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Anti-Theater



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Exakt 2 Minuten dauert der Dialog Mitte des zweiten Teils, in dem sich zwei der Charaktere tatsächlich miteinander unterhalten. Das heißt nicht, dass in Angelus Novus Antifaust von Sylvain Creuzevault nicht gesprochen wird. Im Gegenteil: Es wird ununterbrochen gesprochen, rezitiert und philosophiert, und zwar im Wechsel aus hysterischem Gekreische, dem Herausbrüllen jeder sechsten Silbe und zusammenhangslosem Gefasel. Und dies ausnahmslos in völlig abstrusen Monologen oder in Dialogen, in denen sich die Akteure eher Satzfetzen an die Köpfe werfen als dem Zuschauer eine Handlung, Pointen, Katharsis oder Sonstiges anzubieten. Das komplette Stück, also drei Stunden und fünfzehn Minuten, ohne Entracte, fühlten sich an wie ein nicht enden wollender Antiwitz - nach dem Motto: „Treffen sich zwei Schaafe auf der Brücke, das eine hat auch fünf Mark.“

Das Bühnenbild spielte in die Handlung perfekt mit ein. Dem Zuschauer wird weder die Möglichkeit gegeben, den Bau mit dem Spiel der elf Schauspieler in Einklang zu bringen, noch das Gemälde von Paul Klee und Walter Benjamins Interpretationen darüber sinnvoll zu platzieren. Die ersten Ränge sind modelliert, sodass ein auf der Läge der Bühne entlang führender Tisch so nahe wie möglich an den Zuschauern entlang läuft. Mal ist es ein Labortisch, mal wildbewachsene Natur, mal Laufsteg für eine Operette auf deutsch. Während des gesamten Stücks durchläuft der Zuschauer nicht nur eine quälende Folter für die Ohren, sondern auch für die Augen. Die Akteure sind teilweise blutüberströmt, tragen furchteinflößende Masken oder laufen in Satanskostümen wild umher. Der Anblick der letzten Szene hinterlässt den Eindruck, als wäre man in des Teufels Küche – buchstäblich.

Creuzevault - bekannt für abstrakte Darstellungen, assoziative Gedankengänge, vor allem aber auch dafür den Schauspielern Freiraum für Improvisation zu geben - wird bei diesem Stück von höchster Ebene unterstützt: Das französische Kulturministerium, Festival d’Automne à Paris, dem Théâtre National de Strasbourg und vor allem dem Pariser Publikum, dass seine vorherigen Inszenierungen in Jahren zuvor immer geschätzt hat. Man fragt sich, ob Creuzevault mit diesem Theater ein neues Genre für das Pariser Publikum schaffen will. Terrortheater, Psychotheater oder Schizophrenentheater. Man kann nur hoffen, dass dieses Stück seinen Zug nicht zu stoppen bringt und das französische Publikum es als Avantgarde einstuft. Dem Großteil der Premierengäste war nach dem Stück anzusehen, dass ihm kein Dämon fehlt. Für die meisten war dieser Antifaust leider nur Antitheater.



Angelus Novus Antifaust am La Colline | Foto (C) DR

Tobias Marian Wollenhaupt - 4. November 2016
ID 9664
ANGELUS NOVUS ANTIFAUST (Grand Théâtre, 02.11.2016)
von Sylvain Creuzevault

Mit: Antoine Cegarra, Éric Charon, Pierre Devérines, Évelyne Didi, Lionel Dray, Servane Ducorps, Michèle Goddet, Arthur Igual, Frédéric Noaille, Amandine Pudlo und Alyzée Soudet
Musikalische Einrichtung: Pierre-Yves Macé
Regie: Michaël Schaller
Bühnenbild: Jean-Baptiste Bellon
Kostüme: Gwendoline Bouget
Video: Gaëtan Veber
Maske: Loïc Nébréda
Uraufführung am Théâtre National de Strasbourg: 23. 9. 2016
Weitere Termine am La Colline: bis 4. 12. 2016


Weitere Infos siehe auch: http://www.colline.fr


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