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Freie Szene

Scheitern

am Scheitern

IN:KON:SIS:TEN:ZEN von und mit Malte Schösser und Team


Foto (C) Milena Schlösser

Bewertung:    



Die titelgebenden Inkonsistenzen sind eigentlich das Spezialgebiet von Theaterregisseur und Autor Malte Schlösser. Seine zuweilen an René Polleschs Diskurstheater erinnernde Texte leben von Widersprüchen und Uneindeutigkeiten. Das signalisiert auch schon so ein Titel wie z.B. Mir ist alles viel zu laut und alles viel zu leise. Die meisten seiner Stücke hat Schlösser im TD Berlin (ehemals Theaterdiscounter) selbst inszeniert. Bei allen gesellschaftskritischen und philosophischen Betrachtungen spielt dabei immer auch der Blick auf das Theater eine Rolle.

So auch in der neuesten Produktion IN:KON:SIS:TEN:ZEN - Erfolg als Unterwerfung. Annonciert wird ein Theaterabend, der nicht vorhat zu gelingen und sich trotzdem anschickt, genau darin zu gelingen und den Augenblick des Zusammenkommens zu feiern. Nach der dürren Corona-Zeit auf den Bühnen des Landes sicher ein hehres Vorhaben, das sich darin aber vom üblichen Stress, erfolgreich sein zu müssen, befreien will. Und dazu tritt das performende Trio des Abends bestehend aus Bettina Grahs, Emma Rönnebeck und Felician Hohnloser für Malte Schlösser sehr ungewöhnlich erstmal stumm vors Publikum. Das wiederholt sich so ein paarmal, nur durch Winken und schüchterne Herzzeichen ausgeschmückt. Man will gefallen und traut sich doch nicht so recht ran an die sogenannte vierte Wand. „Bitte nicht anfassen!“ steht auch an der Bühnenrückwand.

Aber keine Angst, beide Wände werden im Laufe des Abends noch durchbrochen werden. Doch zunächst gibt Bettina Grahs in einem kleinen Einführungsmonolog die diskursive Richtung vor. Es geht nicht nur um das Durchbrechen von Bühnen-Wänden, gebrochen werden soll auch mit dem Erfolgsmythos und mit der Zugehörigkeitsgrammatik sich in Gesprächen durch den eigenen Erfolg zu definieren. Aber Monologe auf der Bühne sind ja so selbstreferenziell. Damit wäre der Abend dann auch gleich wieder zu Ende, wenn da nicht noch das Vorhaben des gewollten Scheiterns wäre.

Und daran arbeitet sich dann das Trio nach einem bedeutungsschwangeren Musikzwischenspiel aus Vivaldis Vier Jahreszeiten-Zyklus mit tanzenden Scheinwerfern noch ca. 90 Minuten unablässig ab. Da rutscht Volksbühnen-Gast Emma Rönnebeck auf der Banane aus, kommt unter die Erfolgsleiter und irgendwie nicht mehr so richtig hoch. Ein Fall für die Bühnenpolizei? Nein, alles nur gespielt. Auch dass Felician Hohnloser der Ton abhandenkommt und er nur mit dem Rücken zum Publikum in einen Spiegel schauend sprechen kann. „Krisen sind das einzige, was die Zeitschiene unterbricht“, heißt es da mal ganz hochphilosophisch. „Tatütata Amygdala.“ Ob Pseudo-Expertenrunde oder gespielte Lachattacken, auch in Sachen Nonsens-Kabarett hat der Abend einiges zu bieten.

Drei eigentlich traurige Clowns, die durch ihr gespieltes Scheitern, das Publikum zum Lachen bringen. Das gelingt vor allem Emma Rönnebeck als unermüdliches Stehaufmännchen und stetigem Adebei der Kunstszene, performt vor einem großen Flyer-Ständer, oder wenn sie als Horror-Clown mit einer Kreissägen-Attrappe wiederholt „Ich schneid die Szene raus.“ kreischt. Was drin geblieben ist, performt sie dann leider auch gleich noch. So ließe sich das beliebig weiter aufzählen, wenn man nicht irgendwann doch die Sinnfrage dieses ironischen Abgesangs auf das System Relevanz und der Frage nach Wahrheit oder Falschheit stellen müsste. „Was geht denn grad ab?“ fragt sich zumindest eine im Team.

Eine enervierende Parodie all dessen, was man eigentlich am Stadttheater kritisieren wollte. Da hilft auch kein meditatives Naturvideo von Simon Hegenberg, in dem sich die drei PerformerInnen schließlich beginnen aufzulösen. Scheitern um des Scheiterns willen war auch schon mal interessanter.



IN:KON:SIS:TEN:ZEN im TD Berlin | Foto (C) Milena Schlösser

Stefan Bock - 7. Februar 2023
ID 14039
IN:KON:SIS:TEN:ZEN (TD Berlin, 05.02.2023)
Erfolg als Unterwerfung

Text/Regie/Konzeption: Malte Schlösser
Musik: Laura Eggert
Licht: Susana Alonso
Kostüm/Bühne: Clementine Pohl
Video/Foto: Simon Hegenberg
Dramaturgie/konzeptionelle Mitarbeit: Anna Krauß
Textdramaturgie/konzeptionelle Mitarbeit/Outside: Eye Marie Jordan
Mit: Bettina Grahs, Felician Hohnloser und Emma Rönnebeck
Premiere war am 5. Februar 2023.
Weitere Termine: 09., 10., 11.02. / 18., 19., 20.05.2023


Weitere Infos siehe auch: https://td.berlin/


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Premieren (an Staats- und Stadttheatern)



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