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Theaterkritik

15. Januar 2011, Centraltheater Leipzig

DER ZAUBERBERG

nach Thomas Mann / Inszenierung: Sebastian Hartmann


DER ZAUBERBERG am Centraltheater Leipzig - Foto (C) David Baltzer/bildbuehne.de

Sebastian Hartmann ist das Beste, was Leipzig passieren konnte! Dass er seit seinem Amtsantritt in der Spielzeit 2008/09 vieles veränderte war wichtig und – nach einer guten Dekade unter Wolfgang Engel – längst überfällig. So brachten die Umbenennung der Spielstätten Schauspielhaus (= Centraltheater) und Neue Szene (= Skala), die Erneuerung des Repertoires sowie die Öffnung des Hauses für Unterhaltungsformate wie Kino- und Rockkonzerte frischen Wind nach Leipzig, der jedoch nicht jedem behagt. Wie man aus Leipzig vernimmt, soll sich ein Teil der lokalen Presse/Politik gründlich auf den neuen Intendanten eingeschossen haben. Nun ja. Das scheint das mehrheitlich junge Schauspiel- Publikum jedoch recht wenig zu interessieren...

In Leipzig machte man sich vergangenen November an eine Romanadaption des Zauberbergs, die dem Textverständnis der Mannschen Epopöe gar nicht mal so schlecht bekam. Zunächst muss man Hartmann dankbar sein, dass er sich mit dem großen Staubwedel an den Text gemacht hat. Allein das Resultat fällt dann so lala aus. Recht brav werden Kapitel für Kapitel abgehandelt, so dass der fünfstündige Theaterabend insgesamt wenig Neues bereithält. Lediglich die unvermeidlichen Slapstick-Einlagen ernten ein paar freundliche Lacher von Seiten des Publikums.

Joachim Ziemßen (Maximilian Brauer) holt seinen Vetter Hans Castorp (Guido Lambrecht) von der Bahnstation ab, es folgt eine hölzerne Begrüßung. Die Homosexualität der beiden Vettern, die bereits bei Mann zur Karikatur gerät, wird hier nochmals ad absurdum geführt. Castorp und Ziemßen hampeln auf der Bühne herum, während sich Hofrat Behrens (Matthias Hummitzsch), der permanent scharf auf die Jungs zu sein scheint, zumindest nach außen betont homophob gibt. Artemis Chalkidou überzeugt mit ihrer gespielt-unterkühlten Erotik als Madam Chauchat! Guido Lambrecht wirkt – wie immer – ein bisschen verzaubert, was der Figur des Hans Castorps zu passe kommt. Dass er dann tatsächlich etwas von Clawdia Chauchat will, kann man sich jedoch kaum vorstellen. Für die endlosen Dialoge zwischen Settembrini (Peter Rene´ Lüdicke) und Naphta (Ingolf Müller-Beck) findet Hartmann eine Lösung, die ein bisschen weh tut. Die beiden Romanphilosophen müssen sich in einer Art von Kochduell beweisen, indem sie in einer improvisierten Feldküche an der Ewigkeitssuppe herumköcheln.

Aber am Ende überrascht der Regisseur doch noch mit einer Idee! So lässt er eine junge Truppe sächselnder Laienschauspieler als absolutistische Höflinge auftreten lässt, die einem Albtraum Ellen Brands entsprungen sein muss. Einer aus der Gruppe ballert wild mit seiner Pistole herum und wird daraufhin von einem Mädchen zur Rede gestellt: "Du kannst sie doch nicht alle umbringen! Wie heißt du überhaupt?! – Ich heiße Holger", antwortet dieser ganz schlicht. Diese Szene kommt so unvermittelt und erfrischend daher, dass man beinahe vergisst, wie verstörend sie ist: Der Zauberberg existiert allenfalls noch in unserer Imagination. Die Orte unserer Wirklichkeit heißen längst Littleton, Emsdetten und Winnenden.




DER ZAUBERBERG am Centraltheater Leipzig - Foto (C) David Baltzer/bildbuehne.de


Arthur S Janetz – red. 14. Februar 2011
ID 00000005061
DER ZAUBERBERG (Centraltheater Leipzig, 15.01.2011)
Regie: Sebastian Hartmann
Bühne: Sebastian Hartmann
Bühnenbildmitarbeit: Clementine Pohl
Kostüme: Adriana Braga Peretzki
Musik: Steve Binetti
Licht: Carsten Rüger
Dramaturgie: Uwe Bautz
Mit: Rosalind Baffoe, Manolo Bertling, Maximilian Brauer, Artemis Chalkidou, Matthias Hummitzsch, Janine Kreß, Guido Lambrecht, Ingolf Müller-Beck, Peter René Lüdicke und Birgit Unterweger
Premiere war am 6. November 2010
Weitere Termine: 19. 2. und 26. 3. 2011


Weitere Infos siehe auch: http://www.centraltheater-leipzig.de


E-Mails an unseren Autor arthurjanetz@kultura-extra.de



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