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Filmkritik

Die Kunst der Manipulation



Bewertung:    



Der südkoreanische Regisseur Park Chan-wook hat sich durch teils extreme und brutale Filme einen Namen gemacht, und so verwundert es im ersten Drittel seines neuesten Werks Die Taschendiebin, dass es so zahm zugeht. Es beginnt als ein Ganoven-Thriller, bei dem ein Hochstapler als Graf Fujiwara (Ha Jung-woo) sich durch Heirat das Erbe der Lady Hideko (Kim Min-hee) ergaunern will. Damit das auch klappt, schleust er seine Komplizin Sookee (Kim Tae-ri) als Dienstmagd bei ihr ein, damit sie das Vertrauen ihrer einsamen Herrin gewinnen und seine Heiratspläne unterstützen kann. Sookee lebt sich schnell in den Haushalt und ihre Aufgabe ein, und Fujiwara scheint seinem Ziel näher zu rücken. Die Zukunft, die er für Hideko plant, ist keine schöne.

Der mittlere Teil des Films wird aus Hidekos Perspektive erzählt, und auch die täuscht und manipuliert, was das Zeug hält. Auf einmal erscheint die anfangs so überlegen wirkende Dienstmagd als naiv und dumm. Im letzten Drittel dürften dann die Fans von Park Chan-wook, der mit Filmen wie Old-Boy, für den er 2003 die Goldene Palme in Cannes erhielt, Durst, Stoker u. a. begeisterte, auf ihre Kosten kommen.



Vier Meister der Täuschung. Graf Fujiwara (Ha Jung-woo), Dienstmädchen Sookee (Kim Tae-ri), Lady Hideko (Kim Min-hee) und ihr Onkel Kouzuki (Cho Jin-woong) - Foto © Koch Films


Der Film basiert auf dem Buch Solange du lügst der walisischen Autorin Sarah Waters, das in der Viktorianischen Zeit in England angesiedelt ist. Chan-wook hat zusammen mit Chung Seokyung das Drehbuch verfasst und die Story in das Korea der 1930er Jahre verlegt. Die Ausstattung, die Kostüme, die Drehorte, die sorgfältig ausgeleuchteten Szenen, die Kameraführung... Man kann einfach nur schwärmen, denn es ist höchstes handwerkliches Niveau, das aber auch atmosphärisch stimmt. Mit Kim Min-hee als Lady Hideko hat Chan-wook auf eine der erfolgreichsten und bekanntesten Schauspielerinnen Südkoreas gesetzt, mit Kim Tae-ri als Dienstmagd Sookee auf eine Newcomerin, für die er sich nach langem Casting entschied. Ein Glücksgriff, wie sich herausstellte.

Hidekos Onkel Kouzuki (Cho Jin-woong) gibt sich als Gönner und Literaturmäzen aus, der die als Kind verwaiste Hideko vor Jahren bei sich aufnahm. In Wahrheit ist er aber ein sadistischer Perverser, der Hideko schon als Kind dazu zwang, pornografische Schriften laut vorzulesen und so vorzutragen, dass eine Riege von aristokratischen Männern sich daran delektieren konnte.



Kouzuki (Cho Jin-woong) zwingt seine Nichte Hideko (Kim Min-hee) pornografische Bücher zu lesen - Foto © Koch Films


Durch die Besuche des vermeintlichen Grafen gerät Bewegung in den ansonsten tristen Alltag von Hideko, und so wittert sie eine Möglichkeit, aus den Klauen ihres Onkels befreit zu werden. Doch ihr wird klar, dass sie sich von einer Abhängigkeit in die andere begeben würde. Korea befand sich in den 1930er Jahren unter japanischer Besatzung, was die patriarchalischen Strukturen und die Dominanz der Männergesellschaft noch verstärkt. Doch Hideko ist klug und geschickt und auf ihre fragile Art den Männern geistig keinesfalls unterlegen. Hideko und Sookee finden Beschäftigungsmöglichkeiten, für die sie keine Männer brauchen.



Außerplanmäßige Aktivitäten. Sookee (Kim Tae-ri) und Lady Hideko (Kim Min-hee) verfolgen ihre eigenen Leidenschaften - Foto © Koch Films


Der Film ist voll von Wendungen und Überraschungen, driftet teilweise ins Unglaubhafte ab, ist aber immer spannend, und man merkt ihm die Überlänge von 145 Minuten nicht wirklich an. Er enthält Gewalt von Männern als Gegenentwurf zu viel subtileren und gewandteren Methoden, mit der Frauen ihre Ziele verfolgen. Vor allem aber ist er ein betörender Augenschmaus.


Helga Fitzner - 1. Januar 2017
ID 9773

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