Jonathan Tetelman
als Don Carlo
an der DOB
|
Jonathan Tetelmann als Don Carlo an der Deutschen Oper Berlin | Foto (C) Marcus Lieberenz
|
Bewertung:
An die Zeit der legendären "3 Tenöre" (Pavarotti, Domingo, Carreras) können sich die heute Achtzehn- bis Dreißigjährigen nicht oder kaum noch erinnern; alles passé. Und auch von der Nachfolger-Generation der legendären "3 Tenöre" - Jonas Kaufmann als einer ihrer Speerspitzen, um nur 1 Beispiel zu nennen - ist wohl kaum noch wer in nicht nur biologisch ursprünglichem Saft; alles vergeht halt peu à peu; aber noch immer gibt es sie, ja und sie singen und singen, was das Zeug herhält, aber es klingt dann eben leider nicht mehr ganz so gut wie früher...
Den vielleicht markantesten Generationssprung, was den anhaltenden Startenöre-Kult betrifft, vollzog seit ein paar Jährchen der in Chile geborene US-Amerikaner Jonathan Tetelman - und mit seinen inzwischen doch "schon" 37 Lenzen erfüllt er bis heute alles das, was ihn für Opernfanatiker so liebens- und begehrenswert macht: eine exorbitante Stimme, ein grandioses Aussehen und eine kongeniale Gesamterscheinung. Erst jüngst konnte man sich von diesem autopersonifizierten Dreiklang während einer konzertanten Madame Butterfly mit den Berliner Philharmonikern überzeugen, und da sah & siegte er in einem derartigen Übermaß, dass man befürchten musste, dass er (der ja eigentlich dann "nur" als heiratsschwindelnder Hallodri Pinkerton dort angesetzt war) seiner titelgebenden Partnerin den Rang ablief; Eleonora Buratto wusste freilich damit auf das Souveränste umzugehen.
Tetelmans Marktwert steigt und steigt, und die großen Häuser dieser Welt müssen zusehen, dass sie ihn, falls sie ihn wollen (und in naher Zukunft hoffentlich auch noch bezahlen könnten), rechtzeitig ordern und buchen. Bei der DOB, wo er bislang schon paarmal aufgetreten war, scheint das bisher noch gut zu klappen; immerhin hat sie ihn schon für 2 mal Werther (im Juli) und 4 mal Fedora (im November und Dezember) festgemacht - und gestern Abend war er das dritte Mal (von 4 mal insgesamt) als spanischer Infant Don Carlo in der schönen alten Marco-Arturo-Marelli-Produktion (2011) erlebbar.
Der Vorhang geht also auf, und man sieht den Tetelman auf einer Steinbank (Bühnenbild: Marelli) liegen. Und es dauert auch nicht lange bis er sich erhebt, nachdem er den Rodrigo, seinen Busenfreund, bemerkte, wie der in das Steingemach eintrat... Und spätestens ab "Dio, che nell'alma infondere amor" (dem hitlastigen Eröffnungsduett zwischen Carlo & Rodrigo aus dem 1. Akt) wird klar, das beide - also nicht allein der Tetelman, sondern auch der mit Zwischen- und Schlussaplaus geradezu überschüttete Gihoon Kim (als Marquis von Posa) - den Rest des stimmgewaltigen Abends fast ausschließlich bestimmen werden.
Doch selbstverständlich haben und hatten in dieser glanzvoll besetzten Don Carlo-Aufführung (Dirigent: Sir Donald Runnicles) auch die anderen ein mächtig' Wörtlein mitzureden: erstrangiger Weise die zwei Frauen Federica Lombardi (als Elisabeth von Valois) und Irene Roberts (als Prinzessin Eboli); aber auch die traurigschöne "Sie hat mich nie geliebt"-Arie von König Philipp (Alex Esposito) oder sein konfrontatives Aufeinandertreffen mit dem Großinquisitor (tief grollend und beängstigend: Patrick Guetti) machten einen mehr als starken Eindruck.
Alles in allem: weit über drei Sternstunden Don Carlo (diesmal exklusiv mit Tetelman)!!!
|
Don Carlo an der Deutschen Oper Berlin | Foto (C) Barbara Aumüller
|
Andre Sokolowski - 26. Mai 2025 ID 15282
DON CARLO (Deutsche Oper Berlin, 25.05.2025)
Musikalische Leitung: Sir Donald Runnicles
Inszenierung, Bühne und Licht: Marco Arturo Marelli
Kostüme: Dagmar Niefind
Chöre: Jeremy Bines
Besetzung:
Philipp II. ... Alex Esposito
Don Carlo ... Jonathan Tetelman
Rodrigo, Marquis von Posa ... Gihoon Kim
Graf von Lerma/ Herold ... Kangyoon Shine Lee
Der Großinquisitor ... Patrick Guetti
Ein Mönch ... Gerard Farreras
Elisabeth von Valois ... Federica Lombardi
Prinzessin Eboli ... Irene Roberts
Tebaldo ... Maria Vasilevskaya
u.a.
Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin
Premiere war am 23. Oktober 2011.
Weiterer Termin: 29.05.2025
Weitere Infos siehe auch: https://deutscheoperberlin.de
https://www.andre-sokolowski.de
Konzerte
Musiktheater
Neue Musik
Rosinenpicken
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!
Vielen Dank.
|
|
|
Anzeigen:
Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN
Rothschilds Kolumnen
BALLETT | PERFORMANCE | TANZTHEATER
BAYREUTHER FESTSPIELE
CASTORFOPERN
CD / DVD
INTERVIEWS
KONZERTKRITIKEN
LEUTE
NEUE MUSIK
PREMIERENKRITIKEN
ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski
= nicht zu toppen
= schon gut
= geht so
= na ja
= katastrophal
|