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Konzertkritik

Bunter Abend



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Not macht erfinderisch. Die vom Virus erzwungenen Maßnahmen ließen die Theater auf ungewohnte Weise kreativ werden. Mit Routine kam man nicht weit. Manche Ideen waren eher fantasielos, andere erstaunlich. Nichts aber schien zermürbender als untätiges Abwarten. Nur mittelbar damit zu tun hat das „Extra“, mit dem man an der Stuttgarter Oper die Saison im Haupthaus eröffnet. Es trägt einen berühmten Vers von Heinrich Heine als Titel: Denk ich an Deutschland in der Nacht. Man weiß, was sich darauf reimt: „Dann bin ich um den Schlaf gebracht“. In Stuttgart hat man zu dem hochpolitischen Thema einen Musik- und Liederabend zusammengestellt. Der Coronakrise ist es geschuldet, dass er, anders als geplant, bloß ein einziges Mal stattfindet.

Die Konzeption wurde zusammen mit dem Avantgarde-Festival PODIUM entwickelt, das alljährlich im benachbarten Esslingen stattfindet. Ungewöhnlich wie solch eine Kooperation ist die Besetzung. Neben dem Ensemblemitglied der Staatsoper Diana Haller treten das Allroundtalent Schorsch Kamerun von den Goldenen Zitronen, Max Herre, den Intendant Viktor Schoner für die laufende Saison als Artist in Residence eingeladen hat, und Joy Denalane aus dem U-Bereich auf. Ein riskantes Unternehmen. Die Gäste aus der Rapkultur dürften für viele traditionelle Opernbesucher befremdlich sein, und ob man mit ihnen ein anderes, jüngeres Publikum in die Oper locken kann, ist fraglich. Allerdings konnte man dem ungleichartig artikulierten Applaus entnehmen, dass einige für dieses einmalige Ereignis wegen Max Herre & Co. in die Oper gekommen waren.

Schorsch Kamerun moderierte an einem kleinen Tischchen mit Tischlampe sitzend mit brüchiger Stimme im Singsang. Eine Montage von Nationalhymnen von Benjamin Scheuer ließ an Gerard Hoffnung und seine Festivals denken, aber das war‘s dann auch schon. Humor ist der Deutschen Sache nicht. Eher erinnerte das Konzert mit seinen nicht wirklich ein Ganzes bildenden Teilen an das, was man früher einen „Bunten Abend“ genannt hat. Das Nebeneinander von unterschiedlichen Kulturen, das auch die Ansätze zum Politischen torpedierte, ließ sich nicht übersehen. Diana Hallers bodenlanges und schulterfreies türkises Abendkleid wies sie unmissverständlich als Opernsängerin aus, und auch die Körperhaltungen beim Verneigungsritual unterschieden das Orchester deutlich von den Popmusikern. Über dieses Schisma konnte auch das rote T-Shirt unter dem schwarzem Anzug des Dirigenten Cornelius Meister nicht hinwegtäuschen.

In den Rap und den Gesang von Max Herre und Joy Denalane immerhin mischte sich diskret das Orchester und näherte sich so jenen Experimenten, die einst „Third Stream“ hießen. Ganz unbekümmert um das Opernambiente sang Joy Denalane hinreißend Zu Hause, das verdächtig nach Tim Hardins If I Were A Carpenter klang. Dass sie auch Franz Schubert interpretieren kann, bewies die Sängerin, begleitet von einem Streichquartett im Hintergrund.

Alles in allem – ein schönes Konzert (allein die vitale Interpretation des viertes Satzes von Beethovens 7. Symphonie war den Besuch werte). Der ganz große Wurf, der dem im Titel angekündigten Thema gerecht würde oder „Klassik“ mit Pop versöhnte, wurde es nicht. Aber vielleicht soll man nicht zu viel erwarten.
Thomas Rothschild – 2. Oktober 2020 (2)
ID 12503
DENK ICH AN DEUTSCHLAND IN DER NACHT (Opernhaus, 01.10.2020)
Musikalische Leitung: Cornelius Meister
Spielleitung: Schorsch Kamerun
Dramaturgie: Steven Walter
Arrangements: Sebastian Schwab
Special Guest: Max Herre
Gesang: Diana Haller und Schorsch Kamerun
Band ErpfenBrass
In Kooperation mit PODIUM Esslingen


Weitere Infos siehe auch: https://www.staatsoper-stuttgart.de


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