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nachDRUCK # 6

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Premierenkritik

"Bis zum Äußersten gehn, dann wird Lachen entstehen." (Samuel Beckett)



(C) Thalia Theater Hamburg

Bewertung:    



Eine wunderbar-köstliche und kurzweilige Fassung von Warten auf Godot. Man darf sein Leben nicht verpassen - und nicht dieses Stück hier im Thalia Theater! Doch Vorsicht: es ist kein klassisch-bürgerliches Stück.

Auf der Bühne von Stéphane Laimé eine Menge Industriepaletten; man könnte sie zählen, während man so auf den Beginn wartet. Mit dem Warten ist man auch nicht allein, es sitzt schon jemand auf der Bühne. Doch immer langsam, selbst wenn es eine Ewigkeit dauert. Und keine Nachlässigkeit in den kleinen Dingen. Es fängt gleich an. Einer der beiden Hauptakteure lässt schon mal die Hose runter. Ein Schwanz muss an die frische Luft.

Wie man weiß, hat der irische Autor Samuel Beckett schon 1948 dieses Stück geschrieben, und 1953 wurde es uraufgeführt. Jetzt und hier (in der Regie von Stefan Pucher) kommt es ganz neu, sehr modern und unheimlich komisch...

Jeden Abend treffen sich die Landstreicher Wladimir (Jens Harzer) und Estragon (Jörg Pohl). Sie haben eine Verabredung mit Godot.
Doch wer kommt stattdessen? Pozzo (Oliver Mallison) und sein Knecht Lucky (Mirco Kreibich) in einer wirklich gruseligen Aufmachung, erbärmlich und gar nicht lucky. Oder doch? Diese Person bleibt undurchschaubar, obwohl sie zwischendurch in Feinripp-Unterwäsche Wichtiges rezitiert. Es gibt noch Schauspieler, die sich für uns erniedrigen und uns lieb haben.

Warten sie jetzt auf Godot, auf Gott oder auf die Erlösung? Ist es die Erlösung von den Erinnerungen oder von der Langeweile? Wir können auf jeden Fall nicht gehen. Das Stück dauert. Und wir haben doch Zeit, besonders in dieser Zeit. Ist ja auch ein reizender Abend. Alle Plätze belegt. Und noch ist nichts vorbei, es fängt ja jetzt erst an!

Ich frage Sie, verehre/r Leser/in: Haben auch Sie Sehnsucht nach der Vergangenheit, wo alles doch schon bekannt ist und man keine Angst vor dem Neuen haben muss? Und was ist Erinnerung? Ist es nicht nur subjektive Einbildungskraft und Mythos? So wird unsere Zukunft nichts anderes sein als eine unkontrollierte Beschwörung alter Gewohnheiten.

Und während wir so wiederholte Male auf Godot warten, ist der Schmerz des einen die Macht des anderen. Aus Angst wird Anpassung, die ist wenigstens vertraut und bequem. Doch wo ist das Glück? Irgendwann wagt man schon nicht mehr zu lachen. Da ist ein Konflikt zwischen Innen und Außen. Was nur ist der Sinn des Lebens? Bin ich Ich? Im Grunde bin ich namenlos.

Da taucht ein Junge auf mit der Nachricht, Godot würde erst morgen kommen. Also, weiter warten.

So ist die Zeit vergangen. Aber die wäre auch sowieso vergangen.

"Lass uns mal für einen Moment still sein." - Man möchte am Liebsten all die guten Dialoge wiederholen. "Existieren wir? Haben wir was vor?" "Wir sind zu früh gekommen!"

Da lohnt es sich doch zu warten. Und wie die Zeit vergeht, wenn man sich amüsiert.

Lassen Sie also keine Gelegenheit ungenutzt. Theater ist eine wunderbare Kunstform. Verpassen Sie nicht diesen Abend! Sie haben keine Wahl. Seien Sie also großzügig mit Ihrer Zeit. Und kommen Sie nicht zu spät.

Hier wird die Hölle in den Himmel geschossen.
Liane Kampeter - 3. März 2016
ID 9179
WARTEN AUF GODOT (Thalia Theater Hamburg, 27.02.2016)
Regie: Stefan Pucher
Bühne: Stéphane Laimé
Kostüme: Tabea Braun
Musik: Christopher Uhe
Video: Meika Dresenkamp
Licht: Christiane Petschat
Tonmeister: Hans Clasen, Nourdin Ghanem
Dramaturgie: Susanne Meister
Mit: Jens Harzer (Wladimir), Mirco Kreibich (Lucky), Oliver Mallison (Pozzo) und Jörg Pohl (Estragon) sowie David Goya Brunnert, Nikita Lysko, Paul Zeschky und David Hofner (Ein Junge)
Premiere war am 27. Februar 2016
Weitere Termine: 5., 6., 18. 3. / 21., 30. 4. / 13., 24., 30. 5. / 8., 19. 6. / 3. 7. 2016


Weitere Infos siehe auch: http://www.thalia-theater.de


Post an Liane Kampeter

http://www.liane-kampeter.de



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