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Ausstellung

Neue Sichtweisen – Michelangelos Fresken zum Greifen nah



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Rom, die ewige Stadt, ist alle Mal einen Besuch wert, denn es gibt immer wieder neue Orte zu entdecken. Manchmal lohnt es sich aber auch, einen neuen Blick auf bekannte Sehenswürdigkeiten zu werfen. Da lägen Michelangelos Deckengemälde in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan sicher an oberer Stelle. Aber wie? Sie sind über 20 Meter vom Betrachter entfernt, so dass man kaum Einzelheiten erkennen kann. Da durchschnittlich um die 1900 Besucher pro Stunde durchgeschleust werden, darf man auch gar nicht lange genug verweilen, um das Kunstwerk gebührend bewundern zu können.

Das ist nun anders. In der Ausstellung Der andere Blick, die derzeit im Odysseum Köln zu sehen ist, sind wunderbare Reproduktionen der Werke aus nächster Nähe zu bestaunen. Darunter auch das Hinteraltarbild Das Jüngste Gericht. Ein gutes Leben lohnt sich, denn dann wird man von Engeln in den Himmel getragen, siehe links, nach bösen Taten wird man in die Hölle hinabgestoßen, siehe rechts. Und ganz unten gibt es auch noch das Fegefeuer, in dem die irgendwo dazwischen Liegenden gereinigt werden können und dann doch noch in den Himmel dürfen. Ist doch gar nicht so schlimm. Das liegt an der Sichtweise der Renaissance. Diese „Wiedergeburt“ war eine Rückbesinnung auf die Ideale der griechisch-römischen Antike, was auch eine gewisse Emanzipation von der allgegenwärtigen katholischen Kirche bedeutete.



Das Jüngste Gericht von Michelangelo ist wohl das berühmteste Altarbild der Welt / © Vatikanische Museen


Die Unentrinnbarkeit von der Ursünde wurde ersetzt durch ein Bild des Menschen als Ebenbild Gottes. Und so hat Michelangelo (1475-1564) auch gemalt: Der Mensch im Bewusstsein des ihm innewohnenden göttlichen Funkens.

Kuratiert vom Vatikan-Kenner Ingo Langner eröffnet sich dem Betrachter auf 1200 qm in der Tat ein anderer Blick. Gemalt sind die Freskenmotive auf Stoff, einem Gemisch aus Synthetik, Baumwolle und Gummi, was die Freskenoptik unterstützt. Eine große Auswahl der Wandgemälde wurde reproduziert und hängt fast auf Augenhöhe. Man kann David und Goliath genau erkennen, und Davids kleine Steinschleuder liegt so nah, dass man sie wahrnehmen und fast aufheben könnte. Viele biblische Gestalten werden hier zum Leben erweckt. Eine Bibel in Bildern sozusagen, denn 90 bis 95 Prozent der Bevölkerung war analphabetisch. Auch starke Frauen werden thematisiert - wie die schöne Judith, die den feindlichen Feldherrn Holofernes bezirzt, dem aber statt einer Liebesnacht der Tod durch Frauenhand widerfährt. Seine Armee flieht und das israelische Volk wird durch die tapfere Tat von Frauen gerettet.




Frauenpower aus der Bibel: Judith und ihre Gefährtinnen köpfen den Feldherrn Holofernes (der Kopf ist auf dem Tablett zu sehen) und retten damit ihre Stadt / © Vatikanische Museen


Das zentrale Deckenfresko liegt auf dem Boden und ist von einem Gerüst aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Und das ist der bemerkenswerteste andere Blick. Man muss nicht nach oben an die Decke, sondern nach unten schauen. Hier kann man Gott bei der Erschaffung der Welt zusehen und selbst entscheiden, ob an einer Stelle des Schöpfungsaktes der göttliche Popo zu sehen ist oder nur durchscheint.


Noch nie so nah gesehen. Das Deckenfresko mit der Schöpfungsgeschichte in der Sixtinischen Kapelle / © Vatikanische Museen


Das Odysseum versteht sich als Familienmuseum. Hier gab es schon die Harry-Potter-Ausstellungv[worüber wir berichteten]. Es gibt einen Audioguide für Erwachsene, der ungefähr 80 Minuten dauert und einen kostenlosen kürzeren Audioguide für Kinder. Beim Kinderquiz können die Kleinen schauen, was sie schon alles über Michelangelo wissen. Am Wochenende kann man Kunststudenten beim Freskenmalen zuschauen.

In Köln ist die Deutschlandpremiere der Ausstellung, genauer gesagt, die Weltpremiere. Da es ein Projekt dieser „anderen“ Art noch nicht gegeben hat, hoffen die Initiatoren, dass der „andere Blick“ von den Besuchern angenommen wird und dann noch in vielen anderen Städten gezeigt werden kann.


Helga Fitzner - 16. Juni 2016
ID 9385
Weitere Infos siehe auch: https://www.michelangelo-derandereblick.de/


Post an Helga Fitzner

EUROPÄISCHES JUDENTUM IM FILM

Unsere Neue Geschichte



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