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Tanztheater

Gruß aus

Bangladesch

TURNING OF BONES
von Akram Khan


© Foto: Jeanette Bak | Composing: Rainhardt Albrecht-Herz

Bewertung:    



Es ist eine Erfolgsgeschichte, wie sie nicht alle Tage vorkommt. 2007 gründete der aus Kanada stammende Eric Gauthier, der zuvor dem renommierten Stuttgarter Ballett angehört hatte, seine eigene Compagnie, die ihre Heimat im Theaterhaus am Pragsattel fand. Der ewig lausbubenhafte, muntere Allrounder wurde bald zum Liebling des Publikums und der Kritik. Das allerdings reicht nicht, um das Theaterhaus von allen Sorgen um die Finanzierung zu befreien. GAUTHIER DANCE versendet regelmäßig Bettelbriefe, und Werner Schretzmeier, der Erfinder und ewige Leiter des Theaterhauses, schwankt zwischen Stolz auf den künstlerisch erfolgreichen Partner und dem Traum, dass die Einkünfte mit den Kosten Schritt halten können. Inzwischen hat die Stadt, die dem von einer Insolvenz bedrohten Theaterhaus und Schretzmeier seit Manfred Rommel – schwäbische Schlitzohren unter sich – in besonderer Weise zugetan ist, das Fortleben von GAUTHIER DANCE offenbar durch einen zusätzlichen eigenen Zuschuss – garantiert? – nun, sagen wir verlängert. Ohne Sponsoren und öffentliche Gelder scheint, trotz ausverkauften Vorstellungen, nichts mehr zu gehen.

Zu Gauthiers jüngsten Unternehmungen gehört ein zweijährliches Tanzfestival, das den Namen Colours trägt. Das ist zwar nicht so einzigartig, wie uns die PR glauben lassen möchte – man denke nur an ImPuls Tanz in Wien, die internationale tanzmesse nrw, das Impulse Festival für Performance, Theater und Tanz in Mülheim an der Ruhr, Köln und Düsseldorf, die euro-scene leipzig oder auch das Internationale Sommerfestival auf Kampnagel, einem Vorbild auch für das zwei Jahre später gegründete Theaterhaus –, aber eine Bereicherung für Stuttgart und die Region ist es allemal.

*

Zur fünften Ausgabe von Colours, die mehr als drei Wochen dauert, hat Gauthier unter anderem und nicht zum ersten Mal den viel beachteten Choreografen Akram Khan eingeladen, der für GAUTHIER DANCE ein abendfüllendes Ballett erdacht hat. Es ist eine Neuverwertung von vorausgegangenen Arbeiten, die nun unter dem Titel Turning of Bones ein Ganzes bilden.

Die Choreografien von Akram Khan sind ein Musterbeispiel dafür, dass eine universelle Sprache – und was, wenn nicht der Tanz, könnte den Anspruch erheben, eine solche zu sein? – und die Bewahrung von regionalen Eigenheiten, also der Widerstand gegen die Globalisierung in den Künsten, gegen ihre Vermanschung zu einem Einheitsgulasch, kein Widerspruch sind. In England geboren, aber durch seine Vorfahren mit Bangladesch emotional verbunden, hat Khan die indischen Traditionen, namentlich den Kathak, für das moderne Ballett fruchtbar gemacht.

Das Ensemble bleibt die ganze Zeit auf der leeren Bühne. Die Faszination entspringt dem Zusammenspiel von Corps de Ballet, Paaren und Solisten. Langsame Partien, die wie ein archaisches Ritual wirken, wechseln mit Gesten von einer Schnelligkeit, der die Augen kaum folgen können. Dazu kommt die Musik von Aditya Prakash, Jocely Pook, Ben Frost, Nina Harries und Raaheel Hussain, der trockene Gesang. Vögel bewegen ihre flatternden Flügel zu einem repetitiven Hallelujah. Einer hindert sie am Fliegen. Enigmatische Szenen laden zur freien Assoziation ein, bei der die Ausführungen im Programmheft nur begrenzt hilfreich sind.

Die nackten Füße bleiben auf dem Boden, kreisende Bewegungen häufen sich, Sprünge und Hebungen kommen kaum vor.

Das ist großes Tanztheater. Im Vergleich ist der tägliche Stumpfsinn des Fernsehballetts, aber auch die Einladung Eric Gauthiers an „Hobbytänzer“ zum Tango auf dem Schlossplatz, zum Mitmachtanz für Narzissten, Exhibitionisten und Fans von Ententanz und Macarena also, eine Beleidigung, als würde man eine Vermeer-Ausstellung mit Kinderzeichnungen bereichern oder ein Konzert der Berliner Philharmoniker mit einer Blaskapelle aus Gramatneusiedl.



Turning of Bones von Akram Khan - mit Gauthier Dance//Dance Company Theaterhaus Stuttgart | Foto (C) Jeanette Bak

Thomas Rothschild - 1. Juli 2025
ID 15339
TURNING OF BONES (Theaterhaus Stuttgart, 29.06.2025)
Regie & Choreographie: Akram Khan
Arrangeur und Soundscape Designer: Aditya Prakash
Kostümdesign: Gudrun Schretzmeier
Lichtdesign: Mario Daszenies
Mit: Bruna Andrade, Tuti Cedeño, Andrew Cummings, Anneleen Dedroog, Karlijn Dedroog, Barbara Melo Freire, Stefano Gallelli, Shai Ottolenghi, Luca Pannacci, Garazi Perez Oloriz, Arnau Redorta Ortiz, Izabela Szylinska, Sidney Elizabeth Turtschi, Giovanni Visone, Shawn Wu und Shori Yamamoto
Gauthier Dance//Dance Company Theaterhaus Stuttgart
Premiere war am 26. Juni 2025.
Eine Produktion von Theaterhaus Stuttgart in Kooperation mit COLOURS International Dance Festival Orsolina28 Art Foundation


Weitere Infos siehe auch: https://www.theaterhaus.com


Post an Dr. Thomas Rothschild

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