper.koeln


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