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Doppel-Besprechung

16./17. Oktober 2013 - Schauspiel Köln

DER NACKTE WAHNSINN / KIPPENBERGER! (UA)



Der nackte Wahnsinn am Schauspiel Köln - Foto (C) David Baltzer



Alles auf Anfang – Neubeginn am Schauspiel Köln

Stefan Bachmann startet seine Intendanz am Kölner Schauspiel mit einer eher ungewöhnlichen Stückwahl: Michael Frayns Der nackte Wahnsinn. Also keine große Tragödie, sondern eine rasante Komödie. Ganz so rasant kommt die Inszenierung von Rafael Sanchez, einem von vier Hausregisseuren, dann aber nicht daher. Dreieinhalb Stunden dauert Der nackte Wahnsinn, aber vieles davon ist gut investierte Zeit. Lediglich am Ende schwächelt der Abend etwas.

Der Text erzählt von einer Theatertruppe, die in England über Land zieht. Der erste Akt spielt auf der Generalprobe zu einem neuen Stück, der zweite Akt zeigt einen Blick hinter die Kulissen, und der dritte Akt beschäftigt sich dann mit dem Ende, der letzten Aufführung. Die Ausstattung ist beeindruckend, Bühnenbildner Michel Schaltenbrand hat eigens eine 1-a-boulevardkomödientaugliche Szenerie in die neue Spielstätte Depot 1 bauen lassen, inklusive Kamin und eines mehr als mannshohen Bärens im Wohnzimmer. Zahlreiche Türen gibt es natürlich auch. Und da alles in den beiden Pausen einmal komplett gedreht werden muss (im zweiten Teil schaut man von hinten auf das Setting, im dritten dann wieder von vorne), haben sich auch die Bühnenarbeiter ein dickes Lob verdient.

Der nackte Wahnsinn lebt vor allem von exzellenten Schauspielern. Sabine Orléans, Thomas Müller, Julia Riedler, Robert Dölle, Yvon Jansen, Benjamin Höppner, Bruno Cathomas, Julischka Eichel und Jakob Leo Stark reden und spielen sich um Kopf und Kragen. Stets mit dem Augen für den Mitspieler und Sinn fürs Tempo, das sich vor allem im ersten Akt gelegentlich bis ins Absurde hochschaukelt. Es macht viel Vergnügen, zuzuschauen. Dass es im dritten Teil dann doch etwas hapert mit der Komödie und dem Tempo, liegt zum einen an der recht langen Umbaupause und zudem daran, dass es hier tatsächlich etwas fahrig wird auf der Bühne. Die Aktionen und das Zusammenspiel der Schauspieler lassen Präzision vermissen. Irgendwie will man das Ding nach Hause bringen, aber der Drive der ersten beiden Akte fehlt.


Bewertung:    


* *


Angela Richter gehört neben Sanchez (und Moritz Sostmann sowie Stefan Bachmann selbst) zu den neuen Hausregisseuren des Schauspiel Köln. Ihre erste Arbeit heißt Kippenberger!, im Untertitel Ein Exzess des Moments. Das Ganze wird in Szene gesetzt im Depot 2, der kleineren Spielstätte am neuen Standort des Schauspiel in Köln-Mülheim. Den Künstler Martin Kippenberger, 1997 in Wien gestorben, verbindet einiges mit Köln. Hier hat er eine Zeit lang gelebt und gearbeitet, eine Clique um sich geschart. Einige von diesen Weggefährten kommen gleich zu Beginn zu Wort, stellvertretend durch die fünf Darsteller, die alle auf Stühlen vor dem Publikum sitzen und erzählen. Hinter ihnen übergroße Leinwände, mal leer, mal bemalt, die beliebig hin- und hergeschoben werden können. So lassen sich schnell und einfach neue Raumsituationen herstellen.

Oftmals redet in diesen Räumen dann aber doch nur einer über Kippenberger, oder es wird ein bisschen herumgetanzt. Könnte das der Exzess des Untertitels sein? Ansonsten ist alles cool bis zum Abwinken: Alle Darsteller dunkel gekleidet, größtenteils in Anzügen. An einer Stelle Ansagen von außen: „Trauer“, dann wird auf Kommando geweint. Judith Rosmair tanzt den Moonwalk, Yuri Englert erzählt in extenso einen Witz und spielt sehr gekonnt damit, dass er die Pointe nicht auf den Punkt bringt. Das klingt alles nach den kleinen handelsüblichen Regietricks, um den Abend aufzupeppen. Bezeichnend, dass ausgerechnet ein filmischer Moment am Ende Wirkung zeigt: ein Stuhl und eine Kamera stehen dort, die Schauspieler sind Ehefrau, Galerist etc., und jeder berichtet in der entsprechenden Rolle noch einmal davon, wie die Begegnung mit Martin Kippenberger das eigene Leben verändert hat. Aber es funktioniert eben immer, Gesichter im Theater auf Überlebensgröße heranzuzoomen und dann in die Emotionen abzutauchen.

Im Ergebnis ist Kippenberger! ein Abend, der sich vor allem durch gepflegte Langeweile auszeichnet. Die titelgebende Figur bleibt über weite Strecken eine Leerstelle. Keine Frage, die Schauspieler sind gut, aber das rettet die Inszenierung auch nicht. Kippenberger! ist sehr mühselige Kost.


Bewertung:    



Kippenberger! am Schauspiel Köln - Foto (C) Sandra Then

Karoline Bendig - 29. Oktober 2013
ID 7302
DER NACKTE WAHNSINN (Depot 1, 16.10.2013)
Regie: Rafael Sanchez
Bühne: Michael Schaltenbrand
Kostüme: Esther Geremus
Musik: Cornelius Borgolte
Licht: Jürgen Kapitein
Dramaturgie: Sibylle Dudek
Mit: Sabine Orléans, Thomas Müller, Julia Riedler, Robert Dölle, Yvon Jansen, Benjamin Höppner, Bruno Cathomas, Julischka Eichel und Jakob Leo Stark
Premiere war am 27. September 2013
Weitere Termine: 10., 12., 13. 11. / 23., 25., 26., 31. 12.2013

KIPPENBERGER! (Depot 2, 17.10.2013)
Regie: Angela Richter
Raum und Video: Christian Jankowski
Kostüme: Wibke Schlüter
Musik: Melissa Logan (Chicks On Speed)
Licht: Hartmut Litzinger
Dramaturgie: Thomas Laue
Recherche: Janina Müller
Mit: Yuri Englert, Marek Harloff, Malte Sundermann, Melissa Logan und Judith Rosmair
Uraufführung war am 11. Oktober 2013
Weitere Termine: 21., 29. 11. / 1. 12. 2013


Weitere Infos siehe auch: http://www.schauspielkoeln.de


Post an Karoline Bendig



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