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nachDRUCK # 6

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Premierenkritik

Arabella,

Promis und

Hartz IV



Michaela Kaune (als Arabella) | (C) Foto Kay Schmedes


Michaela Kaune (Arabella) ist die Attraktion des Abends!!! Die Entdeckung überhaupt; man hätte nicht für möglich halten können oder wollen, dass es nach den so schon übertörend-überschwänglichen Erlebnissen, die "gleichrangige" Diven (Janowitz, Tomowa-Sintow, de Kanawe, Lott und Fleming) einem mit den Jahren mehr und mehr in das lukullisch Hörensehen abdriftenden Straussianers nachbescherten, Steigerungen gibt: doch; Michaela Kaune (Arabella also) hat das Zeug, ab heute zu den ganz ganz Großen ihres Fachs - Frau Harms, jetzt sei'n Sie konsequent und bieten ihr die Feldmarschallin und die Daphne oder auch, ein schöner Anlass dieses Werk dann neu zu produzieren, obendrein die Gräfin im CAPRICCIO an! - gezählt zu werden. Wie sie die Gefahr der Höhen meistert; unauffälligst ihre minimalischen Zäsuren immer wieder kurz hiervor ... sie scheint die engelgleichen Stellen für sich vorgesungen, vorgeparkt zu haben, um sie später Schicht um Schicht übereinander ab- und aufzusetzen; das ist eine Technik, wie ich sie noch nie von einer Sopranistin vorgeführt zu kriegen meinte; der Gesamteindruck ist majestätisch; überflüssig zu erwähnen, dass das Alles lupenrein und edel, ungequält und anstrengslose klingt. Zudem würden ihre Bewertungsnoten für die Textverständlichkeit und insgesamte Ausstrahlung den eiskunstläuferischen Notenwert 6,0 erreichen.

Überhaupt sind es die Frauen dieses merkwürdigen Abends, die an sängerischen wie auch spielerischen Qualitäten insgesamt dann nichts zu wünschen übrig lassen: Ute Walther (Adelaide), Fionnuala McCarthy (Zdenka), Silja Schindler (Fiakermilli) in der Reihenfolge ihrer Auftritte; die Letztgenannte von den Machern als ein Joker ausgespielt, doch: unerhört & ungeheuerlich - Frau Harms, ihr (Silja Schindler) könnten Sie, falls Sie das könnten, Zerbinetta anvertrauen!!



Silja Schindler (Fiakermilli) und Jean-Luc Chaignaud (Mandryka) | (C) Foto Kay Schmedes


Eitel Sonnenschein also was all das Musikalische der neuen ARABELLA anbetrifft? Denn auch, vor allem sicherlich, spielten die Damen und Herren vom Orchester der Deutschen Oper gut und schön wie lange nicht so gut und schön erlebt; und zwei Erklärungsvarianten kann es dafür geben: Entweder haben sie es gottlob nicht verlernt den, ihren Strauss so gut und schön zu spielen wie in ihren Hochzeiten mit/unter Thielemann; oder Ulf Schirmer (fiel der nicht bereits durch eine fulminantest dirigierte LULU auf?) konnte die Musizierenden auf eine ihm gemäße Sichtart - lange, unendliche Breiten insbesondere der volksliedhaften Stellen dieses Werks (Duette Arabella/Zdenka, Arabella/Mandryka) - einschwören und begeistern.
Bei den Männern - kardinalster Wehrmutstropfen dieser Aufführung - zwei Beispiele von schwerwiegendster stimmlicher Verfehlung: Jean-Luc Chaignaud (Mandryka) und Arnold Bezuyen (Matteo); beide schienen mir mit ihren anspruchsvollen Rollen gänzlich überfordert.



Michaela Kaune (Arabella), Ute Walther (Adelaide) und Fionnuala McCarthy (Zdenka) | (C) Foto Kay Schmedes


Eine altmodische Sitte ist es, Promis bei Premieren zuzulassen. Denn auf sie, insonders ihre ganz private Meinung zum soeben noch Gezeigten und Gehörten, richten sich mit einem Mal die Augen und die Ohren aller restlichen Besucher; und so kann es schon passieren, dass man völlig unfreiwillig Augen-/Ohrenzeuge einer ganzhin freiheitlich geäußerten und mehr als deutlichen Verlautbarungsattacke eines Exberlinerbürgermeisters gegenüber seiner Frau und sie umstehender nicht minder prominenter eingeladener Persönlichkeiten wird ... O-Ton: "die Inszenierung unter aller Sau".
Mit dieser gänzlich aus dem Bauch gesprochenen und ehrlich-tiefgegriffnen Äußerung stand jener Herr nach Ablauf dieses Abends nicht allein. Eine geballte Ablehnung der Inszenierung durch das Team von Alexander von Pfeil (Regie), Bernd Damovsky (Bühnenbild) und Sabine Blickenstorfer (Kostüme) ging der negativisch-kollektiven, also fast schon einhelligen Meinungsfindung eines überzeugend klaren Gros' des Publikums voraus. Um nochmals auf den Exberlinerbürgermeister einzuschwenken, auch um etwas Näheres zur ganzen Inszenierungsabsicht wie der logischen und konsequenten Umsetzung derselbigen im Nachhinein dann Preis zu geben: "ganze Problematik der Hartz-IV-Entwicklung" - - Peng! getroffen!! Denn um gar nichts Falscheres war es dem hellicht klugen Inszenierungsteam gegangen.

ARABELLA, dieses letztmalige Co-Produkt von Richard Strauss mit seinem Lieblingslibrettisten Hugo von Hofmannsthal, behandelt ja nichts Anderes als eine wegen eines unglückseligen Finanzdesasters ins soziale Abseits fortgestoßene, also gesellschaftlich gescheiterte Familie. Klarkommen und Durchschlagen heißt es fortan für sie. Geld ist nun keins mehr da bzw. das was leidlich da ist wird vom Hausherrn liederlicher Weise durchgebracht. Die Leidtragenden sind die Frauen der Familie: Mutter, Tochter 1 und Tochter 2; und man lavriert sich witzig und geschickt durchs armselig gewordne Leben ... und indem die Eltern Tochter 2 für einen Jungen ausgeben, weil der sie, als ein Junge halt, nicht halb so viel an Geld und Nerven kosten würde wie ein Mädchen usw. usf.

Die Inszenierer probten den Geniestreich, so: Den Handlungsort verlegten sie in das zu einem abgefuckten Parkhaus umgenutzte einstmals legendäre Michigan-Theater von Detroit. Dort sieht es sehr sehr unfreundlich und finster aus, allein die Abgase von sieben ein- und ausfahrenden Schlitten unterschiedlichster diverser Automarken (Auto als Statussymbol) sorgen für stimmungsvolles Licht. Ein solcher Anblick freilich, für ein solches Werk, also im schönscheinigen Dunstkreis herkömmlicher Arabellen, brauchte schon den neuen Typus eines fortschrittlichen und geschulten Sehers; woher nehmen und nicht stehlen?
Überzeugend.


Andre Sokolowski - 13. Febraur 2006
ID 2246
www.andre-sokolowski.de

Arabella

Lyrische Komödie in drei Aufzügen von Richard Strauss
Dichtung von Hugo von Hofmannsthal
Uraufführung: 1. Juli 1933 in Dresden
Premiere an der Deutschen Oper Berlin: 12. Februar 2006

In deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Weitere Infos siehe auch: http://www.deutscheoperberlin.de






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