Starburster
in the
modern world
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Grian Chatten, Frontmann von Fontaines DC, auf dem Bonner KunstRasen | Foto © Ansgar Skoda
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Bewertung:
Eine Flagge von Palästina ist vorne links auf der Bühne ein Hingucker. Ähnlich wie der bekannte US-amerikanische Rapper Macklemore nutzt die irische Band Fontaines D.C. ihre Popularität, um auf den Völkermord im Nahen Osten aufmerksam zu machen.
D.C. im Bandnamen steht für Dublin City und deutet eine Heimatverbundenheit der Band an, deren Frontmann Grian Alexander Chatten auch einen Dubliner Akzent hat. Die Hauptstadt von Irland schrieb Musikgeschichte. Hier gründeten sich auch U2, Thin Lizzy oder Boyzone, um nur einige zu nennen. Fontaines D.C. haben seit ihrer Gründung 2016 bereits vier Alben vorgelegt, wurden in diesem Jahr und 2023 bei den Brit Awards als beste internationale Gruppe ausgezeichnet und waren bereits dreimal bei den Grammys nominiert.
Etwa 6.000 Konzertbesucher warten am vergangenen Dienstagabend auf dem Bonner KunstRasen auf das Eintreffen der Post-Punk-Band, deren Lyrics leise Wut oder Melancholie andeuten. Das Publikum ist erstaunlich generationsübergreifend und heterogen. Neben Teenagern tragen auch grauhaarige Punk-Veteranen T-Shirts der Band, die mit unterschiedlichen Aufdrucken am Merchandise-Stand recht gefragt sind. Von der Bühnendecke hängt ein großes symbolisches Herz, das an das weinende Herz-Cover des jüngsten Band-Albums Romance erinnert. Die energiegetriebenen Songs der mittlerweile vier Alben der Band erzählen oft von Liebe und Hingabe in all ihrer Zerbrechlichkeit, ihren Ängsten und ihrem Trotz. Während des Konzertes wird das Herz, ähnlich der Leuchtschrift Fontaines D.C. oberhalb der Bühne, in unterschiedlichen Farben und Schattierungen stimmungsvoll beleuchtet. Die Lichtregie bewegt die Bühnenscheinwerfer und gelegentliche Stroboskope atmosphärisch zu den Songs.
Gegen viertel neun treten die Musiker der Band nacheinander auf:
Tom Colls setzt präzise Akzente am Schlagzeug. Rasantes Gitarrenspiel von Carlos O'Connell & Conor Curley, verzerrte Basslinien von Conor Deegan und pulsierende Keyboardklänge von Chilli Jesson lassen auf dem KunstRasen aufhorchen, wenn Fontaines D.C. mit „Here’s the thing“ spannungsvoll loslegen. „Jackie down the line” erklingt viszeral hämmernd im geschmeidigen Rhythmus. Bei „Boys in the better land“ greift sich Grian Chatten einen Tamburin. Inhaltlich widmet sich der Text Enttäuschungen. Das erhebende „It's amazing to be young“ feiert die Jugend und erzählt gleichzeitig von der Unsicherheit des Erwachsenwerdens in der heutigen Gegenwart. Die Riffs von „Televised mind“ donnern mit Intensität. Regelmäßig finden Instrumentenwechsel statt.
Grian Chatten setzt gesanglich ausdrucksvoll raue Akzente und klingt mitunter auch zurückhaltend zart. Er schlendert über die Bühne und fordert das Publikum euphorisch mit den Händen auf, bei Refrains mitzusingen oder im Rhythmus mitzuklatschen. Zwischen den Songs macht der Leadsänger höchstens minimalistische Ansagen, wie den entschlossenen Aufruf „Free Palestine“ mit Verweis auf den Israel-Palästina-Konflikt, wofür viele im Publikum solidarisch applaudieren. Der politische Aufruf „Free Palestine“ flackert während der Show kurz über die beiden seitlich zur Bühne platzierten Bildschirme, zusammen mit der Aufschrift „Israel is committing genocide. Use your voice“.
Während „Horseness is the whatness“ erklingen melancholisch-theatralischere Melodien. „A hero’s death“, Titelsong des zweiten Albums von 2020, bringt hypnotisch eingängig die Menge zum toben. Bei dem charmanten, harmonisch dissonanten Liebeslied „Favourite“ heben einige Besucher ihre weiblichen Begleitungen auf die Schultern.
Lange hält der Applaus vor der Zugabe an, bis die Besucher erst nur die Silhouetten der Künstler zu einer langsam sich eröffnenden Klanglandschaft erahnen. Elektronisch verzerrte Percussions eröffnen „Romance“, den melancholischen Titelsong aus dem aktuellen Album. Es folgt das spannungsvoll sich zerdehnende „In the modern world“, das eine Ermüdung aufgrund der Horrormeldungen in täglichen Nachrichten problematisiert. Danach dann das eindringliche „I love you“, ein ihrer Heimat Dublin und dem modernen Irland gewidmeter Song. Leidenschaftlich verabschieden sich Fontaines D.C. schließlich mit einer ihrem bisher wohl größten Hit, dem theatralischen „Starbuster“ und kühn hämmernden Beats von der Bühne.
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Fontaines D.C. am 19.08.2025 auf dem Bonner KunstRasen | Foto © Ansgar Skoda
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Ansgar Skoda - 22. August 2025 ID 15424
Weitere Infos siehe auch: https://fontainesdc.com/
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