Als die Bilder 
  tanzen lernten
 
 | 
        
 
 Das Triadische Ballett an der Bayerischen Staatsoper | Foto (C) Wilfried Hösl
 | 
  
Bewertung:      
 
  
 Draht- und Spiralmenschen, Kugelröcke- und –hände wanken abstrakt wie mechanisch, kreiseln gleitend und hüpfen federnd – Das Triadische Ballett (1922) von Oskar Schlemmer schwelgt in Formphantasien und geometrischem Überschwang. Nach dem Ersten Weltkrieg kam es zu einer deutlichen Abwendung von althergebrachten Sichtweisen in der Malerei. Bauhaus-Künstler Oskar Schlemmer ist einer der bedeutenden Vertreter dieser Avantgarde. Als Maler, Bildhauer und Bühnenbildner macht er die menschliche Figur im Raum zum Gegenstand seines Schaffens. Genreübergreifend entwickelt er ein Triadisches Ballett mit ungewöhnlichen Kostümen. Wie in seinen Bildern bestehen auch die Kostüme aus geometrischen Formen, Kugeln, Flächen, Polstern mit kontrastierenden Farben. Die Gesichter der Tänzer verbergen sich meist hinter Kopfmasken. Die Bewegungsmöglichkeiten sind durch die Kostüme stark eingeschränkt, sodass die aus Schlemmers Bildern bekannten Formen hier ihre Auswirkungen in den Bewegungen zeigen. Genau das macht den besonderen Reiz dieses Balletts aus: die avantgardistische Malerei wird in futuristische Bewegung überführt. 
 
 Die aufführende Junior Company des Bayerischen Staatsballetts ist dieser historischen Sichtweise auf das Stück verpflichtet. Die Originalchoreografie, die in den 20er Jahren deutschlandweit sowie in Paris und New York aufgeführt wurde, ist nicht mehr erhalten. Seit mehreren Jahren tourt das Ballett mit einer Art Rekonstruktion, zu der Hans-Joachim Hespos eigens eine Musik komponierte. Untermalt wird die Vorführung von blechernen, selten harmonischen, manchmal ohrenbetäubenden und futuristisch anmutenden Klängen. Die inhaltlichen Themen sind eher zurückgenommen und wirken archaisch wie die Kostüme selbst. Es geht um Begehren, Liebe, Missgunst und Eifersucht. Schlemmer hat das Ballett in drei Teile unterschieden: gelb (burlesk), rot (Liebe), blau (mystisch). Im Vordergrund der aktuellen Inszenierung steht die Präsentation der Kostüme. Neben eher konventionell wirkende Hebelfiguren treten überraschende Drehungen. Durch Tanz und Beleuchtung werden die Formen und die mit ihnen korrespondierenden Bewegungen dargestellt. Das Tanzensemble bewegt sich behände und anmutig unter den schweren, sperrigen und steifen Kostümen - mal mit schematischen Trippelschritten, mal geometrisch ausgefeilt tändelnd. Mechanisch wirkende Bewegungsabläufe erinnern an spätere Formationen, Tanzschritte und -gesten von Künstlern wie Kraftwerk über Klaus Nomi bis hin zur Neuen Deutschen Welle.
 
 Nuanciert bringen die Balletttänzer die phantasievollen Kostüme, die Oskar Schlemmer vor bald 100 Jahren entwickelte, schillernd zur Geltung. Bewegungen der hölzernen Kostümnachbauten reflektieren oftmals Licht in die Zuschauerränge hinein. Ihren Formen und Farben ist der kurzweilige Theaterabend gewidmet. An der Bayerischen Staatsoper folgt auf die Vorführung vom Triadischen Ballett i.d.R. Mary Wigmans Choreographie zu Igor Strawinskys Le sacre du printemps, wo das tänzerische Können des jungen Ensembles noch einmal mehr herausgefordert wird. Beim Tanzgastspiel an der Oper Bonn begnügte man sich jedoch mit Oskar Schlemmers legendärem Werk, das Tanzgeschichte schrieb. 
 
 
 
 |   
 
 Das Triadische Ballett an der Bayerischen Staatsoper | Foto (C) Wilfried Hösl
 |   
 
Ansgar Skoda - 1. Oktober 2016 ID 9591
 
 
DAS TRIADISCHE BALLETT (Bonner Opernhaus, 30.09.2016)
 Choreographie: Oskar Schlemmer 
 Rekonstruktion, Neufassung und Choreographie: Gerhard Bohner
 Musik: Hans-Joachim Hespos
 Mitarbeit Kostümrekonstruktion und Neufassung: Ulrike Dietrich
 Einstudierung: Colleen Scott und Ivan Liška
 Bayrisches Staatsballett II Junior Company: Sinthia Liz, Margarida Neto, Adrianna Rieske, Eloise Sacilotto, Carollina de Souza Bastos, Sarah Schäfer, Bianca Teixeira, Michela Zanzottera, Benjamin Balazs, Federico Bruccoleri, Brandon Demmers, Francesco Leone, Sava Milojevic, Justin Rimke und Christoph Schaller
 Uraufführung im Landestheater Stuttgart war am 30. September 1922.
 Premiere der rekostruierten Fassung: 29. Juni 2014 
 Eine Kooperation des Bayerischen Staatsballetts und der Akademie der Künste Berlin
 
 
 Weitere Infos siehe auch: https://www.staatsoper.de/staatsballett.html
          
     
         Post an Ansgar Skoda
  
http://www.ansgar-skoda.de
 
  Hat Ihnen der Beitrag gefallen? 
  Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!
  
 
  
  Vielen Dank.
         
            
                           |   
                          
               
  
                   | 
            | 
          Anzeigen: 
 
 
  
 Kulturtermine 
 TERMINE EINTRAGEN
  Rothschilds Kolumnen
  BALLETT |  PERFORMANCE |  TANZTHEATER
  CASTORFOPERN
  DEBATTEN  & PERSONEN
  FREIE SZENE
  INTERVIEWS
  PREMIEREN- KRITIKEN
 ROSINENPICKEN
 Glossen von Andre Sokolowski
  RUHRTRIENNALE
  URAUFFÜHRUNGEN
 
  
 
 
 
 = nicht zu toppen
 
  
 = schon gut
 
  
 = geht so
 
  
 = na ja
 
  
 = katastrophal
 
  
 |