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CD-Kritik

Die menschliche

Stimme





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In fast jeder größeren Stadt werden Zyklen von Sinfoniekonzerten, Kammerkonzerten und Solistenkonzerten angeboten. Chorkonzerte fristen in den Konzertsälen ein kümmerliches Dasein. Chöre hört man in der Oper, wo sie erforderlich sind, und in der Kirche, im Gottesdienst, und dort mit einem Schwerpunkt auf Komponisten des Barock. Wenn sie doch ausnahmsweise in säkularem Ambiente auftreten, dann folgen sie häufig dem Kirchenjahr.

Das gilt auch für Felix Mendelssohn Bartholdy. Die beiden Oratorien Paulus und Elias werden zwar regelmäßig aufgeführt, aber die meisten seiner zahlreichen Chorwerke unterschiedlicher Thematik und in unterschiedlicher Besetzung stehen vergleichsweise selten auf dem Programm. Das gilt auch für das Te Deum des damals 17jährigen Komponisten von 1826 für 8 Solostimmen, 2 gemischte Chöre und Orgel. Von einer Entdeckung kann man zwar nicht sprechen, wohl aber von einem unter Gebühr beachteten Werk. Es liegen auch mehrere Schallplattenaufnahmen vor. Frieder Bernius, zu dessen favorisierten und systematisch erforschten Komponisten Mendelssohn Bartholdy zählt, präsentiert nun mit seinem Kammerchor Stuttgart eine neue Einspielung des Te Deum – es ist nicht seine erste. Er verzichtet auf die übliche Lockung mit prominenten Namen und lässt die Soli mit Chormitgliedern singen, an der Orgel der Evangelischen Kirche in Gönningen sitzt Sonntraud Engels-Benz.

Das Te Deum wird, mit dem auf 16 Sängerinnen und Sänger reduzierten Kammerchor, ergänzt durch die „Lateinischen Vokalwerke“ Hora est von 1828 und das Ave Maria von 1830, das, gemessen an dem Te Deum, am ehesten den Romantiker verrät und den Vergleich mit dem nur fünf Jahre zuvor entstandenen, zum Schlager verkommenen Ave Maria (Ellens Gesang III) von Schubert durchaus aushalten kann.

Kürzlich erinnerte Anne-Catherine Simon anlässlich der Debatte, wer Amanda Gorman übersetzen dürfe, in der österreichischen Tageszeitung Die Presse an die historischen Auswüchse der Hypostasierung von „kulturellen Identitäten“:



„Dass ein getaufter Jude eine Matthäuspassion dirigiert – undenkbar noch zu Bachs Zeiten! 1829 aber, die Aufklärung hatte einiges dazu getan, leitete Felix Mendelssohn Bartholdy mit seiner Wiederaufführung der Matthäuspassion die Bach-Renaissance ein. Nur zwei Jahrzehnte später freilich sprach Richard Wagner in ‚Das Judenthum in der Musik‘ Juden die Fähigkeit ab, Kunst wahrhaft zu empfinden und zu schaffen.“


Was Mendelssohn angeht, erweist sich Wagners Diktum, abgesehen von seinem menschlichen und politischen Aspekt, als musikalisch abwegig, wenngleich Wagner – so genau nahm er es nicht – eher auf den verhassten weil erfolgreichen Giacomo Meyerbeer zielte als auf Mendelssohn. Mit dem Te Deum ist er so nah an seinen bewunderten Vorbildern des Barock dran, dass man eher von einem Anachronismus sprechen kann als von einem Mangel an Empfindung. Aber warum sollte Wagner klüger sein als jene, die die Befähigung zu einer kongenialen Übersetzung von der Hautfarbe abhängig machen?


Thomas Rothschild – 6. Mai 2021
ID 12895


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