Just an
ordinary
guy
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Marla Glen mit Backgroundsängerin Claudine Abusu-Omoyi am 4. Oktober 2025 im Bonner Pantheon | Foto © Ansgar Skoda
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Bewertung:
Eine Gender-Frage stelle sich nicht, schaut er doch nach eigener Aussage aus wie ein Mann. Er begrüßt sein Publikum im Bonner Pantheon mit den Worten: „I’m Glen.“ Soul- und Blues-Legende Marla Glen tritt mit Hut und im weinrot schimmernden Anzug auf. Schon als Kind hatte er nach einer Mandeloperation eine tiefe Stimme. Der 65-jährige gebürtige US-Amerikaner mit der kleinen, zierlichen Gestalt lebt als Transmann in seiner Wahlheimat Duisburg. Die einmal jährlich im Herbst veranstalteten Marla Glen-Abende haben im Bonner Pantheon schon so etwas wie Kultstatus. Die legendären Konzerte sind meistens Wochen im Vorfeld ausverkauft.
The Glen oder Sir Glen, wie er gerne genannt wird, konnte für seine kraftvollen Arrangements wieder eine siebenköpfige Band unter der Leitung von Keyboarder Bruno Seletković gewinnen. Saxophonistin Catrin Groth setzt mit eingängigen Solos während diverser Blaseinsätze Akzente. Auch Schlagzeuger Jonas Wilms, Bassist Volker Kamp und Gitarrist Mirko van Stiphaut improvisieren mitunter, dem Jazz durchaus zugetan. Sie variieren Songs, indem sie sie in die Länge ziehen. Bei „1 on 1“ oder „Prove all your lovin’“ wiederholen Glen und seine Backgroundsänger Claudine Abusu-Omoyi, Monia Krüchten und Kevin Asiedu hymnisch stets die gleichen Songzeilen, sich rhythmisch wie in einem Gospelsong steigernd. Die dargebotenen Lieder kommen überwiegend aus Glens jüngstem Album Unexpected (2020) oder sind noch aktuelleren Datums.
Dunkel raunt The Glen mit kratzigem Bass oder Bariton. Seine tief liegende, rauchige Gänsehautstimme setzt er lasziv ein, wenn er selbstironisch mit kreischenden Ausrufen Akzente setzt. Glen wirbelt über die Bühne und unterstreicht spontane Publikumsansprachen mit einer lebendigen Mimik. Plötzlich blickt er ins Publikum und lacht: „Who’s talking? Oh yeah, I’m joking. I got to work on my jokes. Yeah, I’m an ordinary guy. Here we go.“ (dt.: Wer spricht? Ja, ich mache Witze. Ich muss an meinen Witzen arbeiten. Ich bin ein ganz normaler Typ. Jetzt geht es weiter.) Das Publikum lacht und klatscht begeistert.
Die Genres wechseln, mal erklingt die Musik balladenartig oder rockig, dann wird wieder Soul oder Blues dargeboten. Zwischen Songs werden kurz Instrumente abgestimmt, bevor der nächste Einsatz folgt. „Are you ready?“ meint Sir Glen, bevor sein kraftvoll dunkles Stimmorgan während „I don’t care“, „Groove that thang“ und „I said hey“ in einen markant formschönen Wechselgesang mit dem dreiköpfigen Backgroundchor tritt. Das Publikum klatscht rhythmisch mit.
Nach einer Pause wird im bestuhlten Saal ein Film auf die Bühne projiziert. Er zeigt Sir Glen beim Deutschunterricht an einer Schultafel, umringt von zwei jungen, gleich gekleideten, blonden Lehrerinnen. Glen antwortet auf eine Frage auf Deutsch. Eine der Damen meint: „Gut, das ist eine sehr schöne Antwort. Was machen Sie heute Schönes bei dem Wetter. Was machst du heute?“. Beide Damen küssen ihn auf die Wangen. Er singt „Weiß ich nicht, keine Ahnung. Kommt zusamme’. Kommt zur Runde. Komm zu mir und trink ein Bier.“ Glen probiert mit seinen jüngst erschienen „German Song“ und den einhergehenden „Swiss Song“ etwas Neues und wagt einen Schritt gen deutschsprachige oder schweizerische Lyrics und Volkstümlichkeit. Auf der Bühne bewegt er sich im zweiten Teil dann prompt passend zum Oktoberfest auch in volkstümlicher Pracht mit Alpenhut und in Trachtenjacke.
Für die Zugabe wählt The Glen einen Spiritual, „Until his kingdom comes“ und meint lachend „This is my new Believer-Song“. Fans seiner frühen Hits kommen so während des Konzertabends etwas weniger auf ihre Kosten. Dafür entschädigt die leidenschaftliche Show mit krachenden Feelgood-Melodien wie „Steppin’ up“.
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Marla Glen mit Band am 4. Oktober 2025 im Bonner Pantheon | Foto © Ansgar Skoda
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Ansgar Skoda - 7. Oktober 2025 ID 15500
Weitere Infos siehe auch: https://www.marlaglen.net/
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