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Feuilleton


Thalia Theater Halle, Pressevorführung 21. Februar 2007

„Mendy – das Wusical“ von Helge Schneider

Inszenierung am Thalia Theater in Halle, Start: 23.02.07


(c) 2007 Thalia Theater Halle

Oder wo ist eigentlich Herr Schneider?

Das Musical – nicht unbedingt ein Genre, mit dem man Helge Schneider in Verbindung bringen würde. Aber Herr Schneider mag Überraschungen - und das Musical „Mendy“ ist ja auch kein Musical, sondern ein Wusical. Ein neues, schneidereskes Genre ward geboren, damals 2003 in Bochum. Man durfte sich freuen.
Das Buch zum Auftragswerk für das Schauspielhaus Bochum schrieben Helge Schneider und Andrea Schumacher. Es wurde unter der Regie und mit der Musik Schneiders in den Jahren 2003 bis 2005 50 Mal aufgeführt. „Mendy – das Wusical“ wurde zum Erfolg - von den meisten Feuilletonisten geliebt und sogar als Geniestreich bezeichnet.
Eine neue, eigene Inszenierung des Stücks startet am 23.02.07 am Thalia Theater in Halle.
Man darf gespannt sein.


Wendy und Mocca, (c) 2005 ROOF Music GmbH
Mendys Ursprünge
Eigentlich ist „Wendy“ ein Mädchen aus der gleichnamigen Zeitschrift. Ein Mädchen, das von der bösen Welt da draußen noch nichts wissen will, ein Mädchen, das Pferde liebt. Wie Helge Schneider.
Dass wissen wir seit seinem ersten Film „Texas - Doc Snyder hält die Welt in Atem“.
Dass Herr Schneider die gleichnamigen „Wendy“-Heftchen sehr gerne mag, in denen manchmal auch Koala-Bären zu sehen sind, liegt auf der Hand. Er hat sie abonniert und braucht sie, nicht zuletzt für seine Live-Auftritte.
Auch Doc Snyder hatte ein Heftchen dabei - am Lagerfeuer in der Einsamkeit der texanischen Prärie: Mit Hingabe liest er seinem Pferd aus „Wendy“ vor.
Reiten fand Helge jedenfalls schon immer sehr schön. Auch als Bub. „Die Verbindung eingehen mit einem großen Pferd…“ (Interview/Bonusmaterial auf DVD „Texas“).


Heinz und Lady Mama, (c) 2005 ROOF Music GmbH
Die Story
Die Story in Kürze:
Wendy liebt Pferde und vor allem ihr Pferd Mocca. Mocca liebt Wendy, wenn auch anders als Wendy…(Mocca ist ja eigentlich auch kein Pferd, und man fragt sich sowieso immerfort: Geht`s ums Vögeln oder geht´s ums Reiten?!). Ansonsten will Wendy mit der bösen Welt da draußen nichts zu tun haben. Wenn da ihre Familie nicht wäre. Das Mädchen lebt mit ihrer strengen Mutter, Lady Mama, Heinz, dem Vater, dem Stallknecht und ein paar singenden Pferden (gespielt von einer Live-Band) auf einer Rodeofarm, „Mendy`s Wild Rodeo Club“. Der Laden läuft schlecht, die Mutter vögelt mit dem Stallknecht, der Vater sitzt im Rollstuhl und ist pleite. Alle sind dem Wahnsinn sehr nah. Heinz, der Vater, braucht Geld für sein Auto und will deshalb Mocca an einen Schlachter verkaufen. Wendy rettet Mocca das Leben und geht als Ersatz selbst zur Schlachtbank. Lady Mama bringt den Stallknecht um (in Bochum mit dem Beil, in Halle mit der Mistgabel).Vater Heinz entsorgt den Kleingesägten in Plastiksäcken. Mocca, der Blues singende Sohn eines Brauereipferdes und einer Putze, macht Wendy gerne den Hengst. Er ist aber auch sehr allein und will in eine Clique, in der sich nur arrogante, rockende und jazzende Spießerpferde rumtreiben. Die pfeifen auf ihn und machen ihn fertig. Vater Heinz, endlich zur Vernunft gekommen, will seine Tochter in letzter Sekunde vor dem Schlachter retten. Auf dem Weg dorthin überfährt er Lady Mama. Als ihm dann selbst, infolge seiner heldenhaften Rettungsaktion, Gevatter Tod vor die Augen flattert, sieht er ein: Im Leben geht es doch um andere Dinge als um Autos.
"Alles ist gut", erklärt Wendy am Ende ihrem geliebten Mocca, der ein Mann ist.
Sie werden wohl gemeinsam die Sonne putzen gehen.
Happy – End.
„Mendy“ - eine sexuelle, trashige Geschichte aus dem Leben einer Familie im Bravo-Format.


