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Premierenkritik

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mit Tiefgang



Cabaret - am Residenztheater München | Foto (C) Monika Rittershaus

Bewertung:    



Wer eine glitzernde Cabaret-Bühne erwartet hat, wird überrascht: der Vorhang öffnet sich mit Blick auf ein elegantes Hotelzimmer, in dem der gealterte Schriftsteller Cliff Bradshaw (Michael Goldberg) seine Erinnerungen an ein rauschhaftes Berlin der Zwanziger Jahre Revue passieren lässt. Und das völlig überdrehte Nachtclubpersonal des Kit Kat Clubs lässt nicht lange auf sich warten. Ein großartiges Ensemble [Namen s.u.], das mit Musikalität und Witz die sexuelle Performance dieses Varietés ziemlich deutlich werden lässt. Sehr überzeugend Vincent Glander als Conférencier, eine schillernde Figur, die dem Abend den Rahmen gibt.

Mittendrin das junge Alter Ego von Bradshaw (Thomas Hauser), das sich noch vorsichtig tastend in dieser Wolke aus Lebenslust bewegt. Um dann der Ausstrahlung der Sängerin Sally Bowles zu verfallen. Wer noch die berühmte Verfilmung von Bob Fosse im Kopf hat, die Liza Minelli zum Weltstar machte, der wird sie an diesem Abend schnell vergessen. So sehr zieht Vassilissa Reznikoff die Zuschauer in ihren Bann. Reizvoll verführerisch und dabei gleichzeitig verletzlich und verunsichert. Dass die Liebesgeschichte zwischen den beiden nicht gut ausgehen wird, spürt man in jeder Szene.

Für Sally Bowles gab es ein reales Vorbild in Berlin, Anfang der 30er Jahre. Nur war sie nicht die Geliebte von Christopher Isherwood, dem Schriftsteller, der sich mit der Figur des Cliff Bradshaw ein literarisches Denkmal setzte. Isherwood war homosexuell und, wie seine amerikanischen Freunde, fasziniert von den Freiheiten, die Berlin bot. Anfang der 30er Jahre, als er den Roman schrieb, wäre ein explizites Outing genauso schwierig gewesen wie später in der Theateradaption und Musicalfassung. Und so kommt zu der Liebesbeziehung zwischen Chris und Sally noch eine zarte Romanze dazu: Zwischen der Zimmervermieterin Fräulein Schneider und dem jüdischen Gemüsehändler Herrn Schultz. Ganz wunderbar wie Cathrin Störmer und Robert Dölle die beiden, schon ein bisschen vom Leben Gezeichneten, in ihrer Hoffnung auf ein spätes, kleines Glück darstellen. Das dann bald ein Ende findet. Der aufkommende Nationalsozialismus kündigt sich schon zu Beginn des Stücks an, doch nach der Pause ist der Bruch da. Eine grandiose Bühne (Etienne Pluss), die die ganze Zerstörung zeigt. Auf einer Drehscheibe kreisen die Trümmer des Mobiliars, gekippte Tischlampen geben spärliches Licht. Schneefall.

Und Fräulein Schneider entscheidet sich. Gegen den Juden Schultz, gegen ihr kleines Glück, aber für etwas Sicherheit in lausigen Zeiten. Bei hellem Saallicht fragt Cathrin Störmer drängend die Zuschauer: „Wie würdet ihr euch entscheiden?“ Und so holt der Abend das Publikum immer wieder in eine bedrohlicher gewordene Gegenwart.

Dem renommierten Opernregisseur Claus Guth ist dieser gelungene Abend zu verdanken. Ein schauspielerisches und musikalisches Wunderwerk. Stehende Ovationen der Zuschauer.




Vassilissa Reznikoff und Vincent Glander (vorn) in Cabaret - am Residenztheater München | Foto (C) Monika Rittershaus

Isabella Schmid - 15.Dezember 2025
ID 15610
CABARET (Residenztheater München, 12.12.2025)
Inszenierung: Claus Guth
Musikalische Leitung: Stephen Delaney
Musikalische Co-Leitung: Philipp Tillotson
Soundkomposition: Mathis Nitschke
Bühne: Etienne Pluss
Kostüme: Bianca Deigner
Choreografie: Sommer Ulrickson
Licht: Gerrit Jurda
Dramaturgie: Yvonne Gebauer und Almut Wagner
Besetzung:
Sally Bowles ... Vassilissa Reznikoff
Clifford Bradshaw ... Thomas Hauser
Fräulein Schneider ... Cathrin Störmer
Herr Schultz ... Robert Dölle
Ernst Ludwig ... Vincent zur Linden
Fräulein Kost ... Myriam Schröder
Kit Kat Girls & Boys: Simone Centonze, Hannah Chioma Ekezie, Stephanie Marin, Sophie Mefan, Edward Serban, Luca Skupin und Julia Taschler
Premiere war am 12. Dezember 2025
Weitere Termine: 28., 31.12. 2025// 08., 15., 22.01. 2026


Weitere Infos siehe auch: https://www.residenztheater.de


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