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Rosinenpicken (313)

Siegfried, Faust und Woyzeck und so manches mehr



Bewertung:    



Im Mai d.J. sahen wir in den Sophiensaelen Abendliche Tänze Christoph Winklers - nun hat er ein Solo für seinen Kollegen Ahmed Soura [Christoph Schlingensief "entdeckte" ihn seinerzeit in Burkina Faso, wo Soura auch herstammt] konzipiert, es ist mit Hauptrolle betitelt...

"Die Hauptrolle gehört zu den Heiligtümern der deutschen Bühnenkultur, ist Traum aller Darsteller und ihre Besetzung die vornehmste Aufgabe von Dramaturgie und Regie. Was aber, wenn Hautfarbe und Herkunft nicht zur großen Aufgabe zu passen scheinen?

Der in Bonn geborene Schauspieler Murali Perumal, schrieb Ende letzten Jahres einen offenen Brief, um seine Erfahrungen als 'farbiger' Darsteller an deutschen Stadttheatern darzustellen. Dies geschah im Rahmen einer größeren Debatte an den Münchener Kammerspielen über die mangelnde Sichtbarkeit von Darstellern mit Migrationshintergrund und die Schwierigkeiten, die offensichtlich einige Dramaturgen bei der Besetzung von Hauptrollen mit dunkelhäutigen Darstellern haben. Die Stücke über die in dieser Diskussion gesprochen wurde, gehören zum Kanon der sogenannten Hochkultur. Dem außen stehenden Beobachter dieser Debatte stellen sich dabei zwei Fragen: Was macht es ästhetisch so schwierig einen schwarzen Faust oder türkischstämmigen Woyzeck zu sehen und aus der anderen Perspektive: Warum sollten diese Figuren für migrantische Darsteller überhaupt von Interesse sein?"
(Quelle: Ballhaus Ost)

Und ausgerechnet dieser Frage wollte Winkler nachgehen und hätte also Soura eingeladen, "sich mit einigen Theaterfiguren der deutschen Hochkultur auseinanderzusetzen".

*

So gibt es - nacheinander - solchartige Hauptrollen wie beispielsweise Wagners Siegfried, Goethes Faust und Büchners Woyzeck, die - auch nacheinander - kurz benannt, thematisch "angereizt" und tänzerisch im guten wie im schlechten Sinne aufgreifend "verarbeitet" zu haben Ahmed Souras Aufgabe gewesen war - - das machte er dann auch, auf seine Art und Weise, ziemlich gut.

Es ist ja völlig müßig sich den Kopf darüber zu zerbrechen, weshalb die oder der Eine eine Hauptrolle auf dem Theater (ja und nicht nur da) bekommt. Am seltensten entscheiden da Talent und Können - jeder halbwegs gut oder womöglich etwas besser ausgebildete Schauspieler dürfte es, ganz allgemein gesprochen, wert sein, dass er letztlich irgendwann mal eine Hauptrolle erhält - ; mehr sind es dann Bekanntheits- und Beziehungskomponenten, die zu den Entscheidungen (pro oder contra) führen, auch, vermuten wir, wer dann mit wem mal (freiwillig oder "nur aus Kalkül") ins Bett gestiegen war; Macht-/Ohnmachtsspiele also, fast so grausam wie im wahren Leben... Doch auch kleine resp. nicht so große sog. Hauptrollen könn(t)en selbstredend zur gesockelten Veredelung "vernachlässigter" Mimen führen.

Winkler/Soura wollten aber eigentlich die Sache auf 'nen völlig andern Punkt gebracht wissen - sie fragten nämlich, gleich am Anfang dieses Tanz- und Sprechstücks, warum bloß so wenig schwarzhäutige Schauspieler auf deutschen Bühnen zu erleben wären oder so - - die Antwort (eine logisch-einfache im Übrigen) könnte tatsächlich sein, dass halt dann hier, also im deutschsprachigen Raum, prozentual halt etwas mehr weißhäutig ausschauende Konkurrenz vorhanden ist als anderswo auf dem Planeten. Müßig so auch diese Frage.

Hauptrolle ist vorzüglich in den Momenten spannend und auch anrührend, wo Ahmed Soura über sich und sein privates Leben, seine künstlerische Fortentwicklung (seit Verlust seiner Familie: seiner beiden Zwillingsschwestern, seines kleinen Bruders, seiner Stiefmutter und seines Vaters) was erzählt.

Er sagt dann u.a.: "Ich bin nicht Hamlet, und ich spiele keine Rolle mehr..."

Und zieht zum Schluss ein Büchlein vor, woraus er ein paar kluge Anti-Sätze zum Theater heutzutage herzitiert à la Theater träte auf der Stelle. [Das zu tun hatte ihm Christoph Winkler, als Final-Fanal, noch aufgebrummt.]



Ahmed Soura in Hauptrolle - Foto (C) Heiko Marquardt/frischefotos

Andre Sokolowski - 27. September 2014
ID 8125
HAUPTROLLE (Ballhaus Ost, 26.09.2014)
Von und mit Ahmed Soura
Konzept: Christoph Winkler
Dramaturgische Assistenz: Agathe Chion
Technik: André Schulz
Premiere war am 25. September 2014
Weitere Termine: 27. + 28. 9. 2014
Eine Produktion von Christoph Winkler und Ehrliche Arbeit - Freies Kulturbüro Kommunikation K3 Berlin, in Kooperation mit dem Ballhaus Ost


Weitere Infos siehe auch: http://www.ballhausost.de


Post an Andre Sokolowski

http://www.andre-sokolowski.de

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