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8. Oktober 2011, Premiere am Gerhart Hauptmann-Theater Görlitz

DER VOGELHÄNDLER



DER VOGELHÄNDLER in Görlitz - Foto (C) Marlies Kross


Hennen rennen

Im Theater Görlitz herrscht Aufbruchstimmung! Nicht nur allgemein, weil die neue Saison da ist, sondern auch auf der Bühne, denn dort ist es früh am Morgen. Also raus aus den Federn, die Sonne geht auf, untermalt von Zellers fetzigem Vorspiel. Schon tauchen am Horizont die ersten Charaktere wie Scherenschnitte auf. Sie tippeln und trappeln, ein Hauch von Stummfilm weht über dieser Szene, Robert Wilson grüsst recht herzlich - ein prima Anfang. Mit dem heller werdenden Licht sehen wir dann wo wir wirklich gelandet sind: auf einem Hühnerhof. Die Chorsolisten haben sichtlich Spaß an ihrem Auftritt als weißes Federvieh: Stimmstark schmettern sie ihr Hurrah! und verpassen der tollen Chorregie den letzten Schliff. Nur in puncto Homogenität müsste ein klein wenig gemosert werden - egal, Schwamm drüber.

Aber die Kostüme!!! Ob Adam als Wanderfalke, Christel als Brieftaube, Weps als Dobermann oder - mein Favorit - Stanislaus als Fuchs: Was hat sich Heike Mirbach hier für fa-bel-haf-te Verkleidungen einfallen lassen. Die Ausstattung generell zeigt aber auch, wie gut die Werkstätten des GHT in Schuss sein müssen. Zwischen all dem tierischen Gewusel agiert ein zoologisches Professorengespann, welches optisch irgendwo zwischen Jean Pütz und Albert Einstein anzusiedeln ist: Süffle & Würmchen. Beide sind als Conferenciers für die ornithologischen Details zuständig. Leider auch für ziemlich peinliche Schlüpfrigkeiten und abgeschmackte Zoten. Ihr eigentlicher Abräumer Ich bin der Prodekan wird von der Regie völlig verschenkt. Dennoch: Konstantin Krisch und Hans-Peter Struppe schlagen sich wacker über die Runden.

Im zweiten Akt wechseln wir dann in einen Tierpark. Der Chor taucht nun als Kolkraben auf, aus dem Truthahn wurde ein Pfau (Kurfürstin), aus der Ente ein Goldfasan (Adelaide). Wie bitte? Die Gründe? Ach was soll's, hier wird doch Operette gespielt. Da fragt man nicht nach dramaturgischer Notwendigkeit oder nach Logik. Sebastian Ritschel reichen die Tiere, die in Titel und Libretto Erwähnung finden, um daraus ein ganzes Regiekonzept zu basteln. Also zurück in den Tierpark. Dort tanzen Panda, Affe & Co. einen witzigen Schuhplattler, was nach dem Gehoppse im ersten Akt (Flix, Flux, Flax, Florian) die eindeutig bessere Choreographie von Dan Pelleg und Marko E. Weigert ist.

Bei den Sängern haben die Herren (wie der etwa der kernige Tim Stolte) die Nase vorn. Patricia Bänsch hat mit der Adelaide die undankbarste Rolle im ganzen Stück abgegriffen und ist viel zu unterfordert. Laura Scherwitzel haut zwar darstellerisch auf den Putz, hat aber für die Höhe der Christel nur schrille Soubretten-Töne anzubieten. Und so bleibt es an Audrey Larose Zicat hängen, den männlichen Kollegen Paroli zu bieten - was sie auch tut. Die Sopranistin begeistert mit einer warm timbrierten, lyrisch triumphierenden Kurfürstin. Alexander Voigt als grundsolider Adam darf dem Publikum mit seinen Rosen in Tirol die beste Nummer des Abends schenken. Doch auch stimmlich geht für mich der Fuchs in Führung: Adam Sanchez lässt mit seinem sinnlich phrasierten, höhensicheren Schmelz-Tenor auf Größeres hoffen. Manuel Pujol dirigiert einen Zeller, der den Geist der guten, alten Wiener Operette atmet. Die Neue Lausitzer Philharmonie spielt unter ihrem zweiten Kapellmeister nicht immer konzentriert, aber mit Schmiss und vielen Funken.


DER VOGELHÄNDLER in Görlitz - Foto (C) Marlies Kross


Heiko Schon - red. 9. Oktober 2011
ID 00000005422
DER VOGELHÄNDLER (Gerhart Hauptmann-Theater Görlitz, 08.10.2011)
Musikalische Leitung: Manuel Pujol
Inszenierung, Licht: Sebastian Ritschel
Ausstattung: Heike Mirbach
Choreographie: Dan Pelleg und Marko E. Weigert
Dramaturgie: Ronny Scholz
Besetzung:
Adam ... Alexander Voigt
Christel ... Laura Scherwitzel
Kurfürstin Marie ... Audrey Larose Zicat
Adelaide ... Patricia Bänsch
Baron Weps ... Tim Stolte
Graf Stanislaus ... Adam Sanchez
Schneck ... Egill Arni Palsson
Süffle ... Konstantin Krisch
Würmchen ... Hans-Peter Struppe
Wildschwein / Hausschwein ... Richard Kosciolek
Chor des Gerhart Hauptmann-Theaters Görlitz-Zittau
(Choreinstudierung: Manuel Pujol)
Tanzcompany des Gerhart Hauptmann-Theaters Görlitz-Zittau /
wee dance company
Neue Lausitzer Philharmonie
Premiere war am 8. Oktober 2011
Weitere Vorstellungen:
Sa., 15. Oktober 2011, 19.30 Uhr
So., 16. Oktober 2011, 15.00 Uhr
Fr., 21. Oktober 2011, 19.30 Uhr
Fr., 4. November 2011, 19.30 Uhr
So., 6. November 2011, 15.00 Uhr
Sa., 12. November 2011, 19.30 Uhr
Sa., 31. Dezember 2011, 15.00 und 19.30 Uhr
Fr., 9. März 2012, 19.30 Uhr
So., 25. März 2012, 15.00 Uhr
So., 20. Mai 2012, 19.00 Uhr


Weitere Infos siehe auch: http://www.theater-goerlitz.de


E-Mail an den Rezensenten Heiko Schon



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