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Rosinenpicken (612)

Frauen-Power

mit der (Berliner) FLEDERMAUS an der
HfM Hanns Eisler


Foto (C) Janine Escher

Bewertung:    



Gestern war der 200. Geburtstag von Johann Strauß (1825-1899) - Anlass genug, dass Studierende, Absolventen und Dozenten der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin das ganz aktuell mit einer durch und durch passablen Studio-Aufführung seiner schier unsterblichen Fledermaus begingen; Premiere war vorige Woche, aber die eigentliche große Jubiläumsgala fand erst jetzt statt.

Hochschul-Urgestein Claus Unzen (68) (er ist der Leiter des Studiengangs Regie an der HfM) hatte inszeniert und versetzte das k.u.k.-Stück in den turbulenten Umbruchsmonat der deutsch-deutschen Wende; Zentrum seines Plots ist dann auch diese völlig überstürzte und gottlob gewaltfreie Mauer-Öffnung kurz nach Günter Schabowskis Zettel-Panne am 9. November 1989 - ja und der Unzen musste sicherlich viel Zeit und Einfühlungsvermögen aufbringen, um den jugendlichen Akteurinnen und Akteuren, die ja allesamt Jahrzehnte später das Licht der Welt erblickten und von dieser komischen DDR nur so vom Hörensagen oder halt von ihren Eltern (falls sie deutschstämmig sind) erfuhren, das gesellschaftspolitische Umfeld dieser vielleicht größten friedlichen Revolution, die es je auf deutschem Boden gab, zu vermitteln.

Rosalinde & Gabriel Eisenstein werden als ein gutbetuchter Teil einer mitläuferischen Nomenklatura dargestellt; sie verbringen ein paar freie Tage in ihrem Wohnwagen und halten sich sogar eine "Hauswirtschafterin", die zufällig Adele heißt.

Der zentrale zweite Akt spielt - nach meiner unmaßgeblichen Sicht der Dinge - möglicherweise in einem Offizierskasino in Karlshorst (= Hauptquartier der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland), wo Orlofsky, der für Berlin zuständige KGB-Chef, zu einem deutsch-sowjetischen Freundschaftsmaskenball einlud; draußen rumort es freilich längst, eine Gruppe Demonstrierender begehrt, völlig aussichtslos natürlich, Einlass usw. usf.

Im dritten Akt dann sahen und hörten wir Ex-Superstar Christine Schäfer [ich erlebte die heutige Gast-Dozentin an der HfM zuletzt, also in ihrer gesanglichen Hoch-Zeit, als Engel in Messiaens Saint Francois d'Assise an der Bayerischen Staatsoper; unvergesslich!]. Sie spielt den wie Hanns Eisler aussehenden Gefängniswärter Frosch und legt ihm aktuellpolitische Statements in den Mund - am besten kam sie zu mir rüber, als sie Eislers Wienerlied "Herr Hauptmann, Herr Hauptmann" zum Vortrag brachte; genial gemacht!! Letztendlich vernichtete sie, nach Bekanntwerden der Maueröffnung, suspekte Gefängnispapiere, nicht ohne einige zurückzuhalten, um ihren Gefängnisdirektor Frank demnächst hiermit zu kompromittieren o.s.ä.

Szenisch funktionierte alles das ganz gut.

*

Und musikalisch?

Die Protagonistinnen der drei Frauenrollen (Rosalinde, Adele, Orlosfky) fielen allesamt besonders auf. Margarita Zhigalkina und Duangarmorn Fu stemmten die ihnen vom Walzerkönig kompositorisch zugemuteten Extremhöhen mühelos und federleicht, wobei die Fu (als Adele) mit ihren Extrem-Koloraturen gänzlich aus dem Rahmen fiel, und man sollte meinen, dass sie baldigst hie und da lukrative Engagements erhält; ich wünsch' es ihr von ganzem Herzen. Nicht zu vergessen Hanna Hábetler (als Orlosfky), die sich dann was später ihrer Hosenrolle entledigte, um "normal" als brillierende Mezzosopranistin weiter zu agieren.

Bei den Herren gefielen mir Ravi Sund Rojo (als Alfred) und Ondřej Benek (als Dr. Blind) am besten. Aber auch die andern drei (Mads Jakobsen, Quirin Scholz, Andrew Baker) erledigten ihre Auftritte zufriedenstellend.

Die neun Musikerinnen und Musiker unterhalb der Studiobühne spielten die reduzierte Orchesterfassung von Franz Wittenbrink, das machten sie brillant; ja und vom Steinway aus dirigierte Peter Meiser.

Ausufernder Jubel.



Die Fledermaus an der HfM Hanns Eisler Berlin | Foto (C) Janine Escher


* *

Übrigens: 2019 stellte die HfM schonmal Die Fledermaus auf ihre Studiobühne; damals fokussierten sich die Macher insbesondere auf Macht- und Sexspiele in ihr; war auch nicht ganz von schlechten Eltern.

Andre Sokolowski - 26. Oktober 2025
ID 15528
DIE FLEDERMAUS (Studiosaal der HfM Hanns Eisler, 25.10.2025)
In einer Orchesterfassung von Franz Wittenbrink, bearbeitet für kleines Orchester

Musikalische Leitung: Peter Meiser
Neue Textfassung und Inszenierung: Claus Unzen
Bühnenbild: Ivan Ivanov
Kostüme: Wiebke Horn
Choreinstudierung: Tobias Walenciak
Besetzung:
Eisenstein ... Mads-Emil Steen Jakobsen
Rosalinde ... Margarita Zhigalkina
Alfred ... Ravi Sund Rojo
Orlofsky ... Hanna Hábetler
Adele ... Duangamorn Fu
Falke ... Andrew Baker
Frank ... Quirin Scholz
Blind ... Ondřej Benek
Ida ... Sara Wijlaars
Frosch ... Christine Schäfer
Gesangssolistinnen und Gesangssolisten (Chor) der HfM Hanns Eisler
Musikerinnen und Musiker des Orchesters der HfM Hanns Eisler
Premiere war am 17. Oktober 2025.


Weitere Infos siehe auch: https://www.hfm-berlin.de


https://www.andre-sokolowski.de

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