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nachDRUCK # 6

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Premierenkritik

Gesprochene

und (teils)

gespielte

Romanpassagen


DAS ENDE VON EDDY


Bewertung:    



Wie schafft man einen Prosatext zur Bühnentauglichkeit? Indem ihn, beispielsweise, DramaturgInnen ein bisschen "umschreiben", um ihm v.a. viel, viel Dialoge abzuwringen, denn auf dem Theater wird im Allgemeinen nicht gelesen sondern halt gesprochen - das ist das Problem: Texte, Romane und Erzählungen, mit Leben (vorgeschauspielerten Werkpassagen) zu versehen resp. solches, aus dem jeweiligen O-Text schöpfend, quasi anzureichern. Oder, Gegenfrage, weshalb habt ihr euch dann erst dazu entschlossen, Prosa für die Bühne auszuwählen??

*

Der Schriftsteller Édouard Louis war gerade mal erst 23 Lenze jung, als sein Debütroman Das Ende von Eddy zum Bestseller mutierte und sage und schreibe anderhalb Millionen mal verkauft und außerdem in über 20 Sprachen übersetzt wurde. Eine Erfolgsgeschichte sondergleichen.



"Eddy Bellegueule wächst in ärmlichen Verhältnissen in einem Dorf im Norden Frankreichs auf. Mutter und Vater haben früh die Schule abgebrochen und arbeiten wie alle Bewohner in der Messingfabrik oder als Altenpflegerin. Zwischen endloser Fernsehbeschallung und permanentem Alkoholkonsum wechselt die Familie nur die nötigsten Worte. Eddys weiblicher Gang und seine Stimme machen ihn früh zum Außenseiter und Opfer brutaler Gewalt. Unter großer körperlicher und seelischer Anstrengung arbeitet er gegen sich selbst, um zu sein wie alle. Letztendlich wagt Eddy den Ausbruch." (Quelle: parkaue.de)


So was [s.o.] müsste schon Heranwachsende allgemein und stark interessieren - das Theater an der Parkaue (das Junge Staatstheater Berlin) hat seine aktuelle Produktion daher auch mit "12 +" als Alters-Level vorklassifiziert.

Wie gehen insbesondere die gleichaltrigen Jugendliche heutzutage eigentlich mit "Außenseitern" um? (Als ich noch in die Schule ging, Jahrzehnte ist es her, war ich versucht dieses auf Schwulsein reduzierte Ich-und-mein-Problem, was vornehmlich und bei Heranwachsenden meistens oder immer auch ein sexuelles ist, versteckt also in meinem tiefsten Inneren, aus Scham & Schutz, zu halten; erst viel später, als ich Mitte 20 war und schon studierte, keimte so etwas wie Coming Out in mir; aber erzwingen kannst du diese Art sich sexuell und damit auch sozialgesellschaftlich zu emanzipieren, freilich nicht. Jeder war/ist halt anders...)

Der von den SchauspielerInnen Nico Ehrenteit, Mira Tscherne, Andrej von Sallwitz und Robert Zimmermann vorgespielte Eddy-Fall wird rollenmäßig auf- und breitgesplittet. Mal spricht Eddy in der Ich-Form (was dann durchgehend von allen Vieren abwechselnder Weise praktiziert wird), mal sein stumpfsinniger Vater, mal die Mutter oder mal die eine Freundin und die andere, mal der Cousin und mal die Eddy-Feinde also die, die Eddy wegen seines Schwulseins demütigen, ausgrenzen, verachten...

Louis' autobiografischer Ausschnitt wird fortschrittlich also geradlinig nach vorn blickend berichtet, behandelt und (wahrscheinlich in zig O-Zitaten) nacherzählt. Allmählich tut sich alles das beim reinen Zuhören gewissermaßen abnutzen, weil: Es passiert so gut wie nix auf offner Szene... Einzige Ausnahme: die ausufernde Disco-Szene, wo die vier Akteure (endlich, endlich!!) auch mal richtig aus sich raus geh'n dürfen. Bei dem obsessiven Berghain-Sound, welchen Anouschka Trocker kräftigst nachempfand, kein Wunder; ging auch mir dann hochvibrierend bis zu'n Zehenspitzen!

Schönste Stelle kam am Stückschluss:

Wo der Vater seinem Sohn, als dieser bei 'nem Casting für die Aufnahme auf ein gehob'nes Bildungsinstitut vorsprechen musste, 20 Euro gab - Geld, was er eigentlich dann gar nicht richtig flüssig hatte, weil er ja bereits seit Jahren krank sowie Sozialhilfeempfänger war; da kam dann aber diese Vater-Sohnes-Liebe, die über das leidlich "schwule Thema" irgendwie obsiegte, durch, und das rührte dann schon zu Tränen.




Foto (C) Christian Brachwitz

Andre Sokolowski - 14. Juni 2017
ID 10084
DAS ENDE VON EDDY (Theater an der Parkaue, 13.06.2017)
Regie: Leyla-Claire Rabih
Bühne und Kostüme: Stefan Oppenländer
Sound: Anouschka Trocker
Dramaturgie: Almut Pape
Mit: Nico Ehrenteit, Mira Tscherne, Andrej von Sallwitz und Robert Zimmermann
Premiere war am 13. Juni 2017.
Weitere Termine: 15.-17., 29., 30.06. / 03., 04.07. / 14.-18.10.2017


Weitere Infos siehe auch: http://www.parkaue.de


http://www.andre-sokolowski.de

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