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Drei

Hoffmanns,

aha.



Les Contes d´Hoffmann an der Komischen Oper Berlin | Foto (C) Monika Rittershaus

Bewertung:    



2007 gabs den vorerst letzten Hoffmann an der Komischen Oper Berlin - den inszenierte Thilo Reinhardt, und die Inszenierung war nicht schlecht. Hoffmanns Erzählungen waren und sind eine der Ewigsäulen an der KOB - seit Walter Felsenstein. Die Oper von Jacques Offenbach tat also nie so richtig fehlen...

* * *

Jetzt hat Barrie Kosky zugeschlagen! Seine aktuelle Sicht der Dinge konzentriert sich auf den maskulinen Wahn, die maskulinen Wahnvorstellungen an sich - Kosky-Zitat aus dem Programmheft:

"Die Beziehung des heterosexuellen Mannes zu Frauen ist geprägt von seinen Ängsten; seiner Furcht vor Impotenz, dem Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit - Ängsten, die er auf das andere Geschlecht projiziert. Egal ob es nun das Ideal der gehorsamen Frau (Olympia) oder die Idee der leidenden Frau (Antonia) oder auch der dominanten Frau (Giuletta) ist - es geht in Les Contes d'Hoffmann nicht um die Beziehung zwischen Frauen und Männern, sondern um die Verlustängste EINES Mannes: Hoffmann."

Das gefällt uns - Daumen hoch!

Nicole Chevalier transportiert mit dem ihr eigenen Humor und der ihr eigenen Distanz zu sich und allen diesen (Kosky-) Themen selbige in geradezu atemberaubendem gesanglichem wie darstellerischem Brillanzgebaren, dass es einem beim Zuhören/Zusehen fast schwindlig wird. Der große Olympia-Akt, um nur EIN Beispiel anzufügen, wird durch sie zum Voll-Event. Grandios!!!

Der mit ihr mindestens auf Augenhöhe konkurrierende "Zweit-Star" der Hoffmann-Produktion ist untoppbar: der Chor der Komischen Oper Berlin (Einstudierung: David Cavelius)!! Dass der exemplarisch gut - und alles Mögliche an diesem Hause - singen kann, ist offenes Geheimnis; dass er explizit-bombastisch spielen kann, ist eine ebensolche Binsenweisheit. Immer haben - wenn man sich bei den Betroffenen so umhört - Opernregisseure eigentlicher und versteckter Weise eine Heidenangst vor Chören; ihre allgemeine Furcht, dass dieses Alle-gegen-Einen rächend auf sie niederprasseln könnte, falls sie ihren Job nicht wirklich gut machen, hat so bei manchen alptraumhafte Dimensionen. Dass dann "sowas" angesichts der fast schon physisch-sexuell scheinenden Kreativsymbiose zwischen diesen Beiden (Chor & Kosky) außen vor stand, steht und immer wieder stehen wird, bedarf wohl keiner Frage!

Uwe Schönbeck (mit schier Werner Enders-haften Qualitäten) deklamiert mit burgtheaterwürdiger Finesse O-Zitate aus dem Don Juan, der vielleicht wichtigsten und autorprägendsten Erzählung E. T. A.'s. Das dient dann auch zugleich als literarisch-musikalisch-intelektuelle Klammer, mit der Kosky und sein Dramaturg Ulrich Lenz die ausufernden Handlungen der Oper bändigen, zusammenpressen. Ein Geniestreich sondergleichen.

Dominik Köninger und Edgaras Montvidas (!) teilen sich die zwei "restlich" noch zu singenden Hoffmanns - der eine vor, der andere nach der Pause.

Dimitry Ivashchenko's Verkörperung aller drei Bösewichter imponiert schon; schade, dass die schöne Spiegelarie Dapartutto's fehlt.

Gastdirigent Stefan Blunier zuchtmeistert ein vollabsichtlich brutal (also brutaler als sonst üblich) musizierendes Orchester der Komischen Oper Berlin. Von pseudofranzösischer Leichtigkeit - Offenbach war schließlich kein Franzose, sondern Kölner - keine Spur. Zudem sind, falls ich das rein hörerisch so richtig mitbekommen habe, Einzelinstrumente zusätzlich per Lautsprecher verstärkt; das klingt wie'n Blindekuhspiel im Kartoffelkeller. Keine Ahnung, was das sollte.

Insgesamt: Ein Fest der Sinne, pralles Leben pur.




Les Contes d´Hoffmann an der Komischen Oper Berlin | Foto (C) Monika Rittershaus

Andre Sokolowski - 8. Oktober 2015
ID 8921
LES CONTES D´HOFFMANN (Komische Oper Berlin, 07.10.2015)
Musikalische Leitung: Stefan Blunier
Inszenierung: Barrie Kosky
Bühnenbild und Kostüme: Katrin Lea Tag
Dramaturgie: Ulrich Lenz
Chöre: David Cavelius
Licht: Diego Leetz
Besetzung:
Hoffmann 1 ... Uwe Schönbeck
Hoffmann 2 ... Dominik Köninger
Hoffmann 3 ... Edgaras Montvidas
Stella/Olympia/ Antonia/Giulietta ... Nicole Chevalier
La Muse/La mère d’Antonia ... Karolina Gumos
Lindorf/Coppélius/Le docteur Miracle/ Dapertutto ... Dimitry Ivashchenko
Andrès/Spalanzani/Pitichinaccio ... Peter Renz
Cochenille/Crespel/Peter Schlémil ... Philipp Meierhöfer
Chor und Orchester der Komischen Oper Berlin
Premiere war am 2. Oktober 2015
Weitere Termine: 11., 14., 18., 25. 10. / 7., 27. 11. / 25. 12. 2015 / 8., 24. 1. 2016


Weitere Infos siehe auch: http://www.komische-oper-berlin.de


http://www.andre-sokolowski.de

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