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Oper Bonn, 19.10.08

Antonio Vivaldi: Orlando Furioso



Orlando wird auf einem riesigen goldenen Pferd sitzend auf die Bühne gezogen, wie es sich für einen Ritter Karls des Großen gehört – und Aurelia Eggers hat mit diesem Auftritt die Lacher und die Sympathie des Publikums auf ihrer Seite. Eigentlich sollte ja Werner Schroeter Regie führen bei der zweiten Premiere in der Oper Bonn, aber Eggers ist mehr als ein würdiger Ersatz. Äußerst unterhaltsam und sinnig ist ihr „Orlando Furioso“ geraten – wenngleich nicht ohne Länge, vor allem im zweiten Teil.
Alle Protagonisten kreisen um Alcina, die Herrin der Zauberinsel, und ihren Liebestrank.
Jeden Mann, der in ihre Nähe kommt, verführt sie. Wie das so vonstatten geht, zeigt Eggers in der Liebeszene zwischen Alcina und Ruggiero, die sowohl szenisch als auch musikalisch im wahrsten Sinne des Wortes bezaubernd ist. Orlando dagegen, der auf der Zauberinsel gestrandet ist, ist kein Mensch der Verführung, er nimmt sich, was er will. Seine geliebte Angelika erdrosselt er beinahe in der Umarmung – es ist klar, dass er als Liebespartner seine körperliche Kraft nicht unter Kontrolle hat und man sich keinesfalls seinen Zorn zuziehen sollte. Angelika hat also handfeste Gründe, Orlandos Annäherung zu fürchten und ihn loswerden zu wollen, aber ihr Mordversuch misslingt. Allerdings hat sie auch ein entsprechend schlechtes Gewissen, als sie zu Beginn des zweiten Teils mit Medoro Hochzeit feiert.
Orlando verfällt, knapp dem Tode entronnen, dem Wahnsinn. Eggers lässt dafür einen zweiten Orlando auftreten, der vom Schnürboden herabhängt, und Orlando wenig später vor einem roten Samtvorhang ein kurzes rasendes Spiel im Spiel aufführen. Mit Alcina, neben Orlando die zweite Hauptfigur des Abends, geht es ebenfalls zunehmend bergab – ihre Künste versagen, sie wird alt, verliert ihre Anziehungskraft und schleicht am Ende von der Bühne, den Rest ihrer Würde mühevoll zusammenraffend. Aber dieser Rückzug ist kein Triumph ihrer Gegner. Ruggiero, seine Frau Bradamante und Alcinas früherer Geliebter Astolfo hatten sich aus enttäuschter Liebe an der Zauberin rächen wollen. Aber es bleibt der Eindruck, dass sie ein wenig übers Ziel hinausgeschossen sind, und so wird dann am Ende niemand richtig froh. Der Zauber, wie trügerisch er auch gewesen sein mag, ist verflogen, zurück bleibt ein Katergefühl.
Nicht nur szenisch, sondern auch musikalisch kommt man bei „Orlando Furioso“ voll auf seine Kosten. So manch ein Zuschauer lugte in der Pause in den Graben, um herauszufinden, welche Instrumente diesen ungewohnten Klang produzieren. Rubén Dubrovsky und sein Orchester führen vor, dass Barockmusik nicht akademisch trocken sein muss, sondern sehr lebendig, energiegeladen und lustvoll gespielt werden kann. Hinzu kommen durchweg überzeugende Sängerleistungen, wenngleich der eine oder andere etwas schwach startet und mit den Koloraturen Mühe hat. Von der ersten Sekunde an szenisch und stimmlich präsent ist die Mezzosopranisten Mariselle Martinez in ihrer Hosenrolle als Orlando. Zu Recht erntet sie mit ihrer ersten Arie zu Recht die Begeisterung des Publikums. Ein facettenreiches Porträt von Alcina gelingt Susanne Blattert, die im Laufe des Abends nachverhaltendem Beginn immer mehr an Profil gewinnt.
Mit „Orlando Furioso“ hat die Oper Bonn ein Schmuckstück auf dem Spielplan: tolle Sänger, die gut singen und spielen, schöne Musik, die vom Beethoven Orchester Bonn mit viel Spielfreude vorgetragen wird, und eine pfiffige szenische Umsetzung.


Karoline Bendig - red / 26. Oktober 2008
ID 4059
Antonio Vivaldi
Orlando Furioso
Dramma per musica
Nach dem Epos von Ludovico Ariosto und dem Opernlibretto von Grazio Braccilo
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Musikalische Leitung: Rubén Dubrovsky (19. Okt.; 2., 8., 20. Nov.)/Tobias Engeli (24.Okt.)
Inszenierung: Aurelia Eggers
Bühne: Andreas Wilkens
Kostüme: Birgitta Lohrer-Horres
Choreinstudierung: Sibylle Wagner
Licht: Thomas Roscher

Orlando: Mariselle Martinez a.G.
Angelica: Anna Virovlansky
Alcina: Susanne Blattert
Bradamante: Katrin Wundsam a.G.
Medoro: Julia Kamenik (24. Okt.; 20.Nov.)/JuliaNovika (19. Okt.; 2., 8. Nov.)
Ruggiero: Terry Wey
Astolfo: Lee Poulis (19. Okt.)/Martin Tzonev (24. Okt.; 2., 8., 20. Nov.)

Premiere am 19.10.08, weitere Termine am: 02., 8. und 20.11.

Weitere Infos siehe auch: http://www.theater.bonn.de





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