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Duisburger Theatertreffen 2014

23. März 2014 - Gastspiel des Deutschen Theaters Berlin

DAS HIMBEERREICH

von Andreas Veiel



Auf der Bühne alles Männer, mittelalt bis alt, Alphatiere – und unter ihnen ein Frau, die härteste von allen. Aber auch ihre Karriere endet in der Abstellkammer der Bank, irgendwo im Keller, wo den Damen und Herren des früheren Vorstands ein paar Privilegien belassen werden, für die sie aber nicht mehr arbeiten müssen. Sie sind kaltgestellt, heruntergeschmissen vom sich immer schneller drehenden Karussell aus Profit, Macht und Ehrgeiz. Oder verdächtig geworden aufgrund eines plötzlichen Gewissensbisses bei einem Geschäft der Bank. Banker sind nämlich gänzlich skrupellos und gehen bei der politischen Elite ein und aus.

Es ist nicht so, als ob man das nicht schon alles wüsste. Auch die Zahlenkolonnen, wie viel Geld jedes Bundesbürgers dafür verwendet wird, die Geschäfte der Banken abzusichern, sind nicht neu. Dass sich darüber niemand empört, ist in der Tat verwunderlich, wie der von Ulrich Matthes' dargestellte Banker Gottfried W. Kastein bemerkt (und stimmt so auch nur bedingt, man denke an die Occupy-Bewegung). Regisseur und Autor Andreas Veiel hat über ein Jahr lang in der Welt der Banken recherchiert und mit zahlreichen Menschen gesprochen, die in hohen Positionen in dieser Branche tätig waren oder es noch sind. Das umfangreiche Textmaterial wurde verdichtet und sechs Figuren zugeordnet. Herausgekommen ist viel Authentisches, Wahres, Empörendes und zugleich Verwirrendes. Der Bankersprech strotzt vor Anglizismen, und es ist fraglich, ob das nicht alles längst zur Hülle ohne Inhalt geworden ist, ein sprachliches Blendwerk – wie auch die Produkte selbst, in die investiert wurde.

Die Darsteller machen ihre Sache gut, vor allem Ulrich Matthes weiß als Mahner in der Krise von Anfang an zu überzeugen, ebenso wie Susanne-Marie Wrage als kühle Karrierefrau. Da kann man sich als Frau den einen oder anderen wohlgemeinten Ratgeber zum Thema Frauen und Karriere gleich sparen und sich ansehen, wie sie mit den Männern umspringt. Sebastian Kowski gibt den extrovertierten Banker Niki Modersohn im fliederfarbenen Hemd mit gleichfarbiger Krawatte, dem aber immer ein bisschen zum großen Erfolg fehlt. Eher durchschnittliches Fußvolk eben, trotz Hemdfarbe. Und am Ende wie alle anderen verzichtbar. Hohe Tiere sind da schon eher Joachim Bißmeiers Walter K. von Hirschstein und Manfred Andraes Bertram Ansberger – graue Eminenzen, Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats der Bank. Aber als es darum ging, Deals zu verhindern, machen sie eine traurige Figur. Bedenkenträger sind sie sicherlich, aber eher in Sachen Risikofreude als in Sachen Moral.

Die einzige Figur aus dem normalen Leben ist der Fahrer der Bosse. Jürgen Huth hat mehr Energie und Dynamik als seine Vorgesetzten, die – zumindest am Ende – schlaff in den Seilen hängen und ihre Degradierung passiv hinnehmen. Er dagegen tut seinen Job aus Überzeugung, liebt das Autofahren und ist ein steter Quell des Wissens. Mit seiner leicht nervig-penetranten Art zumindest eine lebendige Figur.

Eines zeigt Das Himbeerreich [KULTURA-EXTRA berichtete bereits über die 2013er gemeinsame Uraufführung am DT Berlin; a.so.] deutlich: Investmentbanking und Konsorten taugt nur bedingt zum Bühnenstoff. Zu spröde sind die Zahlenwerke und die Beteiligten im Maßanzug oder ‑kostümchen. Dazwischen schneidet Veiel eingesprochene Texte aus anderen Lebenssituationen, von einer männlichen Stimme gesprochen, leicht verzerrt wie bei einem Drohanruf. Mal geht es um Nachkriegserlebnisse, mal um Schlägereien. Die Zielrichtung bleibt unklar und als Kontrastfolie zum Bankermilieu taugt es nur bedingt. Und so betreiben Veiel und sein Team viel Mühe, der letztlich leider verpufft.


Bewertung:    
Karoline Bendig - 29. März 2014
ID 7712
DAS HIMBEERREICH (Theater Duisburg, 23.03.2014)
Regie: Andreas Veiel
Bühne: Julia Kaschlinski
Kostüme: Michaela Barth
Dramaturgie: Ulrich Beck und Jörg Bochow
Mit: Susanne-Marie Wrage (Dr. Brigitte Manzinger), Ulrich Matthes (Gottfried W. Kastein), Joachim Bißmeier (Dr. D. h.c. Walter K. von Hirschstein), Manfred Andrae (Bertram Ansberger), Sebastian Kowski (Niki Modersohn) und Jürgen Huth (Hans Helmut Hinz)
Uraufführung am Schauspiel Stuttgart war am 11. Januar 2013
Berliner Premiere: 16. 1. 2013
Gastspiel des Deutschen Theaters Berlin beim Duisburger Theatertreffen 2014


Weitere Infos siehe auch: http://www.deutschestheater.de


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