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35. Internationales Festival TANZ IM AUGUST

Nadia Beugré

Prophétique (on est déjà né.es)


Bewertung:    



Gestern ließen sich die Tänzerinnen und Tänzer Beyoncé, Canel, Jhaya Caupenne, Taylor Dear, Acauã El Bandide Shereya und Kevin Kero von ihrem völlig außer Rand und Band geratenen TiA-Publikum im voll besetzten HAU2 vor allem dafür feiern, dass sie offen zeigten, wie sie sind, d.h. wie sie sein wollen statt sollen, kurzum: Es ging um Transgender.


"Auf dem riesigen Markt von Yopougon, einem Arbeiterviertel in Abidjan, weiß jeder, wo er arbeitet. Furchtlos inszenieren sie ihr eigenes Leben, sie erfinden ihre eigenen Orte, sie bauen ihre eigene Welt. Wenn das Leben ein Ring ist, wie Béatrice Kombé zu sagen pflegte, sind sie hier, um mit unglaublichem Mut und Kreativität zu kämpfen. In dieser Hinsicht gehören sie voll und ganz zu dieser jungen Generation, die in Abidjan wie im Rest des Landes jeden Tag die Mittel für ihr eigenes Überleben erfinden muss." (Quelle: nadiabeugre.com)


Die afrikanische Choreografin Nadia Beugré forscht seit Langem über Geschlecht und Identität. Sie war in Abidjan, einem dicht besiedelten Ballungsraum der Elfenbeinküste am Golf von Guinea unterwegs, wo sie auf dem riesigen Markt von Yopougon, einem Arbeiterviertel, "fündig" wurde und dort die Außenseiterinnen und Außenseiter (Gestrandete, wie sie sie nennt) getroffen hatte, welche wir nunmehr in ihrem Stück Prophétique (on est déjà né.es) bestaunen konnten. Es sind allesamt Laien. Tagsüber kämpfen sie ums nackte Überleben, und desnachts leben sie ihre wahren Sexualitäten angstlos aus.

Beugrés Stück basiert auf ausgedehnte Recherche- und Arbeitsperioden in Abidjan, in denen sie diese jungen Menschen traf, ihnen in ihrem Alltag folgte und ihre Geschichten erzählte resp. von ihnen selbst erzählen lässt.

Das alles gelingt ihr aufs Empathischste.

Mit welcher grellen Lust und welchem unzubändigenden Drive die Fünf [6 Namen waren angegeben, aber "nur" 5 von ihnen agierten auf der Bühne] ihre atemberaubende Schau bestritten, machte fassungslos.



Prophétique von Nadia Beugré|(C) David Kadoule

*

Es beginnt mit einer arg nervigen Viertelstunde, in denen der "Einpeitscher" unter ihnen (an einem Keyboard und vor einem Mikro positioniert) unaufhörlich lauthals singt und eine frohlockend hierauf reagierende Fangemeinde (sowohl auf der Bühne als auch im Publikum) in ausgelassene Stimmung bringt; es wird geschrien und jubiliert, dass es nur so schallte.

Dann setzt gottlob allmählich etwas Ruhe ein, und ich bin endlich in der Lage, den einen vom andern Akteur so peu à peu zu unterscheiden und ein Großmaß Sympathie für ihn/ für sie in meinem menschenfreundlichen Innern aufzubauen.

Plötzlich erklingt Ravels Bolero vom Band...

Eine weitere Viertelstunde erleben wir die Fünf im bellenden Zustand und auf allen Vieren in diversen Hundegesten ihr (nach meiner persönlichen Lesart:) "Hundeleben", das sie in den Armenvierteln Abidjans ertragen, demonstrieren; das sieht stark aus, und es hört sich schon sehr aggressiv an und macht irgendwie schon Angst.

Auch singen sie das populäre "Pata Pata" von Miriam Makeba - kennt wohl jeder.

Transfrau Canel, von ihren Mitstreitern oder Mitstreiterinnen scherzhaft auch als "Reißverschluss" genannt, gibt einen kurzen Einblick in ihr Leben; sie war ein Jahr unschuldig in einem Männergefängnis... In der Mitte des Stücks, quasi als Zentrum, wickelt sie sich in eine riesige schwarze Rasta-Mähne ein, an welcher die anderen ziehen und zupfen usw. usf.

Kaugummis aufblasen und diese laut zerplatzen lassen - darauf verstehen sie sich unnachahmlich, und aufs Arschwackeln, was wiederum beim Publikum (und auch bei mir) sehr, sehr gut ankommt und die allgemeine gute Stimmung noch mehr aufheizt.

Und schlussendlich singen sie ein schönes sanftes Schmetterlingslied und entschwinden, immer leiser werdend, in die Nacht...
Andre Sokolowski - 12. August 2023
ID 14331
Prophétique (on est déjà né.es) (HAU2, 11.08.2023)
Künstlerische Leitung: Nadia Beugré
Künstlerische Assistenz: Christian Romain Kossa
Mit: Beyoncé, Canel, Jhaya Caupenne, Taylor Dear, Acauã El Bandide Shereya und Kevin Kero
Lichtdesign: Anthony Merlaud
Szenografie: Jean-Christophe Lanquetin
Outside-eye: Nadim Bahsoun und Adonis Nebié
Produktion: Libr’Arts / Virginie Dupray
Deutschlandpremiere bei TANZ IM AUGUST 2023


Weitere Infos siehe auch: https://www.tanzimaugust.de


https://www.andre-sokolowski.de

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