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Doppel-Filmkritik

Königsmacherinnen

Zwei Filme über starke Frauen



Der Film Colette unter der Regie von Wash Westmoreland basiert auf der wahren Geschichte eines Mädchens aus der französischen Provinz, Gabrielle-Sidonie Colette (1873-1954), die einen alten Lebemann heiratete und sich zu einer bedeutenden Schriftstellerin entwickelte. Keira Knightly spielt sie mit Esprit, Dominic West als ihr Ehemann Henry Gauthier-Villars kann der Rolle dagegen nur wenig Profil verleihen, möglicherweise, weil der unter dem Pseudonym „Willy“ schreibende Salonlöwe gar nicht so viel Profil hatte. Mit seinen Schreibereien steht er öfters kurz vor dem Bankrott, bis er eines Tages seine Frau schreiben lässt. Die trifft gleich mit ihrem ersten Roman über die Landpomeranze Claudine, die im Paris um die Jahrhundertwende, der Belle Époque, auf eine ziemlich dekadente Gesellschaft trifft, einen Nerv der Zeit. Der Roman ist für eine junge, weibliche Leserschaft geschrieben, die literarisch gesehen, bislang eine Randgruppe gebildet hatte. Da Colette keine Lust zum weiteren Schreiben hat, sperrt ihr Mann sie ein, „Claudine“ geht in Serie und alle möglichen Produkte, wie Seife mit dem Claudine-Logo, werden zu einem Erfolg. Henry hat eine Marketingstrategie ersonnen, die bis heute gültig ist. Auch den Typus des Mannes, dem das Geld durch verschwenderischen Lebensstil genauso schnell wieder durch die Finger rinnt, wie er es verdient/verdienen lässt, gibt es immer wieder. Natürlich verhindert er es, dass seine Frau als Urheberin der Bücher in Erscheinung tritt und sonnt sich in deren Glanz.



Keira Knightly (re.) als Colette | (C) Mars Films


Colette erfährt von den Liebschaften ihres Mannes, doch nach anfänglichem Schock entscheidet sie sich, bei ihm zu bleiben. Denn unter dem Deckmäntelchen der Ehe kann sie selber außereheliche Beziehungen pflegen, darunter auch die mit einer Frau. Ihre Freundschaft mit Mathilde de Morny, genannt Missy (Denise Gough) führt Colette endlich in die Unabhängigkeit. Missy läuft in Männerkleidung herum, hat intimen Verkehr mit Frauen und schert sich herzlich wenig um Konventionen. Colette geht nun ihrer wahren Passion, dem Theaterspielen, nach und... Jetzt würde es spannend werden, aber an der Stelle endet der Film, der insgesamt zu steif und zu „unfranzösisch“ inszeniert ist. Hier hätte man in Sachen Sexualität durchaus mehr Lust, Leidenschaft und Sinnlichkeit erwarten können.


Bewertung:    



Ungleich spannender, obwohl, oberflächlich betrachtet wesentlich ereignisloser, ist der Film Die Frau des Nobelpreisträgers, den der schwedische Regisseur Björn L. Runge auf die Leinwand zauberte. Glenn Close spielt darin Joan Castleman, die Frau eines hochkarätigen Schriftstellers, der gerade den Nobelpreis gewonnen hat.



Joan (Glenn Close) steht im Schatten ihres Ehemannes Joe Castleman (Jonathan Pryce) | © SquareOne Entertainment GmbH


Sie hat sich jahrzehntelang aufgeopfert, um den Ruhm ihres Mannes möglich zu machen. Doch Joe Castleman (Jonathan Pryce) dankt es ihr mit Affären und Unselbständigkeit. Wie einem Kind muss sie ihm seine Sachen hinterher räumen und ihn fast betreuen. In Rückblenden wird erzählt, wie sie sich als junge Studentin in ihn verliebte, der bereits als vielversprechender Schriftsteller galt. Da es für Frauen ihrer Generation unheimlich schwer war, in der von Männern dominierten Branche Fuß zu fassen, legte sie ihre eigenen Ambitionen als Autorin auf Eis. Sie machte es sich zu ihrer Lebensaufgabe, ein Umfeld zu schaffen, in dem ihr Mann groß und berühmt werden konnte. In Stockholm wird Joe entsprechend hofiert, und Joan ist nur schmückendes Beiwerk. Das stößt ihr und ihrem erwachsenen Sohn (Max Irons) auf, aber dem ganzen Hype um ihren Mann kann sich keiner entziehen. Bei dem Gala-Diner darf sie als Joes Ehefrau neben dem König sitzen, und der fragt sie nach ihrer Profession. „Ich bin Königsmacherin“, antwortet sie. „Das hätte meine Frau auch geantwortet“, meint der König. Das wunderbare Drehbuch schrieb Jane Andersen nach dem Roman Die Ehefrau von Meg Wolitzer.

*

Anders als bei Colette stimmt die „unstimmige“ Chemie zwischen Close und Pryce, deren Beziehung immer mehr Risse bekommt. Pryce gelingt es trotz der Defizite seiner Figur charmant herüberzukommen, doch es lugt hinter dem aufgesetzten selbstbewussten Gebaren eine tiefe Verunsicherung hervor und ein großes Bedürfnis nach Anerkennung. Close brilliert darin, Joans innere Befindlichkeit in zahlreichen Nahaufnahmen darzustellen: Von beiden grandios gespielt und von Max Irons als enttäuschtem Sohn wunderbar gespiegelt.

Die beiden Königsmacherinnen könnten unterschiedlicher nicht sein. Die historische Colette mauserte sich zu einer bedeutenden Schriftstellerin und Künstlerin und war die erste Frau, der in Frankreich ein Staatsbegräbnis zuteil wurde. (Die fiktive) Joan Castleman dagegen hat es nie versucht, aus dem Schatten ihres Mannes zu treten. Doch wenn man die Laudatio für den Nobelpreis hört, hat er durch seine Kunst ein bedeutsames Werk für die Menschheit geschaffen. Das letzte Wort scheint aber noch nicht gesprochen zu sein...


Bewertung:    


Helga Fitzner - 2. Januar 2019
ID 11126
https://dcmworld.com/portfolio/colette/
https://squareone-entertainment.com/dfdn/


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