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Ein Sommernachtstraum am Theater Bonn | Foto © Thilo Beu

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Die kurze Mittsommer- oder Johannisnacht Ende Juni inspirierte viele Menschen zu allerlei Erzählungen und Feierlichkeiten. Lange wurde geglaubt, die Natur sei zur Sommersonnenwende von magischen Wesen wie Elfen und Trollen bevölkert. Denn zu dieser Zeit werden die Nächte nicht nur in skandinavischen Ländern oder im Baltikum kaum dunkel, da die Sonne hier nicht ganz untergeht. William Shakespeares wohl bekannteste Komödie Ein Sommernachtstraum spielt in und um ebendiese Nacht. Vielleicht also ein gewagtes und verwegenes Unterfangen von Jens Groß, Schauspieldirektor am Theater Bonn, ausgerechnet im Winter die bekannte Komödie auf den Spielplan zu setzen.

Die am Bonner Schauspiel auch instrumental stimmungsvoll (Live-Musik: Karsten Süßmilch und Henning Nierstenhöfer) unterlegten Liebeswirrungen werden in einer frühen Übersetzung des Romantikers August Wilhelm Schlegel aufgeführt. Regisseurin Corinna von Rad setzt eine kindgerechte Perspektive auf das Drama um. Sie kürzte geschickt zwei Handlungsstränge der Vorlage, indem sie diese in die beiden übrigbleibenden Storylines integrierte. Die wichtigsten Figuren rücken so mehr ins Zentrum, da andere, weniger interessante Figuren wegfallen (Theseus, Hippolyta, Egeus, Philostrat u.a.).

Im Zentrum des turbulenten Verwirrspiels um die Liebe stehen mehrere Pärchen. Die jungen Liebenden Hermia und Lysander flohen aus Athen in den Wald, weil zuhause Hermia die Verheiratung mit Demetrius droht. Demetrius folgte den beiden, wird selbst jedoch von Helena gesucht, die ihn liebt. Ganz eingenommen von den eigenen heftigen Gefühlen, Wünschen und Träumen, nehmen die jungen Liebenden das rauschhafte Eigenleben der Bewohner des Waldes kaum wahr. Mehrfach schlagen ihnen Feen und Kobolde ein Schnippchen in dieser Nacht, in der nichts ist, wie es scheint. Eingebunden in die allgemeine Liebeswirrnis ist auch das Elfenkönigspaar Titania und Oberon, die im Widerstreit um eine mögliche Vermählung liegen.

Ralf Käselaus Drehbühne, eine kunstvoll mit verschiedenen Ebenen ausgestatte Holzkonstruktion, erinnert kreisförmig an Shakespeares elisabethanisches Globe Theatre. Mal zeigt sie Titanias Elfenreich als abweisende Wand, in der sich plötzlich Türen und Ebenen öffnen und ebenso schnell wieder schließen. Dann stellt die Bühne den Wald dar, durch den die Liebenden irren. Später proben die Elfendiener Titanias hier ein Stück im Stück, nämlich die höchst klägliche Komödie und den höchst grausamen Tod des Pyramus und der Thisbe. Gegen Ende zeigt sich im Bühnenhintergrund ein kunstvoll farbig mit Symbolen und Sternzeichen übersäter Himmel. Insbesondere für die Elfen hat Sabine Blickenstorfer detailreiche, anrührende und höchst sehenswerte Kostüme besorgt.

Alois Reinhardt spielt sehr agil und omnipräsent einen verschmitzten und närrischen Puck, der die Verwirrung der Menschen- und Elfenpaare mit viel Lust herausfordert. Für mindestens ebenso viel Lacher sorgt der sinnenfroh überzogen präsente Christoph Gummert in der Rolle des Elfen Bohnenstange. Mit Eselskopf versehen, wird er neckisch ohne eigenes Zutun zum Lustobjekt der verzauberten Elfenkönigin Titania (schillernd und fordernd: Ursula Grossenbacher). Kein Wunder, dass Puck und Bohnenstange in dieser allzu köstlichen Inszenierung schließlich wohlverdient zueinanderfinden. Bei den menschlichen Liebenden stechen Gustav Schmidt als zum Wechsel seiner Liebessehnsüchte gedrängter Lysander und Sandrine Zenner als rücksichtlos ihr Begehr verfolgende, sich dabei bedingungslos unterordnende und bald gleich von mehreren Werbern verfolgte Helena mit eindrücklichen Performances hervor. Auch die ausdrucksstarke Leistung von Birte Schrein im insgesamt stark besetzten Ensemble sei erwähnt. Sie trägt als Senfsamen mit Knollnase und verspielter Gestik, Mimik und Aussprache die drollige Atmosphäre und reizvolle Spannung des Stückes zugkräftig mit.

Insgesamt überzeugt die auf rund zwei Stunden mit einer längeren Pause gestraffte, bewegende und komische Adaptation der gebürtigen New Yorker Regisseurin auch durch liebevoll umgesetzte Slapstick-Szenen, wohingegen der subtile Wortwitz Shakespeares hin und wieder etwas zu sehr gekappt wurde. Kaum derbe und stets recht keusch möchte die Komödie insbesondere auch beim jüngeren Publikum Anklang finden. Es wird zu allerlei vormittäglichen Schulvorstellungen eingeladen. So sei diese Besprechung nun auch zu guter Letzt mit einem Satz aus Shakespeares Stück in einer Übersetzung Schlegels beendet: „Wann Lieb' und Einfalt sich zu reden nicht erdreisten, dann, dünkt mich, sagen sie im Wenigsten am meisten.“



Ein Sommernachtstraum am Theater Bonn | Foto © Thilo Beu

Ansgar Skoda - 28. November 2018
ID 11070
EIN SOMMERNACHTSTRAUM (Schauspielhaus, 25.11.2018)
Inszenierung: Corinna von Rad
Bühne: Ralf Käselau
Kostüme: Sabine Blickenstorfer
Licht: Markus Haupt
Dramaturgie: Nadja Groß
Besetzung
Titania … Ursula Grossenbacher
Oberon … Sören Wunderlich
Puck … Alois Reinhardt
Hermia … Annina Euling
Helena … Sandrine Zenner
Lysander … Gustav Schmidt
Demetrius … Timo Kählert
Bohnenstange / Zettel … Christoph Gummert
Spinnweb / Squenz … Wilhelm Eilers
Senfsamen/Flaut … Birte Schrein
Motte/Schnock … Lukas Metzinger
Musiker … Karsten Süßmilch und Henning Nierstenhöfer
Premiere am Theater Bonn: 17. November 2018
Weitere Termine: 02.-04., 09., 11., 12., 16.-18., 23., 26., 30.12.2018 // 06., 27.01.2019


Weitere Infos siehe auch: http://www.theater-bonn.de


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