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Der neue Film mit Mads Mikkelsen in der Hauptrolle wurde in Skandinavien bereits als „nordischer Western“ gefeiert und mit Preisen geehrt. Aber King's Land ist vielfältiger als das, nämlich ein Mix aus mehreren Genres: ein Historienfilm, der im Jahr 1755 spielt, er mutiert später zur Rachetragödie, endet aber durchaus überraschend. Das Filmdrama basiert auf historischen Fakten: König Frederik V. von Dänemark will die Jütländer Heide urbar machen und besiedeln lassen, obwohl alle bisherigen Versuche gescheitert sind. Das Ödland erscheint unfruchtbar, beherbergt Wolfsrudel und einige aus der Gesellschaft Ausgestoßene, die sich zu einer Bande zusammengeschlossen haben. Der ehemalige Gärtner und illegitime Sohn eines Adeligen Ludvig Kahlen (Mads Mikkelsen) hat sich in 25 Jahren in der Armee zum Hauptmann hochgearbeitet, und ihm wird ein Adelstitel und ein Anwesen zugesagt, wenn ihm das Unmögliche gelingen sollte. Doch der Adelige Frederik De Schinkel (Simon Bennebjerg) bildet sich ein, einen Anspruch auf das Land zu haben und behindert Kahlen, wo er nur kann. Damit enden die historischen Fakten aber schon, von denen sich die Autorin der Romanvorlage, Ida Jessen, und das Drehbuch von Anders Thomas Jensen und dem Regisseur Nikolaj Arcel ziemlich weit entfernen, wodurch sie sich erzählerische Freiheiten erlauben konnten.

Als „Bastard“, so der dänische Titel, ist Kahlen es gewohnt, sich gegen Widerstände durchzusetzen, und das Glück ist ihm anfangs auch hold. Ein Ehepaar, das aus De Schinkels Diensten geflohen ist, hilft ihm, wie auch der junge Pfarrer Anton Eklund (Gustav Lindh). Als sich noch das etwa 10jährige Zigeunermädchen Anmai Mus (Melina Hagberg) bei ihnen einnistet, sind es fast familiäre Verhältnisse. Doch De Schinkel wird immer besessener und gewalttätiger, um Kahlen an seinem Vorhaben zu hindern. Auf seine Art ist Kahlen aber nicht weniger obsessiv. Er ordnet alles seiner Idee zur Urbarmachung des Bodens und seiner Hoffnung auf einen Adelstitel unter. Als einstiger Gärtner hat er in Deutschland von einem Gewächs gehört, das sehr genügsam ist und auf kargem Boden wachsen kann. Von diesem hat er ein paar Säcke als Saatgut mitgebracht, und er hütet die Kartoffeln wie seinen Augapfel. Als langjähriger Soldat kann er strategisch denken, und er bindet gegen Bezahlung die gefährliche Bande der Ausgestoßenen in die Arbeit mit ein, obwohl das streng verboten ist. Sie schaffen es einen Teil des Bodens für die Aussaat vorzubereiten, ziehen sich aber aufgrund der Drohungen und Gewalttätigkeiten De Schinkels wieder zurück.

Dann geschieht das Wunder. Kahlen kann die ersten Kartoffeln ernten und schickt eine Fuhre davon an den König. - Nach und nach verliert Kahlen alle seine Weggefährten, auch durch eigene Schuld. Er muss das personifizierte Böse in Form des blutrünstigen De Schinkels bekämpfen, und dieser Kampf geht um Leben und Tod. Dabei spielt seine ehemalige Verbündete Ann Barbara (Amanda Collin) eine Rolle, deren Mann Johannes Erikson (Morten Hee Anderson) von De Schinkel zu Tode gefoltert wurde. Sie hat Kahlen aufgrund seiner Besessenheit den Rücken gekehrt, und dieser hat inzwischen niemanden mehr, mit dem er sein Leben oder seinen erhofften Erfolg teilen könnte. Aber er macht einen existenziellen Entwicklungsprozess durch.

Regisseur Arcel hatte früher wohl auch den Tunnelblick Kahlens, der nur für seine Ambition lebt. Für Arcel hatte das Filmemachen früher Priorität, was sich aber durch die Geburt seines Sohnes änderte:


„Mit Hilfe des brillanten Romans von Ida Jessen wollten Anders Thomas Jensen und ich eine große, epische Geschichte darüber erzählen, wie unsere Ambitionen und Wünsche unweigerlich scheitern, wenn sie alles sind, was wir haben. Das Leben ist Chaos; schmerzhaft und hässlich, schön und außergewöhnlich, und wir sind oft hilflos, es zu kontrollieren.“


Kahlen kehrt nach 25 Jahren beim Militär allmählich in einen zivilen Alltag und Zustand zurück. Die Schmach der illegitimen Geburt lastet am Ende nicht mehr so schwer auf ihm; und durch ihren Verlust erkennt er, dass es die menschlichen Beziehungen sind, die zählen. Dann wird er von De Schinkel völlig widerrechtlich gefangen genommen...

*

Im wahren Leben adelt Mads Mikkelsen jeden Film, in dem er mitspielt, und immer wenn man denkt, nun hat er die Obergrenze seiner Meisterschaft der minimalistischen Schauspielkunst erreicht, wie in Der Rausch von 2020, und in Helden der Wahrscheinlichkeit von 2021 hat er sie beim nächsten Mal noch weiter verfeinert. Das trifft vor allem auf die anspruchsvollen dänischen Produktionen zu, wobei er auch im Mainstream auftaucht, wie in Indiana Jones und das Rad des Schicksals (2023).

Die Dänen sind recht eigenwillige Filmschaffende und sehr erfolgreich damit. Anders Thomas Jensen ist vor allem als Drehbuchautor anerkannt, führt aber gelegentlich Regie, wie in Helden der Wahrscheinlichkeit, an dem wiederum Nikolaj Arcel als Ideengeber und Co-Autor involviert war. Mit Mads Mikkelsen landete Arcel im Jahr 2012 einen großen Erfolg mit Der Leibarzt und die Königin. Die Zusammenarbeit der Dänen ist fruchtbar. Mikkelsen hätte ein Hollywood-Star werden können, lebt aber nach wie vor mit seiner Familie in Kopenhagen. Die Verbundenheit mit den dänischen Filmemachern hat sich über viele Jahre entwickelt, und so können sie ihm die Rollen auf den Leib schreiben, die dadurch eine Dichte und Intensität erfahren, die seine Darbietungen einfach einzigartig und großartig machen. Wenn dann noch das Team vor und hinter der Kamera stimmt, erwähnt sei noch der Kameramann Rasmus Videbæk, entsteht ein cineastisches Bravourstück.



Ludvig Kahlen (Mads Mikkelsen) ist in die Gewalt von Frederik De Schinkel (Simon Bennebjerg) geraten und wird gefoltert | © Henrik Ohsten, Zentropa

Helga Fitzner - 5. Juni 2024
ID 14784
http://www.mm-filmpresse.de


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