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Konzertkritik

15. Dezember 2013 - Konzerthaus Berlin

BEJUN MEHTA

Akademie für Alte Musik Berlin / Dirigent: René Jacobs


Das ist Bejun Mehta - Foto (C) Marco Borggreve | Bildquelle http://www.konzerthaus.de



Sinn und Sinnlichkeit

So ganz hatte sich die Akademie für Alte Musik Berlin mit ihrem Konzertmeister Bernhard Forck glücklicherweise nicht dem Motto des Programmheftes gefügt: „… der Gesang sitzt als König auf dem Throne, und ringsum beugen sich alle Instrumente als Vasallen vor ihm.“ (So Christian Daniel Friedrich Schubart in seinen Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst von 1784.) Denn obwohl einer von den Besten der Allerbesten, nämlich Altus Bejun Mehta der Vokalsolist des Abends war, erwiesen sich wieder und wie immer die vielen Instrumentalsolisten, aus denen dieses edle Orchester sich fügt, als eine „Versammlung wahrer Könige“ der Kunst in gemeinsamer Freude am Musizieren: inklusive dem einstigen Gesangsstar und nunmehrigen Dirigenten René Jacobs, der zuletzt seinen Blumenstrauß symbolisch der wunderbaren Oboistin Xenia Löffler reichte…

Schreiber dieses bekennt sich als rückhaltlos dem sinnlich-rauhen Klang des Ensembles verfallen – und wurde auch diesmal nicht enttäuscht: wie lebendig und lustvoll das Zusammenspiel, wie präzise, doch nie kühl oder glatt, wie akkurat, aber nie äußerlich, sondern warm, ja: g e i l die Farben auskostend! Man wundert sich, dass ein so funkelndes und ausdrucksstarkes Kontrastieren, das auch harsche Töne nicht scheut, sich aus der fast monoton wirkenden Gestik Jacobs' entfachen lässt. Dieses Orchester gehört zum Reichtum der Stadt und ist ein Geschenk für alle Musikbesessenen! Muss ich wirklich noch ergänzen, dass das Berliner Publikum im Konzerthaus nach der Darbietung von Wolfgang Amadé Mozarts Linzer Sinfonie (KV 425) zurecht in Jubel ausbrach? Und dass später am Abend die geradezu existentielle Schönheit von Mozarts nur selten zu hörenden Zwischenaktmusiken aus dem Schauspiel Thamos, König in Ägypten (KV 345) dieser Partitur nichts an Wucht und Kraft schuldig blieb? Mit welchem Vergnügen die Streicher ihre schier funkenstiebende Staccati schlugen!

Im ersten Teil des Konzerts brachte Bejun Mehta Kastraten-Arien aus den beiden frühen Mailänder Opern des jungen Mozarts, Mitridate (Rezitativ und Arie "Vadasi ... Già dagli occhi" - KV 87) und Ascanio in Alba (Rezitativ und Arie "Perche tacer degg'io ... Cara lontano anchora", sowie "Ah di si nobil alma" – KV 111) zu Gehör, die keine zu strapaziösen Anforderungen an die Stimme stellen und in gemäßigteren, lyrischen Bereichen verblieben – wenngleich doch nicht ohne virtuose Ausbrüche, hohe Töne und expressive Momente dramatischer Art. Die ganze Perfektion seiner Kunst und seines vollendeten Ausdrucks hält einen vom ersten bis zum letzten Takt in Bann. Mit einer Art von Leidenschaftlichkeit, die er mithin kontrolliert in nobler Form bannt, erreicht Mehta höchste Raffinesse und erfüllt alle emotionalen Räume der Kompositionen mit Spannung, ohne ihnen innerste Zartheit schuldig zu bleiben.

Im zweiten Teil dann Arien aus der Opera seria Ezio von Christoph Willibald Gluck und dem in unsrer Opernwelt allzu vernachlässigten Genius Johann Christian Bach. Die zweite Gluck-Arie und besonders auch der durch alle Register jagende Bach (Rezitativ und Arie "No que non ha la sorte ... Vò solcando un mar crudele" aus Artaserse) gaben dann den Fans genug Zunder zu Begeisterungsstürmen! Und in der Tat: es bleibt immer bewundernswert, wie Mehta in allen Lagen seine Stimme so homogen führt und auch die rasantesten Bravour-Kaskaden präzise und stilvoll meistert – einfach atemberaubend! Und jeder Satz, jedes Wort sind durchglüht von den dramatischen Situationen, in denen sich die imaginären Protagonisten der Opernausschnitte befinden. Man weiß kaum, was mehr erstaunt: die überragende Intelligenz seiner Gestaltung oder die stupende Musikalität, die ihm zu Gebote steht.

Aber - es ist doch einzuräumen, dass Mehtas Timbre in der Höhe ein ganz klein wenig an Schmelz, Frische und Weite verloren hat, metallischer und einen Hauch enger klingt. Kein Wunder nach all diesen bravourösen Explosionen, wie Berlin es beispielsweise in seinen Belshazzar-Auftritten vor Jahren erleben durfte!

Das applaudierende Publikum erhob sich nicht eher von den Sitzen, bis es mit einer hinreißenden Zugabe aus der völlig unbekannten Oper Il Trionfo de Clelia „Dei di Roma“ (wie die anderen Arien auf Mehtas neuer CD zu finden) beglückt wurde, die von jenem Komponisten stammt, aus dessen Schatten einst der Ritter Gluck wie auch der junge Cavaliere Mozart zu treten hatten: Johann Adolph Hasse – dessen 250. Todestag am 16. Dezember zu gedenken ist. Auch insofern ein passender und krönender Ausklang! Fabelhaft!




Das ist die Akademie für Alte Musik Berlin - Foto (C) Kristof Fischer | Bildquelle http://www.konzerthaus.de


Bewertung:    

Olaf Brühl - 16. Dezember 2013
ID 7472
AKADEMIE FÜR ALTE MUSIK BERLIN (Konzerthaus Berlin, 15.12.2013)
Mozart: "Perche tacer degg'io ... Cara lontano anchora" - Rezitativ und Arie aus der Serenata teatrale Ascanio in Alba KV 111
- Sinfonie C-Dur KV 425 (Linzer)
- "Vadasi ... Già dagli occhi" - Rezitativ und Arie aus der Opera seria Mitridate, Rè di Ponto KV 87
- "Ah di si nobil alma" - Arie aus der Serenata teatrale Ascanio in Alba KV 111
- Sinfonia D-Dur zur Opera seria Mitridate, Rè di Ponto KV 87
Gluck: Zwei Arien aus der Oper Ezio
Mozart: Zwei Zwischenaktmusiken aus der Bühnenmusik zu Thamos, König in Ägypten KV 345
J. C. Bach: "No que non ha la sorte ... Vò solcando un mar crudele" - Rezitativ und Arie aus der Opera seria Artaserse
Bejun Mehta, Altus
Akademie für Alte Musik Berlin
Dirigent: René Jacobs


Weitere Infos siehe auch: http://www.akamus.de/


Post an Olaf Brühl

http://www.olafbruehl.de



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