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Premierenkritik

Wajdi Mouawad bringt Seuls ans Théâtre National de la Colline



Bildquelle: colline.fr

Bewertung:    



Ein fast nackter Mann kommt auf die Bühne und durchbricht die vierte Wand. Es ist Wajdi Mouawad, geboren 1968 in Beirut, neuer Direktor des Théâtre National de la Colline. Es sind Danksagungen an seine Schwester und hauptsächlich an Robert Lepage, Quebecer Urgestein des Theaters. Er sagt, es wäre gelogen, wenn er behaupten würde, besessen vom Theater zu sein. Der Zuschauer weiß nicht, ob dieser zehnminütige Anfang von ihm selbst kommt oder Teil der Inszenierung ist.

Wie der Titel sagt, ist er Seuls, alleine auf der Bühne. Im Plural, weil man körperlich und geistig an verschiedenen Orten alleine sein kann. Harwan, gespielt von Mouawad selbst, schreibt an seiner Doktorarbeit über die Soziologie der Fantasie. Das Bühnenbild, sein Zimmer, ist karg. Ein altes Krankhausbett, ein Drehschreibentelefon, ein Laptop auf dem Boden und ein bisschen Gerümpel begleiten seine Verzweiflung, nicht rechtzeitig mit seiner wissenschaftlichen Arbeit fertig zu werden. Telefonate mit Universitätskollegen und seinem Vater verdeutlichen schon zu Beginn, dass Harwan unter der Flucht der Familie vor Krieg aus dem Libanon nach Quebec leidet. Immer wieder verwendete Mouawad verschiedene Sprachen und Akzente, Quebecer Französisch mit arabischen Akzent, Französisch, Englisch, gebrochenes Arabisch, fließendes Arabisch. Projektionen von ihm Selbst laufen umher.

Das Gemälde Die Rückkehr des verlorenen Sohnes von Rembrandt, über welches er auf seiner Reise stößt, und ein Monolog mit dem im Koma liegenden Vater verdeutlichen, worum es Mouawad in diesem Stück geht. Um Flucht, um Anpassung, um Integration und um die Beziehung zu seinem Vater, der seinen Kindern die Schuld für die Schutzsuche in Kanada gibt. Die Fragmente des Stücks wirken wie Öl-Tropfen in einer Wasserflasche, ein und dasselbe Element, das aber nicht ganz zusammen gehört.

Die Saison an der Colline beginnt anders als man es aus der Zeit von Stephane Braunschweig kennt. Seuls ist sentimental, nahbar und stark an die Biographie von Mouawad angelehnt. Es erzählt von der intimen Seite von jemandem, der Flucht und Anpassung an verschiedene Kulturen miterlebt hat. In Seuls findet Mouawad einen Weg, die Grausamkeit darzustellen, mit denen Generationen nach der Flucht zu kämpfen haben. Das Stück endet in einer Art Performance, in der Mouawad das komplette Bühnenbild und sich selbst mit verschiedenen Farben beschmiert. In der Länge dieser Szene schafft er es, die Wasserflasche zu schütteln und den Vorgeschmack eines egozentrierten Direktors, der sich alleine zu Beginn seines fünfjährigen Mandats auf die Bühnen stellt, zu beseitigen.

Wir sind gespannt auf das, was kommt.



Seuls von und mit Wajdi Mouawad am Théâtre National de la Colline | Foto (C) Thibaut Baron / Bildquelle: colline.fr

Tobias Marian Wollenhaupt - 24. September 2016
ID 9575
SEULS (Grand Théâtre, 23.09.2016)
Von und mit: Wajdi Mouawad
Dramaturgie: Charlotte Farcet
Inszenierung: Emmanuel Clolus
Bühne: Eric Champoux
Kostüme: Isabelle Larivière
Musik: Michael Jon Fink
Video: Dominique Daviet
Premiere am La Colline: 23. September 2016
Weitere Termine: bis 9. 10. 2016


Weitere Infos siehe auch: http://www.colline.fr


Post an Tobias Marian Wollenhaupt

14h15dumat.com



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