LUDWIGSBURGER SCHLOSSFESTSPIELE 2025
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Rap me
Amadeus
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Bewertung:
Mozarts Singspiel Zaide steht in diesem Sommer bei zwei Festivals auf dem Programm: bei den Salzburger Festspielen und den Ludwigsburger Schlossfestspielen, bei jenen in der überdimensionalen Felsenreitschule, bei diesen im intimen Schlosstheater. So groß ist also die Spannweite der Aufführungsmöglichkeiten für ein Werk, das erst lange nach dem Tod des Komponisten uraufgeführt wurde und auch heute eher als Kuriosum betrachtet wird.
Das Fragment, das erst 1866, zum hundertzehnten Geburtstag Mozarts in Frankfurt uraufgeführt wurde, gilt wegen der Gemeinsamkeiten der Libretti als Vorläufer der zwei Jahre später entstandenen Entführung aus dem Serail. In Ludwigsburg hat ihm Jessica Glause ein Facelifting verpasst. So exotisch kann ein Libretto aus dem 18. Jahrhundert gar nicht sein, dass deutsche Regisseure darauf verzichten würden, uns mitzuteilen, was ihnen zur Gegenwart vom Prolog über die Menschenrechte bis zum Gendern einfällt. Überraschend jedenfalls ist es nicht.
In der Schlossfest-Zaide ist der Chor dafür zuständig, der im Originallibretto von Johann Andreas Schachtner wenig zu tun hat und hier Erzählkollektiv heißt. Es besteht aus sehr jungen Menschen, die eine Performance liefern, die über Schülertheater nicht hinausgeht. Dafür hat ihnen Eva Jantschitsch Hip-Hop-Verse von einer deprimierenden musikalischen und sprachlichen Schlichtheit zur Verfügung gestellt. Leider hat sich offenbar auch kein freiwilliger Leiter einer Theater-AG gefunden, der den Amateuren gesagt hätte, dass es für die Bühne auch andere Ausdrucksmittel gibt als ausgebreitete Arme mit nach oben gekehrten Handflächen. Die jungen Leute können offenkundig mit Mozart nichts anfangen. Rap und Hüftschwung sind ihnen näher. Es ist, als lüde man ein Biathlon-Team ein, in einem Fußballmatch mitzuspielen.
Weil sie ein Erzählkollektiv sind und kein Chor, müssen die Kinder von Murks und Coca-Cola in Bergarbeitertracht oder mit skurrilem Kopfschmuck auch nicht singen können. Das hat den Vorteil, dass es den Kontrast zu den vier Solisten schärft, die, bei allem Respekt, in der Felsenreitschule wohl keine Chance hätten.
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Sage keiner, auf der kleinen Bühne des Ludwigsburger Schlosstheaters ließen sich nicht ambitioniertere Opernprojekte realisieren. Immerhin hat am selben Ort Dieter Dorn einst im Bühnenbild von Jürgen Rose eine unvergessene Così fan tutte und eine Hochzeit des Figaro inszeniert.
Für eine Abiturfeier mag die aktuelle Zaide reichen. Für Festspiele tut sie es nicht.
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Mozarts Zaide bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen 2025 | Foto (C) Martin Sigmund
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Thomas Rothschild – 27. Juni 2025 ID 15332
ZAIDE (Schlosstheater, 26.06.2025)
Singspiel von Wolfgang Amadeus Mozart
Musikalische Leitung: Vlad Iftinca
Regie: Jessica Glause
Bühne: Mai Gogishvili
Kostüme: Lena Winkler-Hermaden
Dramaturgie: Christoph Sökler
Neue Komposition & Liedtexte: Eva Jantschitsch
Chorleitung: Amelie Erhard
Lichtdesign: Alex Mahr
Mit: Natasha Te Rupe Wilson (Zaide), Moritz Kallenberg (Gomatz), Torsten Hofmann (Sultan Soliman) und Andrew Bogard (Allazim)
Erzählkollektiv
Staatsorchester Stuttgart
Premiere bei den LUDWIGSBURGER SCHLOSSFESTSPIELEN war am 22. Juni 2025.
Weitere Termine: 28.06./ 02., 08., 10., 12.07.2025
Eine Koproduktion mit der Staatsoper Stuttgart
Weitere Infos siehe auch: https://schlossfestspiele.de
Post an Dr. Thomas Rothschild
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