Die Inszenierung
Das Schauspielhaus Bochum hat vorgelegt. Nun wagt sich das Thalia Theater unter der Regie von Frieder Venus mit einem jungen Ensemble an eine eigenständige Inszenierung des Stücks heran.
Kein leichtes Unterfangen, meint der Bühnenbildner Jan Freese. Helge Schneiders trashiges Durcheinander ist eine Inszenierung von Improvisation. Seine Filme liebt er am meisten, wenn sie am „durcheinandersten“ sind. Das gilt auch für das Theaterstück „Mendy“. „Mendy“ entwickelte sich während der Proben mit einigen improvisierten Elementen. „Das macht eine Adaption schwierig, man muss mit eigener Ästhetik und Perspektive auf das Stück schauen. Wir mussten uns überlegen, wie gehen wir an die Figuren ran, auch weil wir ja nicht die Naivität dem Medium Theater gegenüber haben, wie Helge Schneider. Es war sein erstes Theaterstück, er hat mit dem Medium gespielt. Wir haben uns gefragt, warum ist die Familie so kaputt, warum steht die Tochter diesem Wahnsinn alleine gegenüber. Aus diesen Überlegungen folgten andere Bühnenlösungen als in Bochum“, so Freese. Das trashige Chaos eines Helge Schneiders wurde zurückgeschraubt zugunsten einer, auch für Jugendliche, nachvollziehbaren, Familiengeschichte - die Geschichte eines zerplatzten Traumes. Frieder Venus und Bühnenbildner Jan Freese gaben sich vor allem in der Ausstattung mehr Spielraum für die eigene Adaption. An den Texten, „wurde kaum rumgeschraubt.“
Eine andere Herausforderung war der Zugang zum Publikum: „ In einem großen bürgerlichen Theater, wie das in Bochum, funktionierte das trashige Stück gut. Hier in Halle muss das Stück ganz anders an das Publikum gebunden werden.“
So entstanden regionale Bezüge, wie den sächselnden Vater, die Ossikneipe oder die „beschissene Ossikegelbahn.“
Auf die Frage, ob das Stück eher für Jugendliche oder Erwachsene angelegt ist, war die Antwort eindeutig. „Wir erwarten hauptsächlich jugendliches Publikum. Mein Sohn wird auch kommen.“

Die Inszenierung des jungen Ensembles um Regisseur Frieder Venus ist sicherlich nicht perfekt. Schade, dass die Musik in dem Theatersaal einfach nicht genug Platz hat. Eher ungewollt schwächliche tänzerische und gesangliche Leistungen wechseln sich ab mit guten, kraftvollen Duetten und Soli. Das Duett von Heinz und dem Fleischer, der „Da muss ich passen“ - Song mit klarem und sattem C –Dur ist grandios. Dennoch bekommt man das Gefühl nicht los, dass die Produktion noch ein bisschen mehr Zeit gebraucht hätte. Die im Vergleich zur Urproduktion veränderte Ausstattung hingegen ist ein absoluter Gewinn. Die über alles erhabene Leuchtreklame des „Wild Rodeo Clubs“, in der Art einer heruntergekommenen Las Vegas - Bar, ist Zeugnis von guten, vergangenen Zeiten und dem omnipräsenten Traum einer rosigen Zukunft. Dagegen stehen auf der untersten Ebene der Bühne die wechselnden Räume, in denen das reale, schaurige Leben stattfindet. Die Live-Band ist nicht nur musikalisch, sondern auch tänzerisch und schauspielerisch aktiv. Das hat sie der Urproduktion eindeutig voraus. Sie ist Mittler und Akteur, wie die Musik selbst. Dieser Wechsel der Musiker in verschiedene Rollen ist fordernd, irritierend und sehr passend.
„Mendy - das Wusical“ in Halle: Eine Inszenierung mit sehr viel Charme.

Helge Schneider, (c) www.helge-online.de
Und wo ist eigentlich Herr Schneider?
Auf die Frage von Kultura-Extra, ob sich Herr Schneider schon hat blicken lassen, kam die Antwort „Nein, aber er habe ja auch Flugangst.“ Auf die Bemerkung von Kultura-Extra, na dann solle er doch mit dem Zug fahren (oder auf seiner 300 000 €-Stute reiten), wurde verständnisvoll geantwortet, das koste eben eine Menge Zeit. Aber dass er noch mal kommen würde, das glaube man schon.
Na denn, Herr Schneider, wenn Sie Pferde mögen, auf zum Bahnhof und ab nach Halle - dann mit der Straßenbahn Linie 7 bis Hermannstraße und den Rest gelaufen. Tut gar nicht weh und Sie wissen ja: Der frühe Vogel fängt den Wurm.



Weitere Infos unter:
www.thaliatheaterhalle.de
Oder Telefonnummer: 0345 20 40 50
Regie: Frieder Venus
Ausstattung: Jan Freese
Kostüme: Grit Groß
SchauspielerInnen:Agnes Regula, Anke Stedingk, Berndt Stichler, Christian Bayer, Enrico Petters, Nina Ronneburg, Nico Ehl, Harald Höbinger, Peter Schneider, Mario Bürger, Melchior Walther und Jonas Laux.
Das Stück ist freigegen ab 14 Jahren
Start ist der 23.02.2007



Silke Parth - red. / 22. Februar 2007
ID 00000003005

Weitere Infos siehe auch:





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