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Repertoire

Der Beweis, dass ein Stück keine Modernisierung und Kürzung braucht, um zu funktionieren



(C) Thalia Theater Hamburg

Bewertung:    



Edmond Rostands Cyrano de Bergerac ist ein Klassiker. Wie die Inszenierung von Leander Haußmann am Thalia Theater in Hamburg eindrucksvoll belegt, funktioniert er noch immer – und das sogar dann, wenn man den Text in beinahe originaler Form und Länge belässt. Den Zuschauer erwartet ein Bilderfeuerwerk – dezent modernisiert, aber in historischen Kostümen mit einem großartigen Jens Harzer als Cyrano de Bergerac.

Für „Uneingeweihte“ in aller Kürze – darum geht es in dem Stück: Cyrano de Bergerac, ein kluger, wortgewandter, allerdings auch ausnehmend hässlicher Mann, liebt seine Cousine Roxane, die davon allerdings nichts weiß. Sie ihrerseits liebt den schönen und gutherzigen Christian de Neuvillette, der allerdings intellektuell eher spärlich ausgestattet ist. Um Roxane glücklich zu machen, wird Cyrano zum Sprachrohr Christians, so dass die Schönheit des Einen sich mit dem Intellekt des Anderen paart – die Rechnung geht auf, Christian und Roxane heiraten. Christian fällt im Krieg; und erst 15 Jahre später erfährt Roxane die Wahrheit als, wie die das Schicksal so spielt, nun auch Cyrano im Sterben liegt.

Das Stück beginnt mit einer Szene im Ballsaal des Hôtel de Bourgogne, in dem ein Theaterstück gegeben werden soll. Dass den Hintergrund des Bühnenbildes hier eine Projektion des Thalia Theater-Saals bildet, ist der Auftakt zu einem großartigen Spiel mit Bildern durch das ganze Stück hindurch. Durchgängig präsent ist ein stilisierter Baum aus Metall, der Leben und Vergehen symbolisiert. Letztlich ist Rostands „Cyrano“ eine „rom com“ aus dem 19. Jahrhundert. Und auch dies nutzt Haußmann in seiner Inzenierung, um tolle Bilder zu kreieren und mit Stereotypen zu spielen – beispielsweise, wenn Christian und Roxane einen Moment umschlungen vor der Kulisse des Baumes in der Nacht stehen, ein Bild, das klar an das Cover eines Groschenheftes erinnert.

Bühnenbild (Theresia Anna Ficus), Kostüme (Janina Brinkmann), Licht (Paulus Vogt), Ton und Videoinstallation greifen in dieser Inszenierung überall wunderbar ineinander und schaffen so eine einzigartige Kulisse für diese Mantel-Degen-Komödie, die zugleich historisch und modern, tiefsinnig, aber auch verspielt und humorvoll ist.

Ein Übriges tut die beeindruckende Fechtchoreographie (Klaus Figge). Dass man Fechtszenen auf der Bühne sieht, ist heute wahrlich eine Seltenheit geworden – und erst recht solche, die man um ihrer Kunstfertigkeit willen gerne sieht und mit Fug und Recht „schön“ nennen darf. Um so mehr sieht man davon am Anfang der Cyrano-Inszenierung am Thalia Theater. Und tatsächlich: Man sieht es (immer noch) gerne!

Was die schauspielerische Leistung anbelangt, gibt es hier wahrlich nichts zu beklagen; dennoch: Jens Harzers glänzender Cyrano stellt dank seiner Präsenz und charakterlichen Authentizität alles andere in den Schatten. Und Marina Galic spielt die Roxane wunderbar kühl, und dennoch voller Tiefsinn.

Weil zum Schluss doch auch noch ein wenig gemeckert werden muss: Es ist zwar schön, ein Drama mal in (fast) voller Länge zu erleben; und Jens Harzer meistert die endlosen selbstbezogenen Monologe des Cyrano meisterhaft. Allerdings kommt da auch manchmal etwas Langeweile auf, und man wünschte sich, der Schwätzer würde endlich einmal ein Ende finden. Zugleich darf man dies vielleicht nicht allzu negativ bewerten: Schließlich zeigt dies vielleicht auch gerade eine Facette wortgewandter Menschen mit reichem Innenleben: Dass sie manchmal allzu viel schwätzen und ihre Umwelt damit auch ein wenig nerven können…

Fazit: Eine wirklich gelungene Inszenierung, die man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte!
Ann-Kristin Iwersen - 24. März 2017
ID 9933
CYRANO DE BERGERAC (Thalia Theater Hamburg, 19.03.2017)
Regie: Leander Haußmann
Bühnenbild: Theresia Anna Ficus
Kostüme: Janina Brinkmann
Dramaturgie: Matthias Günther
Fechtchoreografie: Klaus Figge
Video: Jakob Klaffs und Hugo Reis
Mit: Jens Harzer, Marina Galic, Sebastian Zimmler, Rafael Stachowiak, Wolf-Dietrich Sprenger, Tim Porath, Steffen Siegmund, Pascal Houdus und Marina Wandruszka
Premiere war am 18. März 2017
Weitere Termine: 28.03. / 01., 02., 07., 15.04.2017


Weitere Infos siehe auch: http://www.thalia-theater.de


Post an Dr. Ann-Kristin Iwersen



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