Durch Nacht
zum Licht
Tschaikowskys JOLANTHE mit den Berliner Philharmonikern
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Asmik Grigorian | Foto: T. Kolesnikov
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Bewertung:
Tschaikowskys merkwürdiger Opern-Einakter Jolanthe wird sehr selten aufgeführt, wenn überhaupt, dann meistens konzertant; ja und so taten wir ihn vor drei Jahren unter Valery Gergiev, der ihn mit "seinem" Mariinsky Orchester St. Petersburg und handverlesenen russischen Gesangssolistinnen und -solisten hier in der hauptstädtischen Philharmonie zum Besten gab, erstmals zur Kenntnis nehmen - merkwürdig natürlich nur aufgrund der wahrlich merkwürdigen Handlung von dem anderthalbstündigen Opus:
König René hat eine blinde Tochter, die Jolanthe heißt. Die ist sich ihrer Blindheit allerdings, schon von Geburt an, nicht bewusst (nein! blind ist blind!!). Plötzlich erscheint ein Arzt und sagt, er kann die Blinde sehend machen unter der Voraussicht, dass die sich dann ihrer Blindheit vollbewusst würde (hm, leicht gesagt)... Dann schlägt ein Ritter aus Burgund im Garten von der schlafenden Jolanthe auf. Als die erwacht, empfindet sie urplötzlich Liebe zu dem unbekannten Mann in ihrer Nähe, den sie hört und riecht und "fühlt"; der Fremdling will aus ihrem Garten weiße, rote Rosen (was für weiße, rote Rosen? was ist weiß, und was ist rot???); Jolanthe "fühlt" auf einmal tiefe Liebe zu dem Mann, weil dessen Stimme halt so freundlich klingt, und so erfährt sie, als der Fremde rotweißrotweißrote Rosen haben will, dass sie wohl blind ist (rotweißrotweißrot? was soll das sein??) - jetzt will sie plötzlich sehen; und der Arzt tut's richten. Alles wurde also gut.
So [s.o.] schrieben wir es daher schon 2019.
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Jetzt hat Kirill Petrenko die Jolanthe (die er längst in Baden-Baden zu den Osterfestspielen aufführen wollte und die nun erst, wegen der andauernden Corona-Unterbrechungen, April 2022 dortselbst stattfindet) mit den Berliner Philharmonikern in derem Heimhaus dargebracht:
Asmik Grigorian - spätestens seit ihrer 2016er Jewgeni Onegin-Tatjana an der KOB ein Liebling des Berliner Opernpublikums - sprang kurzfristig für die verhinderte Sonya Yoncheva ein und räumte, nicht nur wegen ihres insgeheimen Heimvorteils hier in der Hauptstadt, allentwaffnend ab!
An ihrer Seite ähnlich großartige Stimmen, ganz zuvörderst Liparit Avetisyan (als burgundischer Ritter und Retter Vaudémont), Igor Golovatenko (als dessen Freund Robert) und Mika Kares (als Jolanthes Vater). Auch Michael Kraus (als maurischer Arzt) stimmte in diesem Männer-Kraftchor auf das Allerkräftigste mit ein.
Sowieso steigerte sich das hochbemerkenswerte Opernkonzert zu einer wahren Explosion an Emotionen voller Aufgereiztheit, und sowohl die Philharmoniker an sich wie auch der Rundfunkchor Berlin (als multiplizierte Dienerinnen- und Gefolgschaft des Königs oder Soldaten des Herzogs) hielten überhaupt nicht hinterm Berg und tobten sich gefühlsmäßig so richtig aus; Petrenko ließ es also diesmal ganz besonders krachen!!
Tolle Musik!
Das Publikum war außer sich.
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Asmik Grigorian als Jolanthe bei den Berliner Philharmonikern (Dirigent: Kirill Petrenko) Foto (C) Ole Schwarz
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Andre Sokolowski - 12. Januar 2022 ID 13396
BERLINER PHILHARMONIKER (Philharmonie Berlin, 12.01.2022)
Peter Tschaikowsky: Jolanthe op. 69
Asmik Grigorian, Sopran (Jolanthe)
Mika Kares, Bass (König René)
Liparit Avetisyan, Tenor (Vaudémont)
Igor Golovatenko, Bariton (Robert)
Michael Kraus, Bariton (Ibn-Hakia)
Anna Denisova, Sopran (Brigitta)
Victoria Karkacheva, Mezzosopran (Laura)
Margarita Nekrasova, Alt (Marta)
Dmitry Ivanchey, Tenor (Almerik)
Nikolay Didenko, Bariton (Bertrand)
Rundfunkchor Berlin
Einstudierung: Gijs Leenaars
Berliner Philharmoniker
Dirigent: Kirill Petrenko
Weitere Infos siehe auch: https://www.berliner-philharmoniker.de/
https://www.andre-sokolowski.de
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